Erika De Casier - Lifetime

Independent Jeep
VÖ: 08.05.2025
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Late night tales
Huch, das ging fix. Nur etwas mehr als ein Jahr ist seit "Still", dem dritten Studioalbum der dänischen Songwriterin und Produzentin Erika De Casier, vergangen – offenbar also Zeit, dem frivolen Shadowdrop zu frönen und einfach mal rauszuhauen. "Lifetime" erschien ohne große Ankündigung und auf dem eigenen Label völlig aus dem Nichts. Höchstens ein paar Bandcamp-Abonnent*innen dürften im Vorfeld wenige behutsame Signale wahrgenommen haben. Durchaus überraschend, war die gebürtige Portugiesin doch üblicherweise zwischen Albumreleases ausgiebig als Songwriterin und Produzentin im internationalen Pop-Kosmos unterwegs. Offenbar hat die äußerst wohlwollende "Still"-Rezeption seitens Kritiker*innen und Fans aber den Tatendrang befeuert – gut so, war das 2024er-Album doch eine ganz herrliche und reife Angelegenheit. Eine Fortsetzung ist also auch nach äußerst kurzer Pause immer gern gesehen.
Auch klangtechnisch setzt "Lifetime" durchaus dort an, wo auch "Still" schon die geschmackvollen Ecken des Y2K-Revivals beleuchtete und hervorragende, stimmungsvolle R'n'B-Songs vorzuweisen hatte. Allerdings merkt man dem spontanen Nachfolger die ursprüngliche Konzeption unter dem Namen "Midnight caller" an. Wo "Still" schon reichlich schummrige Arrangements bot, ist "Lifetime" der Soundtrack zu langen Taxifahrten spätnachts im Halbschlaf, irgendwo im Nirgendwo des Urban Sprawl. "Seasons" etwa baut auf ein beinahe schon mit Industrial-Anleihen getränktes Beat-Fundament auf und lässt mit einem wilden Mix aus Streichern, kreischenden Synths und einer immerwährenden Rastlosigkeit wenig anbrennen. Dass ein solches Stück nicht unter der Last seiner Komponenten zusammenbricht, ist sicherlich den Producer-Qualitäten von De Casier zu verdanken. Auf der ruhigeren Seite des "Lifetime"-Kosmos steht der Opener "Miss" derweil mit flächigen Synths und hallgetränkter Stimme, die mehr durch den Raum schwebt als konkrete Anknüpfpunkte bietet. "You can't always get what you want" setzt diese Stimmung im Anschluss nahtlos fort und reflektiert: "Health, war, disease / You never know what you get / So you might as well live fully."
"Lifetime" gibt sich auf Albumlänge ganz bewusst der Skizzenhaftigkeit seiner Songs hin und gleitet im sphärischen Midtempo durch die Tracklist. Das sorgt einerseits dafür, dass das vierte Studioalbum von De Casier eine unheimlich dichte Stimmung hervorbringt und kaum Brüche im Flow entstehen. Das sachte, verträumte "December" etwa verlangt von seinen Hörer*innen gar nicht viel mehr als Hingabe und Hinhören, um zuckersüß-melancholisch zu begeistern. "Two thieves" setzt später mit einem markanten Break zur Songmitte eines der wenigen Ausrufezeichnen auf der zweiten Albumhälfte. Eines, das zu diesem Zeitpunkt durchaus gelegen kommt. Denn insbesondere im späteren Albumverlauf lassen sich vereinzelte Abnutzungserscheinungen des Konzeptes nicht ganz von der Hand weisen. Der sich anbahnende Substanzverlust ist aber irgendwie auch passend für das Konzept – denn der Sonnenaufgang und das Ende des nächtlichen Fiebertraums lauern schon um die Ecke.
Highlights
- Miss
- Seasons
- Two thieves
Tracklist
- Miss
- You can't always get what you want
- Seasons
- You got it!
- December
- Delusional
- The chase
- Moan
- The garden
- Two thieves
- Lifetime
Gesamtspielzeit: 30:40 min.
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MickHead Postings: 5978 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-05-08 11:36:56 Uhr
Die in Portugal geborene dänische Singer-Songwriterin "Erika De Casier" aus Copenhagen, veröffentlich am heutigen 08.05. überraschend das 4. Studioalbum "Lifetime". Es folgt auf "Still" von 2024.Genre: Pop, R&B "Lifetime" bei Bandcamp: https://erikadecasier.bandcamp.com/album/lifetime |
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Referenzen
Billie Eilish; Lorde; Addison Rae; Troye Sivan; Finneas; Ariana Grande; Beyoncé; Solange; Destiny's Child; NewJeans; Kelis; Aaliyah; Janet Jackson; Brandy; Tweet; Truth Hurts; Tirzah; Kelela; Dua Lipa; Lana Del Rey; Halsey; Camila Cabello; Adele; Miley Cyrus; Rihanna; Selena Gomez; Aurora; Grimes; Clairo; Jessie Ware; Ava Max; Avril Lavigne; Benee; Bea Miller
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