Pogendroblem - Great resignation
Kidnap / The Orchard / Cargo
VÖ: 10.10.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Sagt alles ab
Wie war das noch mal bei The Smiths? Arbeit haben oder keine haben – beides ein Elend. Wenn der Opener und Titeltrack von Pogendroblems "Great resignation" aber den fröhlichen Müßiggang zelebriert und seine Message durch einen erhabenen Synthie noch verstärkt, wird deutlich, wie das richtige Leben im falschen zumindest nach Feierabend aussehen kann. Die Band selbst erteilt jeglichem Gewinnstreben seit jeher eine Universal-Absage: Die Kölner Punker*innen pendeln schon länger zwischen Szene und (medialer) Semi-Öffentlichkeit, wollen aber ihr viertes Album noch immer nicht beim Major rausbringen (Wer genau hinhört, kann SoulForce Records in der Ferne weinen hören). Also gibt's die nächste Runde nun via Kidnap, bei denen sich das Quartett nach seinem Abgang von Audiolith ebenso in guter Gesellschaft befindet.
"Great resignation" bezieht sich in der realen Welt auf die Massenkündigungswelle in den USA, die mit der ersten Corona-Welle 2021 ihren Anfang nahm. Pogendroblem zweckentfremden den wirtschaftswissenschaftlichen Slogan, um sich allerlei Missständen anzunehmen, denen man für eine schönere Zukunft besser abschwören sollte – insbesondere, wenn man, wie die Bandmitglieder, der aufkommenden Gen Z angehört. Situationships? "Es kann nicht immer so weitergehen." Alt und grau werden? "Dreißig werden, untergehen!" Dabei haben die Musiker*innen den Zwiespalt zwischen drängenden Verpflichtungen und dem letzten Rest revolutionären Antriebs, bevor die Gesellschaft einen schließlich doch in die Fänge kriegt, stets im Blick: "Ich tue alles für die Sache / Wann tut die Sache was für mich?" Bitter. Aber zweifelsohne eine Frage, die sich nicht wenige Menschen da draußen stellen.
Trotz einer gewissen Stilvielfalt wie etwa durch den Post-Punk-Ansatz des Openers lautet die Devise im Allgemeinen: eins, zwei, drei, vier, feste druff. Zu hardcorigem Geballer kratzt sich das lyrische Ich kurz vorm Explodieren die "Kruste" weg, die nicht so ganz gewissenhafte Nutzung von "Self checkout"-Automaten wird mittels lässigen Geschrammels propagiert, und "Chillig chillig" klingt durch seine Bassspur so, als seien Wir Sind Helden als pöbelnder Mob mit einem Bollerwagen voller Dosenbier unterwegs. Das Quartett sorgt für Abwechslungsreichtum, zwischendrin erklingt sogar eine Mundharmonika. Dem ganz großen Abriss oder auch blödelndem Unfug, wie ihn manch andere Band vertritt, verweigert es sich allerdings sehr bewusst: "Ich will den Kontrollverlust / Aber bitte kontrolliert."
Denn Pogendroblem wissen: Spaß muss sein, hat aber seinen Preis. Spätestens, wenn Sänger Georg sich über "Starke Schmerzen" beklagt und ein klarstellendes "im Herzen" hinterherschiebt, helfen alle Utopien nichts mehr. "Great resignation" nimmt seinen Namen gegen Ende erschreckend wörtlich, auch die Musik bäumt sich dazu noch mal mit letzter Kraft auf. Denn was man schlussendlich davon hat, immer die Sache an erste Stelle gesetzt zu haben? Die ernüchternde Erkenntnis, dass alle Anstrengung bisher zu nicht sonderlich viel geführt hat: "Von gar nichts haben wir uns befreit." Eine erschreckend fatalistische Sicht nach der wilden Punkrock-Party. Die selbige allerdings nur umso nötiger macht.
Highlights
- Die Sache
- Praxis ohne Theorie
- Starke Schmerzen
- Von gar nichts haben wir uns befreit
Tracklist
- Great resignation
- Es kann nicht immer so weitergehen
- Unser Jahrzehnt
- Kruste
- Die Sache
- Self checkout
- Praxis ohne Theorie
- Chillig chillig
- Alles oder nichts
- Starke Schmerzen
- Stillstand
- Von gar nichts haben wir uns befreit
Gesamtspielzeit: 23:11 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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MasterOfDisaster69 Postings: 1044 Registriert seit 19.05.2014 |
2025-10-17 01:25:54 Uhr
nee nee, jeht nix ueber "Kruste", Anwaerter Song des Jahres, musste auch mal angesprochen werden. wichtig!https://www.youtube.com/watch?v=GSaj_QLqqlw&list=RDGSaj_QLqqlw&start_radio=1 |
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Kai User und News-Scout Postings: 3281 Registriert seit 25.02.2014 |
2025-10-14 09:20:49 Uhr
Ich find es auch richtig gut. Mochte auch die letzten drei Alben aber hier merkt man nen großen Sprung nach vorn. |
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eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2922 Registriert seit 14.06.2013 |
2025-10-14 09:08:55 Uhr
"Die Sache" und vor allem der Closer "Von gar nichts haben wir uns befreit" sind beide total super. Und dermaßen unterschiedlich dazu. |
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MickHead Postings: 8164 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-10-10 10:29:23 Uhr
Musikexpress 5/6https://www.musikexpress.de/reviews/pogendroblem-great-resignation/ |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 29538 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-10-08 20:28:42 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Akne Kid Joe; Lulu & Die Einhornfarm; Kochkraft Durch KMA; Pisse; Pascow; Deutsche Laichen; Ersatzkopf; Morgen Teuer Töten; Die Goldenen Zitronen; Todeskommando Atomsturm; Berlin 2.0; Waumiau; Inner Conflict; The Baboon Show; Lygo; Bubonix; Conmoto; Disco//Oslo; BSK; Oidorno; Supernichts; Kaput Krauts; Finisterre; Sorry3000; Scherben; Zik Zak; The Toten Crackhuren Im Kofferraum; HC Baxxter; Team Scheisse; Mülheim Asozial; Chefdenker; Knochenfabrik; Terrorgruppe; Acht Eimer Hühnerherzen; Boxhamsters; Egotronic; Tocotronic
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