Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Nichts - Tiefschwarz

Nichts- Tiefschwarz

Pomegranate / Cargo
VÖ: 09.05.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Holiday in Dystopia

"Nichts ist ewig"? Hier irrte das Anfang der Achtziger populäre Düsseldorfer Quartett Nichts im Instrumental auf der B-Seite ihres größten Hits "Tango 2000" – beziehungsweise eben nicht. Schon ein Jahr später stieg Gitarrist Michael Clauss aus, und nach einem gefloppten dritten Album löste sich die Band auf. Ein Jammer allein wegen der erwähnten Single: kein Schicksalsbild der Neuen Deutschen Welle, sondern ein kühler, strenger New-Wave-Rocker mit höchst dynamischem Gitarren-Tremolo, der immer noch auf vornehmlich schwarzen Tanzflächen rotiert. Da konnte man fast übersehen, dass Nichts ursprünglich Punks waren, Clauss zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Tommi Stumpff beim berüchtigten KFc spielte und die Mitglieder sich anfangs Prunella Pustekuchen, Micky Matschkopf oder Paul Popperkind nannten. Zum Glück nur vorübergehend.

2011 zeigte sich das in runderneuerter Besetzung und in ähnlich kurzer Zeit wie das Debüt "Made in Eile" eingeschrubbte Comeback "Zeichen auf Sturm" rabiater, in seiner skizzenhaften Abgehetztheit jedoch wenig überzeugend. 14 Jahre später haben Nichts nach der zwischenzeitlich eingesprungenen Sabine Kohlmetz wieder eine neue Sängerin: Nina H., die Frau mit dem turmhohen Irokesenschnitt, die sich nach den Goth-Punkrockern Nerves und der, nun ja, offensichtlich nicht ganz bierernsten Mittelalter-Combo Totentanz Strumpfsockig die nächste Band in die Vita schreiben kann. Ihre Bambuslängsflöte Shakuhachi musste die Japanologin zwar zu Hause lassen, aber sie macht ihre Sache auf dem fünften Nichts-Longplayer gut – beinahe so gut wie einst Ur-Vokalistin Andrea Mothes. Und nein, das hat so gut wie gar nichts mit Gothic zu tun.

Auf "Tiefschwarz" geht es schließlich um Handfestes aus der unwirtlichen Realität: Sprachlosigkeit in Beziehungen, Vereinzelung unter Neonröhren, eine Gesellschaft knapp über dem Nullpunkt. Fast wie in Zeiten des Kalten Krieges, zu denen laut Abwärts der damalige sowjetische Anführer Breschnew in der Badeanstalt lauerte. Deren "Computerstaat" zitieren Nichts im drohenden "Dystopia", das mit bassigem Twang und grantigen Grummel-Riffs zum "Holiday in Cambodia" eincheckt – und positionieren sich bei "Maschine oder Mensch" und "Mauern, Masken, Maschinen" kehlig gegen Entmenschlichung durch KI und Einheitsschritt Richtung Anonymität. Und plötzlich klingt wieder alles so frisch und kompakt wie vor mehr als 40 Jahren, als "Licht aus" mit emotionalen Verkrustungen kämpfte oder "Hallo Kartoffelsalat" für eine Endzeit rüstete, die bis heute andauert.

Doch was wäre pointierter (Post-)Punkrock auf einem Bierdeckel ohne ein bisschen Hedonismus? Das explosive "Nitroglycerin" verbreitet samt drahtigem, bis zu Gang Of Four oder wenigstens Moving Units zurückreichenden Basslauf offensive Liebestollheit, während "Kugel durch den Kopf" seiner Seelenqual mit quirligen Leads und männlichem Background-Gejohle begegnet. Auch mit unbeugsamen Hard-Pop-Nummern wie "Schattenwelt" und elektronischen Spitzen im störrischen "Alien" kennt sich "Tiefschwarz" bestens aus, und die mitfühlende Ballade "Und nichts tun" referenziert mit "Schwarze Gedanken" ein Stück von 1982. Klar, dass die hämische Rachefantasie "Geist" auf dem Fuße folgt – andernfalls würden Nichts womöglich ihre gute schlechte Laune verlieren. Und die ist nach wie vor so berechtigt wie ein großes Lob für dieses knackige Album.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Dystopia
  • Nitroglycerin
  • Schattenwelt
  • Alien

Tracklist

  1. Maschine oder Mensch
  2. Dystopia
  3. Nitroglycerin
  4. Mauern, Masken, Maschinen
  5. Kugel durch den Kopf
  6. Schattenwelt
  7. Alien
  8. Und nichts tun
  9. Geist
  10. Tiefschwarz

Gesamtspielzeit: 34:21 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28963

Registriert seit 08.01.2012

2025-06-11 20:40:57 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify