Múm - Summer make good

Fat Cat / PIAS / Indigo
VÖ: 13.04.2004
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die klitzekleine Meerjungfrau
Stellen wir uns doch einmal zur Abwechslung etwas völlig Absurdes vor: Was wäre, wenn die ganzen pickligen Schulkinder plötzlich nicht mehr für intellektuell herausgeforderten Dreck wie Daniel K., Britney S. und Sean P. schwärmen würden, sondern im Gegenteil für intellektuell herausfordernde Musik? Wenn sie verschrobenen Klangschlaufen und abseitiger Romantik etwas abzugewinnen wüßten? Wenn man Namen wie Björk, Sigur Rós oder Lali Puna in pubertierenden CD-Schränken fände? Vielleicht könnten einige weibliche Zahnspangenträger mit entsprechender Phantasie sogar dazu gebracht werden, ihre Poesiealbumseinträge eigenhändig zu vertonen und dann mit dem verlorengegangenen Glitzer aus ihrem Jungmädchenausschnitt zu berieseln.
Aber gut, daß es nicht derlei Aus-dem-Finger-Saugereien braucht, um die so imaginierten Klänge Wirklichkeit werden zu lassen. Denn zum Glück gibt es ja Múm. Wie schon auf den entzückenden Vorgängern "Yesterday was dramatic, today is okay" und "Finally we are no one" wäre es sträflich unterschätzend, wenn man "Summer make good" für lediglich niedlich halten würde. Denn das hier ist naiv und unheimlich zugleich. Folksongs, die von sanftmütigen Poltergeistern gehaucht werden. Und Songs wie "Weeping rock, rock" lassen gleich mal die ganze Welt stillstehen.
Den kürzlichen Ausstieg von Schwester und Zweitstimme Gyða hat das isländische Gespann um Kristín Anna Valtýsdóttir jedenfalls bestens überstanden. Die Töne perlen einmal mehr wie Wassertropfen auf Blättern gleich nach einem sommerlichen Regenguß. Und ähnlich feucht ist auch das grobe Leitmotiv des Albums. Inseln, Schiffsglocken, weinende Felsen, schippernde Boote - viele der behutsam ausformulierten Laptop-Skizzen finden mitten im Ozean statt. Offenbar ließen sich Múm von der abgelegenen Insel inspirieren, auf der der Leuchtturm stand, in dem ein Großteil von "Summer make good" ins Leben gerufen wurde. Passenderweise wurde das Material auch gleich im ungewöhnlichen Studio der befreundeten Elfenrocker Sigur Rós aufgenommen: in einem Schwimmbad.
Gekonnt wissen Múm ihre Klangentwürfe mit echter Atmosphäre zu fluten. Ein paar verlorene Steeldrums flattern in "The island of children's" vorbei, um karibische Ahnungen zu verbreiten. Die Beats von "Oh, how the boat drifts" schwappen hin und her wie die besungene Nußschale. Und immer wieder das Schifferklavier. Ab und an pfeift gar eine steife Brise durch die Musik, doch bevor es einen fröstelt, kuschelt man sich gleich wieder an Valtýsdóttirs Stimme. Klitzeklein und doch von majestätischer Ausstrahlung. Wie die Melodien. Wie die verästelten Harmoniebögen. Wie die diszipliniert getupften Arrangements. Wenn das Minimalismus ist, was treiben dann die ganzen Geigen, Hörner und Glocken in "Summer make good"? Uns vor Freude die Tränen in die Augen. Natürlich. Und die aufbrandenden Schallwellen brechen sich an wahrer Schönheit.
Highlights
- Weeping rock, rock
- Nightly cares
- Sing me out of the window
- Oh, how the boat drifts
Tracklist
- Hú hviss - a ship
- Weeping rock, rock
- Nightly cares
- The ghosts you draw on my back
- Stir
- Sing me out the window
- The island of children's
- Away
- Oh, how the boat drifts
- Small deaths are the saddest
- Will the summer make good for all of our sins?
- Abandoned ship bells
Gesamtspielzeit: 46:50 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Heulender Vogel |
2010-03-02 10:05:54 Uhr
Ich finde die Yesterday zwar auch am Besten, aber wenn man einen guten Gesamteindruck von der Gruppe haben möchte, würde ich doch eher zur Summer Make Good raten. Die Sing Along kann man getrost ignorieren. |
toolshed |
2010-03-02 07:31:41 Uhr
"Yesterday was dramatic, today is ok" natürlich. Die mit Abstand beste CD von Múm, wenn man mich fragt. |
Frage: |
2010-03-01 13:54:55 Uhr
Welches Album ist denn am besten für den Einstieg? |
N.M. |
2009-12-15 17:05:34 Uhr
großartig. |
Pelo |
2009-12-04 13:39:49 Uhr
Ich stimme dir voll und ganz zu!!!! |
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Referenzen
Björk; Lali Puna; Sigur Rós; Under Byen; Magga Stína; Stina Nordenstam; Lampshade; Stereolab; Matmos; Isan; Biogen; Mice Parade; Piano Magic; Fridge; Four Tet; Dntel; Boards Of Canada; Tortoise; Fly Pan Am; Do Make Say Think; A Silver Mt. Zion; Godspeed You! Black Emperor; Rachel's; Giardini Di Mirò; To Rococo Rot; Wauvenfold; Aphex Twin; Lamb; Goldfrapp; This Mortal Coil; Fog
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