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St. Paul & The Broken Bones - St. Paul & The Broken Bones

St. Paul & The Broken Bones- St. Paul & The Broken Bones

Oasis Pizza / Thirty Tigers / Membran
VÖ: 10.10.2025

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Worin sie gut sind

Eigentlich hätte es "St. Paul & The Broken Bones" gar nicht geben sollen. Zumindest nicht als Bandalbum (und somit auch nicht unter dem vorliegenden Titel). Nach der Veröffentlichung von "Angels in science fiction" tat sich Ausnahmesänger Paul Janeway, neue musikalische Wege anstrebend, mit einigen Co-Autoren zusammen. Am ergiebigsten erwies sich die Zusammenarbeit mit Eg White, der sich durch das Mitschreiben an Songs wie Adeles "Chasing pavements" einen Namen gemacht hatte. Als Janeway zu Beginn des Jahres 2024 mit seiner Band schließlich ins Studio zurückkehrte, überredete Bassist Jesse Phillips ihn, einige der mit White geschriebenen Tracks vorzustellen – die Basis für die produktivsten Sessions der Geschichte der Southern-Soul-Experten und deren selbstbetitelte sechste LP. An White als Produzent hielt die Kapelle fest. Der Hitlieferant freute sich darüber, nach langer Zeit mal wieder mit Vollblutmusikern zusammenzuarbeiten, die ihm mehr als nur eine herausragende Stimme bieten konnten. Fast 30 Jahre lang habe seine Produzententätigkeit nur darin bestanden, Musik mithilfe von Soundsoftware entstehen zu lassen, erinnert er sich. Beim gemeinsamen Arrangieren weiterer Songs sei es nicht ums Experimentieren gegangen, erklärt Janeway indes. Stattdessen habe man sich die simple Frage "Worin ist die Band gut?" gestellt. Das Album beantwortet die Frage auf seine Art: mit zehn fabelhaften Songs.

Gut, nein, großartig sind St. Paul & The Broken Bones mehr als je zuvor darin, Alltagsgeschichten in ihren Soul-Gospel-Funk-Strudel einzubetten. Kevin Leon an den Drums treibt zusammen mit galant galoppierenden Bläsern im herrlich groovigen Opener "Sushi and Coca Cola" an, während Janeway über die wohltuende Wirkung der heimischen Couch nach einem stressigen Tag sinniert. Die Familie, ein offenes Ohr und Gaumenfreuden – mehr braucht es nicht. Um den gelungenen Abend abzurunden, gibt es auch noch einen auf sehr angenehme Art im Ohr haften bleibenden Refrain. In den neuen Tag kann man dann mit wuchtigem Blues starten, in dem die Background-Sängerinnen nicht schüchtern-verschämt der Lautmalerei frönen wie bei der ein oder anderen saturierten Genre-Ikone, sondern kraftvoll den Sonnenaufgang besingen ("I saw the light!"). Die Lautmalerei übernimmt der Chef selbst. Nicht mit gelangweilten und x-fach gehörten "Uuu-uuh"s oder "Lalalala"s, nein, mit einem so überkandidelten wie in seiner Fröhlichkeit ansteckenden "Ooo-wee". Spätestens in Song Nummer 3 weiß man: Hier geht nichts schief. St. Paul & The Broken Bones können sich mit ihren musikalischen Fähigkeiten und ihrem Gespür für gutes Songwriting alles erlauben. Sogar eine irrwitzige, vor Energie geradezu berstende Soul-Rock-Nummer wie "Sitting in the corner", in der Janeway nach knapp einer Minute zu einem Abzählreim ansetzt, ehe Leon an den Drums klingt, als sei es sein Ziel, die schwelgerischen Streicher niederzuknüppeln. Oder den Einsatz einer E-Sitar in der einmal mehr beeindruckend eingesungenen Hymne "Stars above". Jeder Teil im Instrumentensammelsurium, zu dem auch Trompete, Saxophon und Posaune gehören, leistet seinen Beitrag zum großen Ganzen, alles mündet in ein mitreißendes Outro inklusive E-Sitar-Solo. Dass selbst "Stars above" gegen alle Wahrscheinlichkeit nie überladen klingt, ist auch dem hervorragenden Mastering zu verdanken. St. Paul & The Broken Bones' selbstbetitelte LP klingt in jeder Hinsicht fantastisch.

