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The Cure - The Cure

The Cure- The Cure

I Am / Geffen / Motor / Universal
VÖ: 28.06.2004

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Abgeschminkt

"Ross Robinson produziert The Cure!" Man wußte nicht, ob man lachen oder weinen sollte, als man diese Nachricht las. Der Mann, der Vanilla Ice zurückholte, würde sich über Robert Smiths Tränenorgien hermachen? Ein schauderhafter Gedanke. Auch die Band selber hatte nicht wenige Vorbehalte gegen den New-Metal-Knöpfchendreher schlechthin, und sogar Smith höchstpersönlich mußte sich erst von Robinson überreden lassen, die kreative Kontrolle an jemand anderen abzugeben. Doch seine Neugier war letztlich größer: Wie würde es Robinson schaffen, das definitive Cure-Statement zu erschaffen? Eine wahre Explosion aus tiefgehenden Gefühlen hatte er sich vorgenommen. Und das, obwohl The Cure schon einen ganzen Backkatalog mit emotionalem Tiefgang vorweisen können.

So versammelte Smith seine Mannen nach den eigentlich mal wieder als endgültiger Abschied geplanten "Trilogy"-Inszenierungen doch noch einmal im Studio. Unter veränderten Vorzeichen: Statt eigenbrötlerischer Bastelei live eingespieltes Banderlebnis. Statt geschliffener Arrangements rau und unbehandelter Radau. Statt Verzweiflung, Depression und Untergangsstimmung, nun ja, Verzweiflung, Depression und Untergangsstimmung. Denn The Cure sind eben The Cure. Und wenn schon das Album so heißen soll wie die Band, gehören eben all die Signaturen, die Markenzeichen, die Kiekser, das Wimmern und das Jaulen dazu wie das Vogelnest auf Smiths Kopf.

"The Cure" fasziniert tatsächlich von Beginn an mit zerklüftetem, ungewohnt rauhem Klang. Vergessen geglaubter Schlagzeugdonner, schillernde Feedbacks und, ja, unvermutete Härte. Schon das schief vor sich hin düsternde "Lost" schreibt mit großen Lettern R.O.C.K. an die spinnverwebten Wände. Weltverloren sinniert Smith einmal mehr darüber, was er eigentlich dort treibt, wo es ihn hinverschlagen hat. "As I sing in the lost voice of a stranger in love / Out of time letting go / In another world that spins around for fun." Es dräut und dröhnt, und Smith strampelt sich ab wie ein Käfer auf dem Rücken.

Sonnenschein ist abbestellt. "Labyrinth" poltert zu sirenenhaften Riffs ins Unbekannte, und in "Anniversary" schwebt greifbare Verzweiflung vorbei. In jeder Sekunde weiß man darum, daß hier The Cure lärmen. Die Gitarren haben das Sagen. Und wenn sie sich ausnahmsweise mal zurückhalten, tritt Simon Gallup kurzerhand auf den Verzerrer, um ersatzweise seinen Baß bratzen zu lassen. Spätestens, wenn das verbitterte "Promise me" ausfranst und in Smiths rückhaltloser Anklage ausscheppert, hat uns "The Cure" am Wickel. Dabei fährt Fat Bob mittendrin in den zehn mäandernden Minuten noch einen selbstironischen Stachel aus: "You promised me another wish." Doch eine Neuauflage des '92er Erfolgsalbums ist "The Cure" natürlich nicht.

Von Neuerfindung kann auf dem vierzehnten Studioalbum der Briten dennoch keine Rede sein. Robinson hat aus The Cure keine kreischenden Metaller oder Adidasrocker gemacht. "The Cure" bietet "nur" Variationen des Bekannten und oft zurecht Geliebten, Kommentare und Modernisierungen in konzentrierter und doch naturbelassen wirkender Präsentation. So sind Wallfahrten auf die "Fascination street" keine Seltenheit. "Us or them" wirkt wie der zornige Vetter von "Never enough", "Taking off" updatet Curesche Pop-Schrammeleien der Neunziger, und auch die zickig herumtollenden "(I don't know what's going) On" und "Before three" wecken ferne Erinnerungen. Auf die Essenz des eigentlichen Bandklangs reduziert - oder das, was Robinson dafür hält.

Mag auch vom Konzept zum fertigen Werk die eine oder andere Kleinigkeit, ein Hauch von Esprit und das erhoffte, definitive Cure-Epos verloren gegangen sein, funktioniert "The Cure" dennoch längst nicht nur als geschlossene Mannschaftsleistung. So dicht und unmittelbar spielten The Cure lange nicht mehr zusammen. Und wenn Smith hier immer wieder schreit und keift, meint er vermutlich genau die Leute, die ihm jetzt wieder Stagnation auf hohem Niveau vorwerfen wollen. Diese Narren! "I don't want to start again", deklamiert Smith. Braucht er auch nicht. Einfach so weitermachen.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Lost
  • (I don't know what's going) On
  • The promise
  • Going nowhere

Tracklist

  1. Lost
  2. Labyrinth
  3. Before three
  4. The end of the world
  5. Anniversary
  6. Us or them
  7. alt.end
  8. (I don't know what's going) On
  9. Taking off
  10. Never
  11. The promise
  12. Going nowhere

Gesamtspielzeit: 55:02 min.

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User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

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2023-02-26 00:04:01 Uhr
Ah ok. Ich kenne nur die Version, die wir auch bei der Session gehört haben :)

Felix H

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Registriert seit 26.02.2016

2023-02-25 23:39:46 Uhr
"Going Nowhere" war auf US-Pressings nicht drauf, bei manchen digitalen Varianten ist er auch nicht dabei. Für mich gehört er auch dazu.
(Gibt mit "Truth, Goodness And Beauty", "Fake" und "This Morning" drei weitere Tracks, die auf diversen Versionen verstreut waren.)

MopedTobias (Marvin)

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2023-02-25 22:22:04 Uhr
Ich meinte das Closer-Doppel aus "The promise" und "Going nowhere". Wusste gar nicht, dass es auch eine Version ohne letzteres gibt.

Felix H

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2023-02-25 22:00:44 Uhr
Closer wäre bei dir "Going Nowhere" oder "The Promise"?

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

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2023-02-25 18:25:09 Uhr
Ich liebe jeweils das Opener- und Closer-Doppel, "Anniversary" und "Us or them". Also immerhin die Hälfte des Albums.
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