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Benjamin Rajani - Tá hvørt ljós líkist tær

Benjamin Rajani- Tá hvørt ljós líkist tær

TUTL
VÖ: 28.03.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Liebe im Blick

Über die Färöer Inseln redet man hierzulande eigentlich nur, wenn sich die deutsche Nationalmannschaft mal wieder blamiert hat. Die Inselgruppe im Nordatlantik interessiert ansonsten nicht einmal Donald Trump, was die dänische Regierung mit Freude zur Kenntnis nehmen dürfte. Den Färinger Benjamin Rajani ficht das alles ohnehin nicht an, hat er doch seinen Wohnsitz nach Kopenhagen verlegt. Dort produziert er Musik, die kaum jemand außerhalb seines Sprachraums wahrnehmen dürfte, was ziemlich schade ist. "Tá hvørt ljós líkist tær" heißt sein neues Album, was übersetzt ungefähr "Wenn jedes Licht wie Du aussieht" heißt, sofern man dem Google-Übersetzer Glauben schenken kann. Der Titel passt auf jeden Fall perfekt zur Musik, denn die klingt wie ein verliebter Blick bei Sonnenaufgang. Mit viel Pathos trägt Rajani seine Songs vor und erinnert dabei nicht selten an einen gewissen Jónsi, der bekanntlich von einem anderen Eiland im kalten Norden stammt und ebenfalls die größtmögliche Geste bevorzugt.

Im Kern der Musik stehen meist akustische Instrumente, allen voran Gitarre, Klavier und Streicher. Rajani vereint folkloristische Elemente mit orchestralem Pomp und scheut dabei auch nicht vor einem gewissen Kitsch zurück. Gleichzeitig sorgen die fein austarierten Arrangements dafür, dass es nie zu seifig wird. Schon der Opener "Orð eru fátæk" vereint alle Stärken des Songwriters in sich. In den an Seemannslieder erinnernden Strophen erhebt Rajani klagend seine Stimme, begleitet von einer zaghaft gezupften Gitarre und einem unheilvoll schwummernden Akkordeon, ehe im Refrain per totaler Überwältigung sichergestellt wird, dass man beim Hören Gefühle hat. Auf diesem Niveau geht es weiter: "Royni enn at gloyma" folgt einem ähnlichen Laut-Leise-Schema, wählt allerdings einen deutlich melancholischeren Ansatz. Im Mittelpunkt steht Rajanis weiche Stimme, die in Verbindung mit der für deutsche Ohren eigentümlichen Sprache eine ungemeine Faszination entfaltet.

Doch erst die Melodien sind es, die aus Rajanis Musik etwas Besonderes machen. Fast jeder Song wartet mit grandiosen Steigerungen auf, immer wieder nehmen sie zudem unerwartete Wendungen. Wunderschön ist auch die detailverliebte Produktion, die jedes Instrument zum Strahlen bringt. In "Lívsins balkong" reicht etwa ein kleiner Background-Chor, um aus einem hübschen einen umwerfenden Moment zu machen. Wer sich mit allumfassenden Schönklang schwertut, dürfte jedoch mit "Tá hvørt ljós líkist tær" seine liebe Mühe haben. Misstöne oder gar Ausbrüche sucht man vergebens, was angesichts der durchweg hohen Qualität des Dargebotenen aber überhaupt nicht stört. Im Gegenteil: Manchmal reicht es, wenn Musik einfach nur angenehm zu hören ist. Und ein bisschen rocken kann Rajani durchaus, nachzuhören in dem verschrammelten "Minnist", das zum Schwelgen einlädt.

Ganz und gar hinreißend ist "Greinar sum svørð", ein mit homoerotischem Subtext ausgestattetes Lied über Freundschaft, das zudem mit einer Herr-der-Ringe-Referenz aufwartet. Das klingt nicht nur nerdig, das ist es wahrscheinlich auch. Aber selbst in übersetzter Form rührt der Text zutiefst, vollbringt er doch das Kunststück, gleichzeitig extrem vage und doch äußerst konkret zu werden. Aber vielleicht ist es am Ende auch einfach nur Quatsch, wer weiß so etwas schon. Fest steht, dass Benjamin Rajani ein hochbegabter Songwriter ist, der mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Wer Lieder wie "Býttur" komponieren kann, hat mindestens ein Herz aus Gold. Apropos: Nicht selten erinnert die Musik in ihrer zwischen Zerbrechlichkeit und Trauer oszillierenden Eleganz an Neil Young, nur ohne dessen Grimmigkeit. Gemeinsam mit dem ewigen Kauz hat Rajani jedoch, dass er fernab aller Trends sein Ding durchzieht. Hoffentlich auch bald außerhalb seiner Heimat.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Orð eru fátæk
  • Lívsins balkong
  • Greinar sum svørð
  • Býttur

Tracklist

  1. Orð eru fátæk
  2. Royni enn at gloyma
  3. Lívsins balkong
  4. Bæði so og so
  5. Sig mær
  6. Minnist
  7. Greinar sum svørð
  8. Býttur
  9. Bláfryst og kvirr
  10. Stjørnuhav
  11. Morgunljóð
  12. Mánakvøld
  13. Her er mín hond

Gesamtspielzeit: 46:33 min.

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User Beitrag

Unangemeldeter

Postings: 1707

Registriert seit 15.06.2014

2025-04-18 12:29:17 Uhr
Ich bin ja grade in Dänemark und freu mich drauf, das morgen auf einer Zugfahrt durchzuhören. Danke für den Tipp. Mew auch nicht die schlechteste Referenz - auch wenn mir bei denen für wahre Liebe die Glukosekonzentration oft ein wenig zu hoch war, was bei Benjamin Rajani nach der Rezi zu urteilen ja auch der Fall sein könnte.

Toni

Postings: 2

Registriert seit 06.11.2024

2025-04-17 10:06:41 Uhr
Beim ersten Hören dachte ich, ob das der Sänger von Mew ist. Kennt die noch einer? Aber ja, da sind einige Perlen dabei. Willkommen in meiner Playlist, lieber Benjamin, und schön, dass es solche Alben hierher schaffen. Dafür liebe ich Plattentests seit 20 Jahren. :-)

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28588

Registriert seit 08.01.2012

2025-04-16 20:42:23 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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