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Kreisky - Adieu Unsterblichkeit

Kreisky- Adieu Unsterblichkeit

Wohnzimmer / SPV
VÖ: 17.10.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie?

Es ist nur ein unvollkommener Ausschnitt, ein Momentaufnahme, aber. Verabschiedeten uns Kreisky auf "Atlantis" noch mit optimistischer Trotzigkeit, geronnen im überraschenden Closer "Wenn einer sagt", regiert heuer zum Ende hin wieder alternativlos die tristesse autrichienne. "Was ist das für eine Welt", ohne Fragezeichen und übrigens schon 2023 im gleichnamigen ORF-"Tatort" zu hören (in dem die Band auch einen kurzen Auftritt hat), schlingert beinahe sechs Minuten dahin, enervierende Repetition, um dann ganz relaxed zum finalen Schlag gegen die Unbeschwertheit anzusetzen und den letzten Rest an guter Laune über die Klippe zu schubsen : "Eine Welt voll Hass / Eine Welt voll Neid / Eine Welt, so blöd, es ist zum Schreien / Eine blöde Welt, eine böse Welt, und trotzdem die einzige Welt." Na, da schau her! Willkommen bei der Gruppe Kreisky im herrlichen Jahr 2025. Wo ist sie geblieben, die gute alte Zeit? Ach nee, stimmt, war ja immer schon so. Remember: "Die Menschen sind schlecht", so tönte es bereits am Schluss von "Meine Schuld, meine Schuld, meine große Schuld", dem zweiten Album der Lieblingsösterreicher aus dem herrlichen Jahr 2009. Also eigentlich alles beim Alten. Nur sind die Abgründe vielleicht noch ein bisschen tiefer geworden, die Aussichten womöglich noch finsterer als eh schon.

Mag sein. Das Kreisky-Konzept wird jedenfalls weiter verfeinert, angepasst, zugespitzt. Wie das geht, macht "Fressen" vor. Eine wahnhafte Kannibalen-Fantasie, eingeklemmt zwischen grotesker Überzeichnung und giftigem Ernst. Im Grübeln über mögliche Zubereitungsarten und die Wahl der passenden Beilage dringen Kreisky schließlich zum triebhaften Kern des menschlichen Wesens vor: "Du kannst dich nicht wehren / Gegen Deinen Instinkt / Und ich kann mich nicht wehren / Gegen Dich." Widerstand zwecklos, auf diese Formel könnte man die Texte von Sänger Franz Adrian Wenzl zusammendampfen – und läge damit wahrscheinlich nur halb falsch. Andererseits, was wäre das Dasein ohne Illusionen. Illusionen, die dann krachend gegen die Wand fahren. Eh klar. "Ein fertiges Leben" jagt dem kleinbürgerlichen Glück über holpernden Riffs und schrägen Orgelakkorden hinterher, kann den dahinter lauernden Zombie-Horror aber selbstredend nicht kaschieren. "Nichts ist tot / Alles ist untot." Im titelgebenden "Adieu Unsterblichkeit" sinniert ein Brettspielentwickler über zunehmende Kreativlosigkeit, was in einer Krise von existenziellem Ausmaß mündet.

Und so wild und sprunghaft geht's weiter, von einer Tragödie zur nächsten, dem Irrsinn auf der Spur oder einen Schritt voraus, wie man's nimmt. Wenzels exaltierter Gesang schwankt dabei zwischen Klage und Manie, es ist ein Gaudi, trotz oder wegen der Fallhöhe. Die Alltagshölle mit ihren Zumutungen, das eigene Ungenügen und der Schmerz der Welt, verpackt in neun mehr oder weniger (eher weniger) handliche Songs. Auf ihrem achten Album, so viel steht fest, zeigen die vier Wiener keine Anzeichen von Milde, die Situation bleibt angespannt. Und dennoch. Auf Langstrecke gefällt das auch deshalb, weil die Musik bei aller Sperrigkeit doch ins Ohr geht und den textlichen Kapriolen kaum nachsteht. Da gesellt sich scharfkantiger Post-Punk zu spacigem Kraut-Rock, da krachen im irren "Die Pedale" plötzlich Akkorde wie Hammerschläge schwer hernieder. Und ein Song mit Pop-Appeal, gar Hit-Potenzial hat sich auf "Adieu Unsterblichkeit" auch wieder eingeschlichen, ob aus Versehen oder mit Kalkül, wer mag das schon mit Sicherheit sagen. "Die Idee war gut", daran besteht naturgemäß kein Zweifel.

(Markus Huber)

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Highlights

  • Fressen
  • Die Idee war gut
  • Was ist das für eine Welt

Tracklist

  1. Ein fertiges Leben
  2. Fressen
  3. Adieu Unsterblichkeit
  4. Die Pedale
  5. Ein sauberes Hemd
  6. Geh mit aus der Sonne
  7. Die Idee war gut
  8. Nachtstück
  9. Was ist das für eine Welt

Gesamtspielzeit: 45:01 min.

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User Beitrag

Deaf

Postings: 3490

Registriert seit 14.06.2013

2025-10-20 13:32:31 Uhr
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Do, 27.11.25 Graz / Orpheum
Fr, 28.11.25 Salzburg / ARGE
Sa, 29.11.25 Linz / Stadtwerkstatt
Mi, 17.12.25 Innsbruck / Treibhaus
Do, 18.12.25 Dornbirn / Spielboden
Fr, 19.12.25 Ebensee / Kino
Sa, 20.12.25 Steyr / Röda

Daten in DE + CH für 2026 folgen später.

peter73

Postings: 3726

Registriert seit 14.09.2020

2025-10-20 13:20:56 Uhr
ja, wird wohl am konzert ende november gekauft :)

MM13

Postings: 2503

Registriert seit 13.06.2013

2025-10-17 18:49:15 Uhr
sehr gute rezi,kann ich nur zustimmen,wieder sperrig und doch gehts in kopf,wenn einem auch nicht immer gleich textlich alles erschliesst.
neben pauls jets jetzt schon die zweite hervorragende öschiband mit neuem album.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 29538

Registriert seit 08.01.2012

2025-10-15 19:41:51 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Deaf

Postings: 3490

Registriert seit 14.06.2013

2025-09-30 23:03:29 Uhr
Neues Album "Adieu Unsterblichkeit" kommt am 17.10.2025.
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