Zum Runterkommen lädt Paul Janeway an den Strand. Bläser und Percussion schwärmen ebenso von Sommer, Sonne und "Seagulls" wie der Meister selbst, dem der im Falsett gesungene Refrain geradezu himmlisch gelingt. Abseits all der wunderbar authentischen guten Laune erinnert sich Janeway am Ende auch noch an eine Zeit, in der er es ihm nicht gut ging. "Change a life" erzählt von einem jungen, isolierten Mann in London, der in einer Filiale einer Fast-Food-Kette den Frust in sich hineinfraß und ans Aufgeben dachte. Doch er gab nicht auf, wurde erfolgreich. Dafür war keine Wiederauferstehung nötig, wie der Song betont, sondern einfach nur ein bisschen mehr Glück hinsichtlich der eigenen musikalischen Karriere. Hätte er dieses Glück nicht gehabt, wäre uns auch die abschließende Stehaufmännchen-Ballade "Going back" entgangen, die mit einem minimalistischen Keyboardintro beginnt und der bandtypischen Soul-Grandezza endet. St. Paul & The Broken Bones waren bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Half the city" zur Meisterschaft ihres Genres gelangt. Der herausragende Gesang Janeways zog sich ebenso wie die stilvoll-süffige Instrumentierung als roter Faden durch die durchweg starke Diskografie. Elf Jahre später setzen die Masters of Southern Soul mithilfe von Eg White ihrer bisherigen Karriere die Krone auf. Noch gefälliger und gleichzeitig noch besser sind sie geworden. Und schenken dem Musikjahr 2025 seine vielleicht kurzweiligsten, in jedem Fall aber groovigsten 34 Minuten. Eindeutiger kann man die Frage "Worin ist die Band gut?" musikalisch nicht beantworten. Was jetzt noch kommen kann? Vielleicht ein Death-Metal-Album, spekuliert Janeway. Humor hat er auch noch.

(Dennis Rieger)

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Highlights

  • Ooo-wee
  • Sitting in the corner
  • Seagulls

Tracklist

  1. Sushi and Coca Cola
  2. Fall moon
  3. Ooo-wee
  4. Sitting in the corner
  5. I think you should know
  6. Nothing more lonely
  7. Stars above
  8. Seagulls
  9. Change a life
  10. Going back

Gesamtspielzeit: 34:35 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

HerrH.

Postings: 153

Registriert seit 04.02.2021

2025-10-28 11:11:38 Uhr
Grandioses Album aus einem Guss!
Kannte die vorher nicht (!Danke, PT!).
Anfangs hatte ich Angst vor der Kombi aus Sushi & Coca-Cola und war mir nicht sicher, ob ich die Stimme nicht irgendwann zu krähend finde. Und "Fall Moon" fing wie another-Soul-a-la-Amy-Winehouse an - Matched aber alles hervorragend, abwechslungsreich und unterhaltsam!

embele09

Postings: 152

Registriert seit 06.11.2024

2025-10-23 18:14:54 Uhr
Ich bin auch sehr zugeneigt. Ein tolles Album !

MickHead

Postings: 8162

Registriert seit 21.01.2024

2025-10-23 11:48:37 Uhr
Laut.de mit voller Punktzahl 5/5

https://laut.de/St.-Paul-The-Broken-Bones/Alben/St.-Paul-The-Broken-Bones-126003

Grizzly Adams

Postings: 6359

Registriert seit 22.08.2019

2025-10-15 16:06:25 Uhr
Tickets für HH - Mojo Club, 7.2.26 sind geordert.

The Libertine

Postings: 321

Registriert seit 29.08.2022

2025-10-13 15:28:12 Uhr
Ich finde es reiht sich leider ein in diese schon tausendfach gehörten Pop Soul Songs, die problemlos im Radio laufen könnten. Sowas wie Three Scared Souls, Charles Bradley etc...Klingt wie diese Dan Auerbach produzierte Soße, wenn kein Blatt mehr zwischen die cleane und hochwertige Produktion passt. Vielleicht mag ich aber auch einfach Motown nicht sonderlich und sage lieber nichts mehr dazu. Einen eigenen Charakter hört man hier meiner Meinung nach nicht und auch kein Wagemut oder sonst was...
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