The Swell Season - Forward

Masterkey Sounds / Cargo
VÖ: 11.07.2025
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Once again
Es gibt Filme, bei denen man sich inständig wünscht, sie noch einmal aus der Perspektive des Unwissens heraus betrachten zu dürfen. "Once" ist so ein Fall, 2006 in Irland gedreht und erst mit Verspätung richtig ins Rollen gekommen. Der Publikumspreis beim Sundance Festival gab einen Schubs, 2008 landete er schließlich auch bei uns in Deutschland. Der herrlich unaufgeregte Streifen ist ein kleines Meisterwerk, und sowohl in seiner Entstehung als auch in der Folgezeit schrieb er viele kleine bis mittelgroße Geschichten. Regisseur John Carney hatte für "Once" die tschechische Musikerin Markéta Irglová zur Protagonistin gemacht und ihr kurzerhand den ursprünglich nur für ein paar Songs vorgesehenen Glen Hansard zur Seite gestellt, Frontmann der Band The Frames, in der Carney damals als Bassist aktiv war. Irglová und Hansard, die schon vor dem Dreh gemeinsam musizierten, wurden schließlich nicht nur auf der Leinwand ein Paar, sondern zumindest kurzzeitig auch im realen Leben – die sehenswerte Dokumentation "The Swell Season" erzählt davon. Das Duo gewann mit dem wundervollen Song "Falling slowly" einen Oscar, das Album zum Film war ein glanzvolles Werk, und das kurze Zeit später veröffentlichte "Strict joy" unter dem gemeinsamen Künstlernamen The Swell Season überzeugte kaum minder.
Doch genug der Historie: Fast zwei Jahrzehnte nach dem Film sind Irglová und Hansard wieder (musikalisch) vereint. Zunächst hatten sie das eine oder andere Konzert Seite an Seite bestritten, bevor der Wunsch nach neuem Material greifbar wurde. Nach der überlangen Auszeit kommt "Forward" zunächst einmal als echte Überraschung daher, denn so richtig gerechnet hatten mit einem solchen Comeback wohl nur wenige. Was allerdings keine Überraschung ist: Es bedarf nur ganz weniger Töne, um sich mit einem überaus wohligen Gefühl der gemeinsamen Arbeit von Irglová und Hansard hinzugeben. "That's another day over / Go to sleep now my son / Its a full blown, solid gold / Miracle you've come", singt der Ire vor zurückhaltender Klangkulisse über einen Neugeborenen. Und schon sind wir wieder mittendrin in der Magie, die das Duo einst so stimmungsvoll entfaltet hatte und scheinbar mühelos in das Hier und Jetzt übertragen konnte.
Das Konzept des Albums ist im Grunde einfach: Ganz paritätisch wechseln sie sich am Mikrofon in Sachen Leadgesang ab. Nach eigener Auskunft sind so im Kern auch die Stücke für "Forward" entstanden. Zunächst schrieb man für sich, später wurden die Einzelteile gemeinschaftlich zusammengebracht. Und so führt im eleganten Opener Hansard Regie, während im folgenden "People we used to be" Irglová mehr in den Mittelpunkt rückt. Dass man dabei jede Zeile auf Realitätsreferenzen hin untersucht, versteht sich bei dieser besonderen Zusammenarbeit von selbst – man höre nur Zeilen wie diese: "How I miss the people we used to be / And all those things that you brought out in me / We're both different now and times have changed / Even the best of friends can become estranged." Ihre individuelle künstlerische Charakteristik kommt auch später voll zur Geltung: Irglovás eher introvertierte und nahezu zerbrechliche Vortragskunst prägt das intime "I leave everything to you", während Hansard, der live zur wahren Rampensau mutieren kann, sich beispielsweise im lebhaften "Great weight" bis an die Grenze zur kleinen Eskalation treiben lässt.
Das ganz große Plus dieses in sich so stimmigen Albums ist das Gefühl von enormer Authentizität. Die Songs erzählen im Grunde ja von Dingen, die dem Alltag der allermeisten Menschen entspringen. Von Liebe, von Veränderungen, von Anfängen und Enden. Von Hoffnungen und Enttäuschungen und von vielem mehr. Musikalisch mögen sich die beiden zwischenzeitlich aus den Augen verloren haben. Markéta Irglová hinterließ mit ihren Alben "Anar", "Muna" und "Lila" eher im Verborgenen Spuren, Hansard entwickelte sich über die Jahre endgültig zum herausragenden Livemusiker, der zuletzt auf "All that was east is west of me now" einen weiteren Nachweis für seine Qualität vorlegte. Dass die beiden einander offenkundig nie gänzlich aus dem Kopf gingen, ist für das Publikum ein großes Geschenk. Und dass die Wiedervereinigung dabei eine rein musikalische bleibt, dafür sprechen die Umstände, über die das Duo anlässlich des neuen Albums sprach: Das Album wurde im Studio über dem Haus Irglovás aufgenommen, in dem sich auch die Familien der beiden regelmäßig trafen. Das wahre Leben schreibt die besten Geschichten.
Highlights
- Factory street bells
- People we used to be
- Pretty stories
Tracklist
- Factory street bells
- People we used to be
- Stuck in reverse
- I leave everything to you
- A little sugar
- Pretty stories
- Great weight
- Hundred words
Gesamtspielzeit: 36:38 min.
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MickHead Postings: 5932 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-07-11 10:47:37 Uhr
Komplette Playlist bei YouTube:https://youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_mhxiaLm9ovNRn9xhsrqUCXqD-MqC2JqpM&si=hW0NVxivLrlHZvfV |
MickHead Postings: 5932 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-06-14 10:43:43 Uhr
Release wurde auf den 11.07. verschoben! |
MickHead Postings: 5932 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-06-12 13:59:47 Uhr
Letzter Song vor dem Release "Great Weight"https://youtu.be/8Np5YSPPf_w?si=Zge2O1l0l61GIzTS |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28963 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-06-11 20:41:34 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Grizzly Adams Postings: 6107 Registriert seit 22.08.2019 |
2025-05-14 17:59:44 Uhr
Hatte diesen Thread bisher nicht bemerkt. Mag Glen Hansard ohnehin - selbst, wenn er inzwischen aussieht wie Papa Schlumpf - sowohl Solo als auch mit seiner früheren Band The Frames. Stimme mit Wiedererkennungswert. Und einige wunderbare Songs. Hab auch seine beiden Kollabos mit Markéta Irglová in der Bibliothek. Schön, dass die beiden wieder was zusammen machen. |
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Referenzen
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