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David Usher - Hallucinations

David Usher- Hallucinations

EMI
VÖ: 13.04.2004

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Warmdusher

Die Revolution entläßt ihre Kinder, oder besser: Der Grunge stempelt Rentenbescheide ab. Wer sich Anfang bis Mitte der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit speckiger Mähne und verwaschenen Holzfällerhemden auf Kellerclubbühnen beiderseits des Atlantik die Finger blutig schrammelte, will es heute etwas ruhiger angehen. Während Dave Grohl als letzter Überlebender des letzten großen Rock-Revivals inzwischen alles überstrahlt, verkündet selbst Billy Corgan akustische Solopläne. Für viele Musiker, die schon damals eher ignoriert und belächelt wurden, ist der Pop die letzte Möglichkeit, noch einmal fernab der "Was macht eigentlich...?"-Rubriken in Musikzeitschriften erwähnt zu werden.

Bis hierhin könnte es sich zugegebenermaßen um eine Besprechung des neuesten Ray-Wilson-Albums handeln, der damals mit Stilskin für, äh, nein, nicht wirklich Furore, aber egal, sorgte und heute belanglosen Folkpop verkaufen möchte. In Wahrheit geht es aber um David Usher, Kopf der zu Unrecht verdrängten kanadischen Klavier-Grunger Moist, der dieser Tage mit "Hallucinations" sein drittes Soloalbum vorlegt. Der eine oder andere wird sich noch an seinen Mini-Hit "Black black heart" aus dem Jahre 2001 erinnern, der Usher in seiner kanadischen Heimat zu so einer Art männlicher Alanis Morrisette werden ließ. Keine schöne Vorstellung, zugegeben. Damit das aber auch in Deutschland klappt, schüttet der 38-Jährige nun ein Füllhorn poppiger Melodien und überbordender Arrangements über dem Hörer aus, auf daß dieser dem Werk und seinem Künstler verfalle.

Schon mit dem Opener, der sinnigerweise auch "Hallucinations" heißt, eröffnet uns Usher seinen Masterplan: Plätschernde Strophen und ein Refrain, der nach vorne geht, als sei das mit dem großen Rock gerade gestern gewesen. Dazu ein aussagekräftiges "I feel alive", und an weiß sofort, worum es ihm geht. Was folgt, ist zunächst ein gepflegtes Pendeln zwischen Laut und Leise, Rock und Pop. Glattproduzierte Musik, bei der man dennoch vereinzelte Kanten unter der Oberfläche findet und die dementsprechend ein näheres Hinhören lohnt. Und mit der Single "Time of our lives" gelingt ihm sogar ein sommerlich-leichter Popsong, für den sich auch Savage Garden nicht hätten schämen müssen.

Leider kann David Usher diese Qualität nicht über die komplette Albumlänge halten. Mit fortgeschrittener Spielzeit kommen immer mehr eher langweilige Stücke mit Harmoniegesang und schleppenden Beats. Sicher kommt man auch mal in die Stimmung, in der solche Musik passend wäre, aber etwas nervig wird es dann auf Dauer schon. Zumal er sich gegen Ende an "If you tolerate this your children will be next" vergreift. Wie er sich da eher sprechsingend durch eine geloopte Ambient-Variante des Manic-Street-Preachers-Evergreens schleppt, ist nur noch schwer zu verkraften. Und man wünscht sich, daß James Dean Bradfield kurz vorbei käme, um ihm mal gehörig die Meinung zu geigen. "War das nötig?", würde der kräftige Waliser schreien und Usher müßte antworten: "Nicht wirklich!" Und dann dürfte er mit seinen eigenen Popsongs weitermachen, denn das kann er wenigstens.

(Lukas Heinser)

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Highlights

  • Hallucinations
  • Time of our lives
  • Message home

Tracklist

  1. Hallucinations
  2. I'm coming down
  3. Numb
  4. Time of our lives
  5. Devil by my side
  6. Message home
  7. In this light
  8. Surfacing
  9. Tomorrow comes
  10. Tidal
  11. Fearless
  12. If you tolerate this your children will be next
  13. St. Lawrence River (live)

Gesamtspielzeit: 51:21 min.

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