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Sophia Blenda - Die Summe der Vereinzelung

Sophia Blenda- Die Summe der Vereinzelung

Siluh / Cargo
VÖ: 11.04.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Erst mal zuhören

Es ist ein bekanntes Phänomen: Wenn etwas Schlimmes passiert, interessiert einen Großteil der Menschen in erster Linie, wer die Tat begangen hat, wer verantwortlich war. Sicherlich ein Stück weit verständlich, möchte man doch gerne verstehen, wie es dazu kommen konnte. Was aber viel zu oft vergessen wird und in den Hintergrund tritt, sind die Opfer – wenn denen überhaupt zugehört und geglaubt wird. Die österreichische Sängerin Sophie Löw alias Sophia Blenda hat das in ihrer Musik schon zum Thema gemacht. Zum Beispiel auf dem Album "Zerstreuen über Euch" ihrer Band Culk. Dort singt sie im Titel "Nacht" von der weiblichen Perspektive auf dem Heimweg im Dunkeln oder kritisiert in "Jahre später", dass die Schuld gerne bei den Betroffenen gesucht wird. Für ihr zweites Soloalbum "Die Summe der Vereinzelung" – ein zynischer Kommentar auf den vielzitierten Begriff der "Einzelfälle" – holt sie noch weiter aus. Und formuliert auf Deutsch und Englisch einen akustischen Hafen, in dem alle FLINTA* willkommen sind.

Denn Sophia Blenda wählt nicht die laute Wut als Werkzeug, klagt die Täter nur indirekt an und konzentriert sich am Klavier auf die Solidarität. In "Deine Wahrheit", das sie als Reaktion auf die Bekanntmachungen rund um Rammstein geschrieben hat, heißt es: "Es reicht, es reicht / Deine Worte werden Wellen schlagen / Ich habe keine Gegenfragen." Gelegentlich holt sie sanftes Drumming oder atmosphärische Streicher dazu. In "Glorify me" schneiden die besonders scharf, wenn es eingangs heißt: "Glorify tears, glorify fears." Denn ein bisschen Anklage ist bei Blenda doch dabei, wenn sie in "Sad girl summer" in gemäßigtem Ton zu Synthesizern darauf hinweist, dass in der Popkultur auch Schmerz von FLINTA* monetarisiert wird, und nennt Namen: "Billie is too intoxicated to be scared / Lana is born to die and sings women are beautiful when they cry / Phoebe is hardly feeling anything at all." Wichtig dabei ist, dass es eher die Traurigkeit darüber ist als ein aggressiver Angriff.

Nur selten erhebt sie ihre Stimme, weil sie das gar nicht muss. In den Strophen reicht meistens zurückgenommener Gesang, der sich selten mal öffnet wie im Opener "Mein Horizont". Ganz besonders schön klingt Blenda im letzten Song "Brief einer Unbekannten", wenn sie die 1922 das erste Mal veröffentlichte gleichnamige Novelle des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig ins Visier nimmt. Darin schreibt er aus der Perspektive eines unglücklich verliebten Mädchens, später einer Frau. Blenda übernimmt für sie in Harmonie mit sich selbst: "Ich wurde nie gesehen / Aber ich war hier / Wer nicht leben kann, muss träumen / Wer nicht sprechen kann, muss glauben / Dass Du mich siehst, dass Du mich hörst." In manchen Momenten fühlt sich "Die Summe der Vereinzelung" erdrückend an. Aber eigentlich ist das Album vor allem eine musikalische Gewichtsdecke, die den Leuten das Gefühl geben kann, gesehen zu werden, die zu oft übersehen werden.

(Arne Lehrke)

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Highlights

  • Mein Horizont
  • Deine Wahrheit
  • Brief einer Unbekannten

Tracklist

  1. Mein Horizont
  2. Deine Wahrheit
  3. Sad girl summer
  4. Watch her heal
  5. Frühlingserwachen
  6. Glorify me
  7. 70’s interior
  8. Ace
  9. Wer Du nie warst
  10. Brief einer Unbekannten

Gesamtspielzeit: 38:13 min.

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User Beitrag

MickHead

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Registriert seit 21.01.2024

2025-05-01 19:26:00 Uhr
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Vive

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Registriert seit 26.11.2019

2025-04-24 13:15:30 Uhr
ist auch bisschen so, wie ich es mir oft von sophie hunger oder soap & skin gewünscht hab

Vive

Postings: 1165

Registriert seit 26.11.2019

2025-04-24 13:08:13 Uhr
die klavierparts erinnern mich an frühere counting crows ("colorblind"), der gesang ist wunderbar eigen und mir gefällt insgesamt der wille zum anecken. sehr stimmungsvoll das alles.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28588

Registriert seit 08.01.2012

2025-04-23 20:44:52 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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