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Ben Frost - Under certain light and atmospheric conditions

Ben Frost- Under certain light and atmospheric conditions

Mute / PIAS / Rough Trade
VÖ: 16.05.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Weltreise mit Nervenzusammenbruch

Ein populärer Filmkomponist lädt ein zur Rückschau auf vergangene Konzerte, die ihn um den halben Erdball führten. Sieben Kompositionen hat er mitgebracht, vier davon Liveaufnahmen. Doch aufgepasst, liebe Eltern, ladet "Under certain light and atmospheric conditions" nun bitte nicht für Euren Nachwuchs herunter, um die Kleinen an klassische Musik heranzuführen! Denn weder John Williams noch Hans Zimmer bitten zu einem harmonieseligen Best of. Stattdessen stammt die Einladung von einem gewissen Ben Frost. Der Titel einer Netflix-Serie, für die der Electro-Spezialist den Soundtrack beisteuerte, fasst die Haupteigenschaft seiner Musik prägnant zusammen: Dark. Rabenschwarz, um genau zu sein. Atonal obendrein. Und seit geraumer Zeit auch mitunter brachial, so etwa auf seinem letzten Studioalbum "Scope neglect". Also, liebe Eltern: Bringt Eure Kinder ins Bett und hört euch das vorliegende Album mit Kopfhörern an! Oder dreht die Stereoanlage auf und ärgert die Nachbarn!

Bereits "Tritium bath" aus dem Vorgänger zeigt mit Metal-Riffs, Drone-Sounds und aggressiven Synthies den unbequemen, Industrial-beeinflussten Weg auf. Von fern grüßt Hans Zimmer dann doch, aber nicht mit dem "König der Löwen"-Soundtrack, sondern dem unbarmherzig lärmenden zum Sci-Fi-Meisterwerk "Blade Runner 2049". Der Jubel zu Beginn des Tracks führt auf eine falsche Fährte, da es sich beim Opener um keine Liveaufnahme handelt. Stattdessen mixt Frost auf seinem – abseits von Arbeiten an Filmmusik – zehnten Album Beifall aus seinen Konzerten mit Studioversionen, verwischt die Grenzen zwischen Live- und Studioperformance, was erstaunlich gut funktioniert.

Donner und Grillenzirpen? Was bei anderen Ambient-Koryphäen zum Klischee verkommt, lässt bei Frost in "Permcat, Kyiv" zwischen Riff- und Synthie-Gewittern Zeit zum Durchschnaufen. Anders als Acts, die in den letzten Monaten medienwirksam Auftritte in der unter russischem Dauerbeschuss stehenden ukrainischen Hauptstadt ankündigten, um sie dann rasch wieder abzusagen, trat Frost 2024 in Kiew auf. Wenn am Ende des Tracks Sirenen aufheulen, stellen sich einem die Nackenhaare bereits ohne den Kontext auf. Dass er ein politischer Künstler ist, zeigt der gebürtige Australier auch ohne ein einziges gesungenes oder gesprochenes Wort. Die harten Gitarren verkommen nie zum Selbstzweck, sondern reißen einen in einen Mahlstrom aus Verzweiflung und Wut.

Wer kann ein Sample, das verdächtig nach Pferdeschnauben klingt, mit spacigen Synthie-Loops kreuzen, ohne dass es lächerlich klingt? "Chimera, Naarm" beantwortet die Frage, liefert mit seinem Brachial-Ambient das, was so viele Metaller vergeblich zeit ihrer Karriere versuchen: den angemessenen Soundtrack zum Nervenzusammenbruch. Ja, bei "Under certain light and atmospheric conditions" handelt es sich um ein Album, das einen nicht in der falschen Stimmung erwischen sollte. Die Riffs in "Turning the prism, Wāḥat Sīwah" fahren heftiger in den Magen als Bohneneintopf, ehe uns "Prism inversion, Pantanal La Habana" mittels Field-Recording in den Dschungel des brasilianischen Bundesstaats Mato Grosso do Sul entlässt. Vogelgezwitscher und Regen sorgen für eine trügerische Ruhe. Doch die Düster-Synthies grollen schon. Ein hörenswerter Albtraum!

(Dennis Rieger)

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Highlights

  • Permcat, Kyiv
  • Chimera, Naarm

Tracklist

  1. Tritium Bath, Karamay
  2. Permcat, Kyiv
  3. Trancelines, Varanasi
  4. Chimera, Naarm
  5. Black thread, Ulanbataar
  6. Turning the prism, Wāḥat Sīwah
  7. Prism inversion, Pantanal La Habana

Gesamtspielzeit: 39:11 min.

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User Beitrag

MickHead

Postings: 5575

Registriert seit 21.01.2024

2025-05-16 11:29:15 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://benfrost.bandcamp.com/album/under-certain-light-and-atmospheric-conditions

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28834

Registriert seit 08.01.2012

2025-05-14 20:34:07 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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