Mit einem blauen Auge davongekommen

Zack. Das hat gesessen. Dass Bryan Adams auf dem Cover der im Februar 2025 erschienenen Single "Roll with the punches" formvollendet eine gezimmert bekommt, liegt aber mutmaßlich nicht an der eher zweifelhaften Qualität, die er schon seit geraumer Zeit abliefert. Moment, jemand bekommt auf einem Cover zünftig auf die Mappe? Hatten wir das nicht schon mal? Richtig, 1991 war das. Doch während sich damals bei Pantera und ihrem ikonischen Cover zu "Vulgar display of power" jahrzehntelang die Legende hielt, jemand habe sich tatsächlich für einen schmalen Dollar das Esszimmer richten lassen, muss man heute bei Adams davon ausgehen, dass eventuell eine KI nachgeholfen haben mag. Und das bei seinen unbestritten herausragenden Fähigkeiten als Fotograf.

Ob nun der Kanadier wirklich die texanischen Thrasher im Sinne hatte, sei nun dahingestellt. Zumindest sind seine Nehmerqualitäten nicht von der Hand zu weisen, zieht er seinen Stil aus angerockten Midtempo-Songs und Balladen, für die das Wort "cringe" wohl extra hätte erfunden werden müssen, stoisch bis stur durch. Und tatsächlich marschiert der Song überraschend giftig voran, wartet vielleicht nicht gerade mit allzu großen Innovationen auf, vermag aber zumindest für Aufsehen zu sorgen. Guck an, Bryan Adams kann's ja doch noch kernig. Die viel größere Überraschung ist allerdings, dass das gleichnamige Album den Schmerzfaktor deutlich geringer als zuletzt hält.

Das mag zu einem gewissen Teil an einem gewissen Mutt Lange liegen, der als Produzent hinter der Kleinigkeit von etwa 200 Millionen verkauften Tonträgern steht, das erste Mal seit längerer Zeit wieder mit Adams zusammenarbeitet und neben dem Titeltrack für die Halbballade "Never ever let you go" verantwortlich zeichnet. Wenn es dann Lange war, der dafür gesorgt hat, dass Gitarren wieder wie Gitarren klingen dürfen, dann hat der in Sambia geborene Südafrikaner seinen Job perfekt erfüllt. Denn auch Songs ohne Langes Beteiligung gefallen, so wie das dazwischen liegende "Make up your mind", das sich tief vor Tom Petty verneigt, während "A little more understanding" einen gehörigen Blues-Rock-Vibe mitbringt.

Was wäre es für eine Sensation, hätte das Album dieses Niveau durchgängig halten können. "Life is beautiful" ist dermaßen stinklangweilig, dass die Euphorie der ersten Albumhälfte die Koffer packt, während "Love is stronger than hate" im Anschluss bei der Abreise hilft und schon mal das Taxi ruft. Gut, dass sich das breitbeinige "How's that working for ya" entschlossen in den Weg stellt, doch die Unbekümmertheit, dieses "Ich muss eh nichts mehr beweisen, ich rocke einfach drauf los", ist fortan verpufft, sodass die Platte auf ihrer zweiten Hälfte in den Belanglosigkeiten des Formatradio hängen bleibt. Dennoch: Bryan Adams hat auf seinen letzten Alben viel Unfug verzapft, für den sich selbst 20 Jahre ältere Altrocker in Grund und Boden schämen würden. Mit "Roll with the punches" hingegen zeigt er sich zumindest in Teilen wieder als ernstzunehmender Pop-Rock-Musiker, der mit starken Songs in der ersten Hälfte ein bisschen von der alten Glaubwürdigkeit zurückerlangt. Die Boxhandschuhe auf dem Albumcover können also tatsächlich im Schrank bleiben – denn Prügel hat der Kanadier für sein 17. Studioalbum dann doch nicht verdient.

(Markus Bellmann)

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Highlights

• Roll with the punches
• A little more understanding

Tracklist

1. Roll with the punches
2. Make up your mind
3. Never ever let you go
4. A little more understanding
5. Life is beautiful
6. Love is stronger than hate
7. How's that working for ya
8. Two arms to hold you
9. Be the reason
10. Will we ever be friends again

Gesamtspielzeit: 35:17 min.

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Referenzen

Bon Jovi; John Mellencamp; Bruce Springsteen; Dire Straits; Tom Petty; Crosby, Stills & Nash; John Hiatt; Donovan; John Fogerty; Pat Benatar; Bob Dylan; Neil Young; Johnny Cash; Little Big Town; Sandi Thom; Sheryl Crow; Joe Cocker; Elvis Costello; Paul Westerberg; Counting Crows; Ryan Adams; T-Bone Burnett; Giant Sand; Dirtmusic; Dr. Dog; Wilco; Joe Henry; Gram Parsons; Hank Williams; Solomon Burke; Jack Logan; Van Morrison; Richard Marx; Phil Collins; Journey; Foreigner; Toto; Billy Joel; Roxette; Chris De Burgh

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