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HLLLYH - Uruburu

HLLLYH- Uruburu

Team Shi
VÖ: 27.06.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schall und Rauch

Ist das jetzt Kontinuität oder Disruption? Was 2008 noch als kryptisch betiteltes Album der kalifornischen Avantgarde-Rocker The Mae Shi erschien, poppt 17 Jahre später plötzlich wieder auf – jetzt aber nicht als Albumtitel, sondern als Bandname. Was ist geschehen? The Mae Shi waren noch nie eine Band der geraden Linien. Entstanden im chaotischen Noise- und DIY-Umfeld von Los Angeles, ließen sie von Anfang an die üblichen Genregrenzen hinter sich. Ihre Musik war ein fiebriger Ritt durch Post-Punk, Chiptune, sakrale Motive und dadaistische Zitate – und manchmal auch mehr Performancekunst als Pop. Ihr Album "HLLLYH" aus 2008 war dann auch die Essenz dieses Anspruchs: ein halbstündiger Klangexorzismus, durchdrungen von religiösem Pathos und ironischer Dekonstruktion, der Kritiker wie Fans gleichermaßen herausforderte. Auf den kreativen Höhenflug folgte bald der Absturz. Interne Konflikte führten zur Auflösung der Band, und die einzelnen Mitglieder zerstreuten sich in neue Projekte, mitunter ebenso eigenwillig, aber weit weniger sichtbar. Die Geschichte von The Mae Shi schien erzählt. Jetzt das Unerwartete: eine Rückkehr – nicht als bloßes Revival, sondern als bewusste Neuerschaffung. Unter dem Namen HLLLYH fanden sich zentrale Mitglieder der Originalformation – darunter Jeff Byron, Ezra Buchla und Brad Breeck – mit neuen Mitstreitern zusammen. Und wie klingt das nun?

Nun, vor allem reichlich bunt, reichlich vielfältig. Insgesamt etwas weniger anstrengend und sperrig als die frühen Werke, es dominieren Struktur und Spaß. Manchmal erinnert das an die frühen Arcade Fire: Der Opener "Uru Buru" oder auch der Track "Evolver" zeigen hymnische Qualitäten, Spielfreude und ein gerüttelt Maß an guter Laune – aber auch mit reichlich verschrobenem Songwriting à la Modest Mouse gegen den Strich gebürstet. Andere Tracks wieder, zum Beispiel "Flex it, tagger", gehen so kackfrech nach vorne, als hätten sich die Pixies und The Robocop Kraus unter dem Dirigat von Maximo Parks Paul Smith zusammengetan: eine reichlich involvierende, ja betörende Mischung aus energetischem Rumpelrock und klug platzierten Emo-Ausbrüchen. Während diese und andere Stücke ihre Energie über weite Strecken aus der klassischen Instrumentierung (Stromgitarren, Bass, Drums) beziehen, gibt es auf "Uruburu" aber auch noch eine experimentelle Seite mit dystopischen Klangexperimenten wie "(Failed teste)", wo man ein wenig an die frühen Coil denkt. Und auch Freundinnen wie Freunde der guten alten Achtziger-Jahre-Klangästhetik werden bedient: "Trapped in the song" zum Beispiel vereint fieses Vintage-Drumprogramming mit gesampelter Kirchenorgel und einer zuweilen croonenden Gesangsstimme, die an Paddy McAloon erinnert.

Zu guter Letzt finden sich mit "S.O.S.O.S.O.S" oder auch "Black rainbows" Stücke, die trotz eines zerfaserten Aufbaus und musikalischer Haken, die immer wieder überraschend geschlagen werden, am Ende doch sehr viel Hörgenuss bieten, weil es hier nicht um l'art pour l'artgeht, sondern vielmehr um die Frage, wie sehr man eigentlich musikalische Grenzen dehnen kann, ohne dass es einen Song zerreißt. Nimmt man alles zusammen, dann ergibt "Uruburu" vor allem eines: ein Album, das von der ersten bis zur letzten Sekunde Spiel, Spaß und Spannung bietet. Langeweile gibt's woanders, das hier ist eine echte Chipstüte, in die man immer wieder reingreift, bis sie alle ist. Man möchte zum Schluss reinpusten und die Tüte mit einem geziemenden "Wusch!" zerplatzen lassen. Die einzige Frage, die hinterher möglicherweise offenbleibt: Wird die Band sich nach weiteren 17 Jahren wieder umbenennen? Streng logisch gedacht, müsste sie dann Uruburu heißen. Na, wir schauen mal.

(Jochen Reinecke)

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Highlights

  • Uru Buru
  • Flex it, tagger
  • Dead clade

Tracklist

  1. Uru Buru
  2. Flex it, tagger
  3. Evolver
  4. (In between)
  5. Yellow brick wall
  6. (Goodbye, yellow brick wall)
  7. Trapped in the song
  8. (Failed teste)
  9. S.O.S.O.S.O.S
  10. Killer on the edges
  11. (Guess who's) back from the spirit world
  12. Black rainbows
  13. Endless high five
  14. Dead clade
  15. I'm glad you're alive

Gesamtspielzeit: 45:21 min.

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Armin

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2025-07-05 22:39:42 Uhr - Newsbeitrag
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