Shura - I got too sad for my friends

PIAS / Rough Trade
VÖ: 30.05.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Melancholie, Baby
Was war "Nothing’s real" doch für ein fantastisches Debüt! Eine 28-Jährige, die nach mehreren schon beachtlichen Singles eine Wundertüte voller Hitmaterial ausschüttete und zwischen der jungen Madonna, Chvrches und den guten Seiten von Stock Aitken Waterman eine neue Stimme am Pophimmel erhob. Mit dem Nachfolger "Forevher" verabschiedete sich Shura von den 80ern und stürzte sich in modernen Pop, aber eine große Liebe sorgte für anhaltend hocheuphorische Sounds, ohne die leisen Zwischentöne zu vergessen. Im Rückblick vielleicht kein so zwingendes Werk wie der Erstling, aber wie dieser auch heute noch gut anzuhören. Die Künstlerin liebt es ebenfalls noch und meinte kürzlich, sie würde gerne ein lesbisches Musical daraus machen.
Mit dem dritten Album beweist Shura nun knapp sechs Jahre später endgültig, dass jede ihrer Platten für eine völlig neue Hörerfahrung steht. Das ist spannend, denn solchen Künstler:innen gelingt es immer wieder, die Neugier aufrechtzuerhalten. Leider klingt Alexandra Lilah Denton heute nicht mehr so fröhlich, stattdessen singt sie nun "I got too sad for my friends" und hat möglicherweise viel Boygenius und Artverwandtes gehört. Depression all the way also? Nein, das zum Glück auch nicht. Die Titelzeile stammt beispielsweise aus "World’s worst girlfriend" – ausgerechnet ein richtig flotter Popsong, der in einer ersten Albumhälfte steckt, die das Triple an 8/10-Bewertungen bei Plattentests.de hätte vollmachen können. Die Instrumentierung ist zwar anders – weniger Elektronik, mehr Organisches, Holzbläser gar –, aber es bleibt ein ohrenschmeichelnd warmer Sound, in dem zentral Shuras Stimme sitzt.
Und dann wird gleich zu Beginn auf dem Rücksitz eines Taxis in "Tokyo" geweint. Doch schon in "Leonard Street" regt sich wieder Hoffnung, und eine neue Geheimwaffe wird erkennbar: die butterweichen Drums. Das hängt vielleicht mit dem neuen Produzenten Luke Smith zusammen. Das Highlight "Recognise" führt das noch deutlicher aus, hat fast schon "In the air tonight"-Feeling, Phil Collins und Mike Tyson wären begeistert. Dazu ein intelligenter Text darüber, dass es auch okay ist, traurig zu sein und lieber zu Hause zu bleiben, mit einer Tasse Kaffee und einem guten Buch. Dann klingelt es und Cassandra Jenkins kommt zu Besuch, um mit "Richardson" endgültig unter die Kuscheldecke zu krabbeln und Destroyer zu hören.
Danach wird es allerdings wirklich schwermütig. Ein "America" zwischen George Floyd und Elon Musk – manchmal möchte man da nur noch schreien. In der zweiten Hälfte passen die Klangfarben nicht mehr ganz so harmonisch zusammen, "I wanna be loved by you" schwankt unentschlossen zwischen Gospeleuphorie und komisch verzerrtem Gesang zu Honkytonk-Sounds, "Ringpull" hat dem Genre R'n'B nichts Neues hinzuzufügen, und das finale Duett mit Becca Mancari lässt die Platte etwas plätscherig-folkig auslaufen. Das vorherige Stück "I don't believe in love" mit Feature-Gast Helado Negro und kleinen, feinen Klangideen bietet da mehr. Aber im Sinne des Albumtitels ist das unspektakuläre Ende vielleicht die bessere Wahl. Wenn es der inneren Ruhe dient.
Highlights
- Leonard Street
- Recognise
- Richardson (feat. Cassandra Jenkins)
Tracklist
- Tokyo
- Leonard Street
- Recognise
- World's worst girlfriend
- Richardson (feat. Cassandra Jenkins)
- America
- Online
- I wanna be loved by you
- Ringpull
- If you don't believe in love (feat. Helado Negro)
- Bad kid (feat. Becca Mancari)
Gesamtspielzeit: 38:37 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Arne L. Postings: 1755 Registriert seit 27.09.2021 |
2025-06-07 11:30:33 Uhr
Schönes Album! Ich hör "In The Air Tonight" auch nur in den Drums ein wenig und "Recognise" ist einer der Songs, der mir weniger gefällt. Seh die Highlights alle am Album Ende: Würden alle Songs wie "Ringpull", "If you don't believe in love" und "Bad kid" klingen, wäre das Album ein Kandidat für meine Bestenliste. |
Saschek Postings: 771 Registriert seit 23.07.2018 |
2025-05-29 12:10:03 Uhr
Könnte interessant sein. Ja. Bin gespannt. Nur den "In The Air Tonight"-Vergleich bei "Recognise" kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Weder musikalisch noch von der Stimmung her. |
Grizzly Adams Postings: 6037 Registriert seit 22.08.2019 |
2025-05-28 20:43:02 Uhr
Sieh an, sieh an. Shuras Debütalbum habe ich seinerzeit erworben und für ziemlich gut befunden. Sehr 80s lastig und ein echtes Füllhorn an catchy Melodien und Ideen. Nicht immer großartig, aber immer mal wieder beinahe, wenn mich die Nostalgie überkommt. Dass es danach noch ein zweites gab, ist an mir vorbeigegangen. Und nun ein drittes. Hör grad rein. Das ist Pop, wie ich ihn durchaus mag. Auch wenn ihre Stimme nicht wirklich abwechslungsreich ist, sind die Songs doch geschmackvoll und schön performt. Zumindest die ersten drei, die ich heute schon hören kann. Werde die Tage mal ein weiteres Ohr riskieren. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28792 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-05-28 20:28:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
MickHead Postings: 5475 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-04-16 13:11:27 Uhr
3. Song "World's Worst Girlfriend"https://youtu.be/UDrrsPjuRhE?si=QYUQSr9jXbeCnWTG |
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Referenzen
Mabel; Charli XCX; Lorde; Robyn; Sky Ferreira; Angel Olsen; Mitski; Lucy Dacus; Phoebe Bridgers; Boygenius; Torres; Snail Mail; Haim; Destroyer; Twin Shadow; Låpsley; Foxes; La Roux; Carly Rae Jepsen; Little Boots; Broods; Tove Styrke; Jessie Ware; Ryn Weaver; Kiesza; Tegan And Sara; Sia; Icona Pop; Pixie Lott; FKA Twigs; Lykke Li; The Ting Tings; Dragonette; Ladyhawke; Still Corners; Annie; Róisín Murphy; Madonna; Natalia Kills; Katy B; Rita Ora; AlunaGeorge; London Grammar; Rhye; Chvrches; Cults; Pure Bathing Culture; Cassandra Jenkins; Helado Negro; Becca Mancari
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