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Robert Forster - Strawberries

Robert Forster- Strawberries

Tapete / Indigo
VÖ: 23.05.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Spiel ohne Grenzen

Über einen Mangel an Schicksalsschlägen in seinem Leben kann sich Robert Forster sicherlich nicht beklagen. 2006 verlor er seinen langjährigen Fahrensmann Grant McLennan, der mit nur 48 Jahren urplötzlich an einem Herzinfarkt verstarb. 15 Jahre später bekam seine Frau Karin Bäumler eine Krebsdiagnose – ein Ereignis, das seinerzeit die finalen Arbeiten an seinem fast fertiggestellten Album "The candle and the flame" überschattete und dieses teils bewusst ("She's a fighter"), teils unbewusst ("It's only poison") mit ganz neuer Bedeutung auflud. Aber Forster wäre kein echter Künstler, wenn er nicht auch Schmerz, Angst oder Verlust als Vor- und Antrieb nutzte, weiter Kunst zu machen. Mit "The evangelist" leistete Forster Trauerarbeit par excellence; auch heute ist dieses hoch emotionale Album noch Blaupause für die mehreren Phasen der Trauer, die man durchlebt – bis hin zu Akzeptanz und Überwindung. Heute, anno 2025, scheint sich Robert Forster so richtig freigestrampelt zu haben. "Strawberries" geht nämlich behutsam tastend den einen oder anderen neuen Weg, ohne das musikalische Erbe von Forster und McLennan zu verleugnen.

Natürlich finden sich auf diesem Album auch die Töne, die man von Forster erwartet. Immer dann, wenn er zu sparsam und sorgfältig instrumentierten Songs allerlei Melancholisches erzählt und singt, bestenfalls mit dieser stets etwas müden Stimme, als wäre er soeben erst unsanft geweckt worden. "Breakfast on a train" ist nachgerade ein Paradebeispiel: Fast acht Minuten lang schichtet Forster Strophe um Strophe, Refrain um Refrain aufeinander; trotzdem klebt man wie die Fliege am Honiglöffel dieser Musik, weil sie so schön geraten und komponiert ist. Auch "Such a shame" ist so eine Nummer, die strahlt. Gerade, weil sie nichts beweisen muss und kompositorisch ein bisschen was von Sinatras "My way" hat, aber ganz ohne bräsige Selbstgefälligkeit auskommt.

Doch dann wären da eben auch die anderen, teils neuen Seiten, die Forster aufschlägt: So zeigt er sich insbesondere im Opener "Tell it back to me" ungewohnt fit, energetisch, ja fast schon groovig-verspielt. Das geht mit Schmackes nach vorne, da verzeiht man sogar die reichlich unerwartet einsetzende Mundharmonika. "Good to cry" wiederum heißt ausgerechnet das bestgelaunte, wenn nicht etwas alberne Stück, welches hier und da schon in Richtung Country und Squaredance driftet. In "Strawberries" lauschen wir einem Duett mit Forsters Frau, hier kommen leicht jazzig-bluesige Töne und gar Saxofone zum Einsatz. Und der Rausschmeißer "Diamonds" fängt erst reichlich verstolpert mit leichten Velvet-Underground-Anleihen an, um immer wieder in fast schon atonale Abschnitte auszubrechen. Und wer ein bisschen die rumpelige Seite der Go-Betweens (die gab es ja bei allem Wohlklang auch) vermisst, der wird "All of the time" lieben.

Die Go-Betweens waren nie eine wirklich experimentelle Band. Sie haben sich innerhalb eines relativ übersichtlich abgesteckten musikalischen Rahmens bewegt, diesen jedoch so ziemlich in allen Schichten und Ebenen ausgelotet. Jetzt, kurz vor seinem 68. Geburtstag, scheint Robert Forster so langsam Lust zu bekommen, zu neuen Ufern aufzubrechen. Das macht er natürlich nicht überhastet und überstürzt, er braucht dazu auch keine PS-starke Motoryacht. Stattdessen setzt er sich mit einer Thermoskanne Kaffee ins Ruderboot und schaut einfach mal, wohin es ihn so treibt – und wie es so auf der anderen Seite des Sees aussieht. Wir freuen uns darüber, dass er uns auf diese Erkundungstour mitnimmt, und wünschen immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.

(Jochen Reinecke)

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Highlights

  • Tell it back to me
  • Breakfast on the train
  • Such a shame

Tracklist

  1. Tell it back to me
  2. Good to cry
  3. Breakfast on the train
  4. Strawberries
  5. All of the time
  6. Such a shame
  7. Foolish I know
  8. Diamonds

Gesamtspielzeit: 36:38 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

dreckskerl

Postings: 11311

Registriert seit 09.12.2014

2025-05-28 13:16:46 Uhr
Lesenswertes Interview:

https://louderthanwar.com/sense-and-a-certain-sensibility-robert-forster-interviewed/

Vive

Postings: 1193

Registriert seit 26.11.2019

2025-05-23 12:10:20 Uhr
Über einen Mangel an Schicksalsschlägen in seinem Leben kann sich Robert Forster sicherlich nicht beklagen.

wer sollte sich über einen mangel an schicksalsschlägen beklagen? der satz hängt echt ganz schön schief..

MickHead

Postings: 5475

Registriert seit 21.01.2024

2025-05-23 10:26:09 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://robertforster.bandcamp.com/album/strawberries

MickHead

Postings: 5475

Registriert seit 21.01.2024

2025-05-21 23:55:43 Uhr
Letzter Song vor dem Release "All Of The Time"

https://youtu.be/2NzYQYri0Aw?si=gi58dHxY6A_uBK5M

Herr

Postings: 2897

Registriert seit 17.08.2013

2025-05-21 23:27:27 Uhr
Sehr schön ausgelotet geschrieben.
Forster ist für mich ein Muss…
The Go-Betweens waren praktisch die wichtigste musikalische Begleitung meines Lebens.
Zum kompletten Thread

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