Schreng Schreng & La La - Catch & release
Rookie / Indigo
VÖ: 29.08.2025
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Petri Punk!
Was machen Punker eigentlich den lieben langen Tag, wenn sie nicht, nun ja, Punkerdinge tun? Bücher schreiben natürlich. "Rumdenken" sowieso andauernd – schließlich gibt es immer noch genug Mist in der Welt, um nachts nie ruhig schlafen zu können. Manchmal gehen sie aber auch: angeln. Nur, um die erbeuteten Lebewesen am Ende dankenswerterweise doch in die Freiheit zu entlassen. Der wunderliche Titel "Catch & release" rührt von ebendieser Freizeitbeschäftigung, welcher auch Jörkk Mechenbier und Lasse Paulus offenbar leidenschaftlich nachgehen. Das mittlerweile vierte Album von Schreng Schreng & La La sei genauso spontan entstanden wie die anderen, verrät die Promo. Hört man natürlich auch wieder. In seinen Betrachtungen zum Älterwerden, zum Navigieren eines immer noch zermürbenden Alltags und vereinzelter Systemkritik alter Schule überzeugen die Inhalte aber oft mehr als die Musik.
"Der goldene Moment" ist nämlich – sorry, Leute – kaum mehr als eine Proberaumaufnahme mit arg simplem Gitarrenspiel. Mechenbier "friert die kleinen Höllen ein", das ist nett, das ist okay, "denn bis zum Untergang, da bleibt noch etwas Zeit", genau. Den Innovationspreis gewinnen "Esel und Anwalt", wie das Duo sich seit jeher selbst bezeichnet, anfangs nicht. "Fuck the city" garniert einen musikalisch recht ähnlichen Song wenigstens mit Xylofon und mehr Punk-Spirit durch überzeugende Slogans. Brennt alles nieder! Textlich schwimmen Schreng Schreng & La La sicherlich noch immer oben mit. Aber "dass das hier alles nicht so richtig funktioniert", stellt der Love-A-Sänger im 30-sekündigen Geklimper des Openers selbst fest. Manchmal ist es seltsam wenn Ihr Intros macht. Das fehlende Komma hört man zumindest nicht mit. Dennoch Entwarnung: Die unüberhörbare Experimentierfreudigkeit, welche die Band an den Tag legt, führt im weiteren Verlauf doch zu zahlreichen Treffern.
"Rücken" thematisiert zu verzerrter Gitarre charmant den Spagat zwischen lang ersehntem Ruhestand und dem Drang, trotzdem auf die Straße zu gehen und für die nötige Veränderung zu sorgen. "Zu viel Armut, zu viel Zucker, zu viel CDU!" – clever getextet und mit Biss. "Für immer jung my ass" respektive "Forever young mein Arsch" macht als lupenreiner Punkrocker genau dort weiter. In "Friese" intonieren Mechenbier und Paulus dann einen wirklich zu Tränen rührenden Nachruf auf einen verlorenen Freund. Dichter instrumentiert ist ebenfalls das schöne "Keine Angst", das so circa zwischen Olli Schulz und Kettcar landet. "Die Zuversicht, die stünde uns so gut", heißt es hinterher resigniert im gleichnamigen Stück, aber genau darum geht es doch: niemals aufgeben. Auch nicht angesichts der angespannten Lage der Welt oder in Merz-Deutschland.
Diese hohe Emotionalität brechen Mechenbier und Paulus abermals mit einer kleinen Prise Quatsch auf, bei der gerade Mechenbiers Gesang bestens unterhält. In Sachen Intonation landet er bei "Die Dualität der Dinge" irgendwo zwischen Till Lindemann und Bela B im Vampir-Modus: "Auch ich feier den Sonnenschein / But you cannot always happy sein." So ist das wohl. Parallel zum Freilassen der gefangenen Fische liefert auch das Album schlussendlich den Plot-Twist: Nach eher enttäuschendem Einstieg ist "Catch & release" am Ende als Ganzes nämlich doch wieder gelungen. Im Spotify-Zeitalter wäre es andersherum cleverer, aber so what. Zum Schluss lässt Mechenbier passend dazu in feinstem Spoken Word verlauten: "Auf so 'nem kleinen lustigen Pop-Album kann man einfach gar nicht alles unterbringen." Eine Feststellung, keine Entschuldigung. Das ist Punk, das raffst Du nie.
Highlights
- Rücken
- Friese
- Für immer jung my ass
- Die Dualität der Dinge
Tracklist
- Manchmal ist es seltsam wenn Du sprichst
- Der goldene Moment
- Fuck the city
- Landeplätze
- Rücken
- Friese
- Keine Angst
- Für immer jung my ass
- Zuversicht
- Die Dualität der Dinge
- Rumdenken
Gesamtspielzeit: 26:32 min.
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