Delays - Faded seaside glamour

Rough Trade / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 17.05.2004
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Falsett-Quartett
"Delays" - Verspätungen, Verzögerungen. Komischer Bandname, aber eigentlich passend. Denn gewisse pubertätsbedingte hormonelle Veränderungen sind an Sänger Greg Gilbert bislang offenbar so vorübergerauscht, wie die Flugzeuge über Southampton, die er als Kind immer angesungen hat. Weil es sonst nichts Aufregendes gab in dieser englischen Durchschnittsstadt. Der Stimmbruch verzögert sich bei Gilbert auch weiterhin, was den Delays einen Klang zwischen Kirchenchorindie und Waldfeenpop verschafft. Leicht, fröhlich beschwingt, aber auch immer ein bißchen brav, irgendwie. Als würden sie sich nicht trauen, richtig zu rocken. Und sobald Melancholie ein paar Stirnfalten formiert, legt sich gleich ein solides Bündel musikalischer Sonnenstrahlen in die kleinen Sorgengräben. Bei den Delays gibt es keinen bitteren Nachgeschmack. Manchmal jedoch ist er sogar zu süß, zu rein, zu naiv, zu nett, zu vorhersehbar. Wenn es im Britpop so etwas wie Volksmusik gibt, dann sollten die Delays sofort zum entsprechenden Carolin-Reiber-Äquivalent gehen.
Dennoch muß gleich gesagt werden, daß der UK-Top-20-Hit "Long time coming" ein großer Song ist. Ein potentieller Klassiker, euphorisch vertonter Optimismus, der direkt aus dem Blütenkelch des Britpop der beginnenden 90er entsprungen sein könnte. "Threw your Lego in the lake / Why'd you wanna go do that for?" - die Delays warnen davor, so zu werden wie ihre alten Freunde, die ihre Träume aufgegeben und sich im Kampf für ihre idealistischen Ziele ergeben haben. Und sich nun in die engen Schablonen eines ungewollten, stumpfen Erwachsenenlebens, das sie unzufrieden macht, pressen lassen. Greg Gilbert, sein Bruder Aaron, Bassist Colin Fox und Drummer Rowly haben sich ihre Unschuld erhalten und streben eisern das Ziel an, die perfekte Popband zu werden. Aber auch hier lauern möglicherweise Desillusionierung und Enttäuschung, denn: Die anderen elf Titel sind niedliche Mauerblümchen-Melodien. Wirklich hübsch, aber zu harmlos und offenkundig referenzlastig.
"Bedroom scene" legt die Assoziation The Darkness in Slow-Motion nahe. "Hey girl" erinnert ein wenig an The La's - auch eine sympathische Band, die ebenfalls genau einen richtig tollen Song hatte und von der danach nichts mehr Weltbewegendes kam. Die erste Singleauskopplung "Nearer than heaven" ist ein gefälliges Liedchen, das jedoch leider nicht über den "nett"-Status hinauskommt, weil es eben zu durchschnittlich (und der Refrain einige Tonlagen zu hoch!) ist und das Quartett sich so selbst ausbremst. Nichtsdestrotrotz sind die Delays momentan ein beliebter Support-Act - sie waren u.a. bereits Vorgruppe für Tim Burgess, die Thrills, The Coral und werden hierzulande demnächst mit den Veils auf der Bühne stehen. Aber ob das auf Dauer reicht? Nun, möglicherweise macht die musikalische Entwicklung der Delays ja auch einfach nur ihrem Bandnamen alle Ehre und die Ankunft ihrer größten Songs verzögert sich bloß ein wenig. Und ganz vielleicht kommt Greg Gilbert dann auch mal in den Stimmbruch.
Highlights
- Long time coming
Tracklist
- Wanderlust
- Nearer than heaven
- Long time coming
- Bedroom scene
- No ending
- You wear the sun
- Hey girl
- Stay where you are
- There's water here
- Satellites lost
- One night away
- On
Gesamtspielzeit: 42:10 min.
Referenzen
The La's; The House Of Love; Cocteau Twins; Geneva; Teenage Fanclub; The Thrills; The Boo Radleys; James; The Verve; The Byrds; The Hollies; Big Star; Mercury Rev; South; The Stone Roses; The Happy Mondays; Shed Seven; Manic Street Preachers; Doves; Keane; Starsailor; Travis; Coldplay; Haven; Matthew; Lorien; The Veils; The Divine Comedy; Eskobar; Athlete; Mull Historical Society; The Electric Soft Parade
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