Testament - Para bellum
Nuclear Blast / Rough Trade
VÖ: 10.10.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Aufgemischt
Bay Area Thrash. Ein Subgenre, das auch über 40 Jahre nach den ersten Gehversuchen eine enorme Strahlkraft unter Metal-Fans besitzt und die besondere Faszination daraus bezieht, dass für ein paar Jahre ab etwa 1983 so ziemlich jede Garage rund um die San Francisco Bay wahlweise Programmierer oder Metal-Musiker hervorbrachte. Eine der Bands, die von Anfang an dabei waren, ist Testament, die aus heute nicht mehr wirklich nachvollziehbaren Gründen nie in die Liga der Megastars wie Metallica oder Slayer aufsteigen konnte, aber nichtsdestotrotz auf eine eingeschworene Fangemeinde zählen kann. Eine Fangemeinde, die die Band auch dann unterstützt hat, als Frontmann Chuck Billy 2001 an Krebs erkrankte oder als die Kalifornier im März 2020 ihre laufende Tour wegen zahlreicher rätselhafter Krankheitsfälle abbrechen mussten – was sich später als eine neue Infektionskrankheit namens COVID-19 herausstellte.
Und doch: In schöner Regelmäßigkeit veröffentlichen Testament ihre Alben, ziehen ihr Ding ohne großes Aufsehen durch, ja, waren mitunter gar ein wenig vorhersehbar. Ein Umstand, den "Para bellum" schon nach kurzer Zeit ad absurdum führt. Klar, das Songwriting wird immer noch von den Band-Urgesteinen Chuck Billy sowie den beiden Gitarristen Alex Skolnick und Eric Peterson dominiert, die alle seit 1987 den Kern von Testament bilden. Doch statt mit vermeintlichem Altherren-Metal beginnt das 14. Studioalbum furios. Wahnwitzig. Voller Raserei. Schuld ist der gerade einmal 27 Jahre alte neue Schlagzeuger Chris Dovas, durch dessen Mithilfe der Opener "For the love of pain" zum wohl brutalsten Stück gerät, das der Fünfer in seiner gesamten Karriere jemals geschrieben hat. Was für ein Inferno, bei dem durch flirrende Riffs und rasende Blastbeats gar eine gewisse Black-Metal-Affinität erkennbar wird.
Das folgende "Infanticide A.I." greift etwas sortierend ein, führt den Sound wieder ein Stück weit in Richtung der bekannten Markenzeichen zurück, auch wenn das Tempo halsbrecherisch bleibt. Es ist jedoch nicht der Irrwitz der ersten drei Songs, der als größte Überraschung hängenbleibt. Denn nicht nur, dass mit "Meant to be" überhaupt balladeske Töne angeschlagen werden – selten genug bei Testament – die Kalifornier fahren tatsächlich eine komplette Streichersektion auf, arrangiert durch den amerikanischen Cellisten Dave Eggar, auf dessen höchst umfangreichem Arbeitsnachweis unter anderem die Zusammenarbeit mit Coldplay bei "Viva la vida" zu finden ist. Auf jeden Fall zeigt sich Billy hier einmal nicht als kompromissloser Shouter, sondern als einfühlsamer Sänger, der auch eine solche Powerballade tragen kann.
Doch auch wenn die Überraschungsmomente auserzählt sind, bleiben die Songs hochklassig. "High noon" zeigt pure Old-School-Routine, während sich "Nature of the beast" wohlig in den NWOBHM-Reminiszenzen suhlt, die der augenzwinkernd in Richtung Iron Maiden grüßende Titel bereits andeutet. Es ist insofern schon beinahe grotesk, dass Testament kurz Gefahr laufen, sich in ihrer eigenen Variabilität zu verirren, zu viel zu wollen und dabei den roten Faden zu verlieren. Doch dem Finale mit "Havana syndrome" und vor allem dem überragenden Titeltrack gelingt es durch den Verzicht auf Spielereien, die zwischendurch etwas durchgegangenen Pferde wieder einzufangen. Es ist schon spannend, was derzeit im Thrash Metal zu beobachten ist. Auf der einen Seite gibt es eine Vielzahl junger, hungriger Bands, die das Genre neu beleben. Auf der anderen Seite sind da die Platzhirsche, die nicht daran denken, ihren Platz kampflos zu räumen. Testament haben insofern alles richtig gemacht. Durch ihren Schlagzeuger genau aus dieser Nachfolgeneration, mit dadurch neu gewonnener Frische, aber vor allem mit einem der stärkeren Alben der jüngeren Bandgeschichte.
Highlights
- Infanticide A.I.
- Meant to be
- Para bellum
Tracklist
- For the love of pain
- Infanticide A.I.
- Shadow people
- Meant to be
- High noon
- Witch hunt
- Nature of the beast
- Room 117
- Havana syndrome
- Para bellum
Gesamtspielzeit: 52:13 min.
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