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Neko Case - Neon grey midnight green

Neko Case- Neon grey midnight green

Anti / Indigo
VÖ: 26.09.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wirbel in Amerika

Neko Case war Klaus Kinski schon immer einiges voraus. Kündigte der berühmte Choleriker nur an, einen Wirbel in Amerika zu machen, ließ Case Taten sprechen und machte sich in "Middle cyclone" selbst zum Auge eines Hurrikans. Es blieb nicht das einzige Mal, dass die zerstörerische Kraft der Natur in ihrer Musik eine große Rolle spielte: "Hell-on" verarbeitete etwa die spontane Selbstentzündung des eigenen Zuhauses. Bei der in Virginia geborenen Frau existiert die weitflächige Schönheit ihres Heimatkontinents immer in Androhung ihres Verfalls, was ein entscheidender Grund dafür ist, dass sie sich alleine und als Teil von The New Pornographers als eine der prägenderen US-amerikanischen Songwriterinnen der 2000er- und 2010er-Jahre profilierte. Ihr sechstes Solo-Werk "Neon grey midnight green" ist dezidiert unpoppiger und sperriger als sein direkter Vorgänger, unterstreicht damit ihr Bestreben, auch dem aktuellen Jahrzehnt ihren Stempel aufzudrücken.

Case' eigener Kopf zeigt sich bereits früh, wenn sie ein jazzig-dissonantes Sprechgesangs-Interlude namens "Tomboy gold" direkt an zweiter Stelle platziert. Dieses steht aber nicht repräsentativ für das gesamte Album, das sein Heil wieder in geschmackvollem Americana-Rock findet. Das eröffnende "Destination" ist mit seinem satten Rhythmus fest in der Erde verwurzelt, das auf der ganzen Platte prominente Streichorchester schafft es dennoch, das Stück schweben zu lassen. Die tolle Single "Wreck" verdichtet die verästelte Instrumentierung zu einem Uptempo-Kammerorchester-Hit im Geiste der frühen Arcade Fire, während sich Case erneut in ein Naturphänomen verwandelt: "I'm a meteor shattering around you / And I'm sorry / But I've become a solar system / Since I found you / I'm an eruption." Rhythmuslos und von gläsernen Tasten umwoben gestaltet sich dahingegen "Winchester mansion of sound", bevor es in der Schlussminute doch das Gaspedal findet und zur nächsten Achterbahn hoppelt.

Generell schlagen die Songs auf "Neon grey midnight green" oft unerwartete Richtungen ein. Gerade der Titeltrack beeindruckt in dieser Hinsicht: Der Bass wirbelt Wüstenstaub auf, Case klingt schon in der ersten Hälfte angefressen und lässt später zu wütender und noisiger werdenden Riffs ein paar Shouts los, ehe die Band geschlossen in den Abgrund galoppiert. Die Gästeliste mag diesmal weniger prall mit Granden der amerikanischen Indie- und Alt-Country-Szene gefüllt sein – zumindest sind etwa Calexico-Drummer John Convertino und Arcade-Fire-Mann Richard Reed Parry dabei –, doch wie auch immer sich Case' Mitmusiker*innen zusammensetzen, sie haben alle verdammt viel Spaß. Das merkt man, wenn Piano und Gitarren frei über den gespenstischen Bar-Jazz von "Louise" wuchern oder das von Tenor-Gebläse angepustete "Little gears" mehrere Tempowechsel durchläuft. Case' Melodien bleiben dabei stets präsent und wachsen symbiotisch mit den Arrangements zusammen.

Der weniger unmittelbare Ansatz der Platte führt zu nicht ganz so großartigen Songs wie etwa auf "Hell-on", aber zu zahlreichen wundervollen Momenten. Man höre etwa, wie das ganz reduziert beginnende "An ice age" in der Mitte plötzlich abhebt, "Oh, neglect" den Expressionismus klassischer Hollywood-Soundtracks spiegelt oder "Rusty mountain" mit starker Siebziger-Schlagseite dem Liebeslied eine Absage erteilt. "Baby, I'm not (a werewolf)", versichert Case im vorletzten Track, und man glaubt ihr zumindest insofern, als dass sich ihre Kreativität sicher nicht nur bei Vollmond zeigt. Der Closer "Match-lit" versetzt in episch anmutenden sechs Minuten zunächst die Streicher in Schockstarre, faltet sich dann besonders elegant auf und lässt am Ende nur noch die Instrumente sprechen, bis sich auch diese zugunsten eines seltsamen Uhrtick-Grooves auflösen. Die Zeit wird knapp, bevor die von Neko Case auf vielfältige Weise beschworene Natur endgültig keinen Bock mehr auf uns hat.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Destination
  • Wreck
  • Neon grey midnight green
  • Match-lit

Tracklist

  1. Destination
  2. Tomboy gold
  3. Wreck
  4. Winchester mansion of sound
  5. An ice age
  6. Neon grey midnight green
  7. Oh, neglect
  8. Louise
  9. Rusty mountain
  10. Little gears
  11. Baby, I'm not a (werewolf)
  12. Match-lit

Gesamtspielzeit: 47:11 min.

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User Beitrag

MickHead

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Registriert seit 21.01.2024

2025-09-26 14:08:58 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://northerntransmissions.com/neko-case-neon-grey-midnight-green/

Northern Transmissions 8/10

https://northerntransmissions.com/neko-case-neon-grey-midnight-green/

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 29538

Registriert seit 08.01.2012

2025-09-24 21:03:32 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

Postings: 8147

Registriert seit 21.01.2024

2025-09-23 00:18:28 Uhr
3. und letzter Song vor dem Release!

"Rusty Mountain"

https://youtu.be/9bxKvbjt6u8?si=TYNRdh32jXk2CwMC

MickHead

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Registriert seit 21.01.2024

2025-08-13 17:11:39 Uhr
2. Song " Winchester Mansion Of Sound"

https://youtu.be/mBdEjoJtQQA?si=avG8oRk-xfjk9AmP

MickHead

Postings: 8147

Registriert seit 21.01.2024

2025-07-08 18:18:16 Uhr
Die amerikanische Singer-Songwriterin und Alternative Musikerin "Neko Case" aus Tacoma, Washington, kündigt für den 26.09. das 8. Studioalbum "Neon Grey Midnight Green" an. Es folgt auf "Hell-On" von 2018.
Genre: Indie-Rock, Alt-Country, Folk-Rock, Americana

Erster Song "Wreck"

https://youtu.be/gLwev5sWQXM?si=668qUvSHU-8kCUgm

"Neon Grey Midnight Green" bei Bandcamp:

https://nekocaseofficial.bandcamp.com/album/neon-grey-midnight-green
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