Heavy Lungs - Caviar

Fat Cat / PIAS / Rough Trade
VÖ: 18.04.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Prost Mahlzeit
Erinnert sich noch jemand daran, wie Brad Pitt als Küchenkraft in "Fight club" das mit der Pilzrahmsuppe hingekriegt hat? Nein? Ist auch besser so. Und man sollte eigentlich meinen, so ein Job als Restaurantmitarbeiter ist nicht das Schlechteste. Je nachdem, wie der hitzköpfige Chefkoch und die eiskalten Gäste gerade drauf sind. Danny Nedelko und James Minchell werden's wissen, denn Sänger und Bassist der Idles-Spezis Heavy Lungs aus Bristol lernten sich bei ebendieser Tätigkeit kennen. Und glaubt man dem durchaus unappetitlichen Cover, haben die zwei keine allzu guten Erfahrungen damit gemacht. Zeilen wie "Undercooked, staff is rude / Coffee's burnt, soup is cold" oder "Send you home in a coffin tonight / Paracetamol and 70 pints" liefern im Opener "Yes Chef" in weniger als zwei Minuten alle Gründe, statt schick essen lieber in den Pub zu gehen – selbst wenn es dort außer Bier nichts Warmes gibt. Kein Problem: Heavy Lungs heizen genug ein mit ihrem rabiaten Punkrock, der stellenweise an Post-Punk erinnert.
Nein, viel hat sich auf "Caviar" seit dem Debüt "All gas no brakes" nicht geändert. wenn die Briten ihre Songs mit grober Distortion, wahnwitzigen Gitarren-Zwirbeleien und Lad-Gejohle ordentlich brodeln lassen. Da kann Nedelko noch so erzürnt "Get out" brüllen: Die siedende Kraftbrühe will sich einfach nicht beruhigen. Oder allenfalls vorübergehend, denn Heavy Lungs beherrschen es meisterhaft, in verschärfte Krachbomben wie "Cushion the blow" eine leichtgängig rumpelnde Ebene einzuziehen, sodass der Tanzboden kurz ganz friedlich wirkt, bevor er einem um die Ohren fliegt. "Mr. Famous" leistet sich sogar einen kumpeligen Indie-Reißer mit zackiger Rhythmusgruppe und "Boring!"-Zwischenrufen, der dann jedoch explodiert wie ein Schnellkochtopf unter Hochdruck. Geerdet wird die alberne kleine Rockstar-Fantasie von mauligem "Don't seem fair to me / I've waited so patiently", während "Life's a buffet" dem Wohlstand ein hämisches "I've had my fill but I'm still starving" entgegenätzt. Klasse Kampf, wohl bekomm's.
Dass sich dabei schon mal der Magen umdreht, gehört dazu – und ist kein Wunder bei den die Eingeweide durchknetenden Bassläufen und abgrundtief heruntergedrehten Riffs, die schon McLusky respektive Future Of The Left mit absurdem Humor koppelten und für deren Erfindung der große Steve Albini vermutlich noch im Jenseits Tantiemen bezieht. Dazu blökt Nedelko beim drahtig punkenden Titelstück "I'm living large in Casino Royale / I'll have the steak and the caviar", was angesichts sozialer Schieflagen natürlich nur sarkastisch gemeint sein kann. In zurückgenommenen Parts hingegen klingt er fast wie Eddie Argos – but no, this is not his singing voice. Wäre ja noch schöner. Erst recht im großartig bohrenden Midtempo-Erdwurm "Into the fire" oder den bitterbösen Abrechnungen "Ballerina" oder "Self portrait", wo immerhin ein penetrantes Pliepf für etwas Aufhellung sorgt. Mehr braucht's nicht in einer famosen halben Stunde akustisches Sodbrennen. Und wer leiser dreht, ist ein Im-Restaurant-den-Chef-sprechen-Woller.
Highlights
- Cushion the blow
- Caviar
- Into the fire
- Self portrait
Tracklist
- Yes chef
- Cushion the blow
- Get out
- Caviar
- Into the fire
- Ballerina
- Self portrait
- Call it in
- Put thy kettle on
- Mr. Famous
- Life's a buffet
Gesamtspielzeit: 29:32 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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NeoMath Postings: 2362 Registriert seit 11.03.2021 |
2025-05-07 11:57:21 Uhr
Das ist wieder so eine Band, die ich sehr sympathisch finde (natürlich auch wegen Nedelko), aber musikalisch packt mich das leider nicht wirklich. Es ist roh und auch ungestüm, im Grunde etwas, das mir zusagt, nur gibt es keinen einzigen Song, den ich als richtig gelungen einstufen würde. Alles wirkt noch leicht amateurhaft und auf der Suche nach irgendwas. Schade eigentlich. Auf jeden Fall eine Band, die man auf ihren zukünftigen Veröffentlichungen im Blick bzw. Ohr haben sollte. |
MickHead Postings: 4960 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-05-07 09:39:16 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:https://heavylungsband.bandcamp.com/album/caviar |
Lichtgestalt User Postings: 6461 Registriert seit 02.07.2013 |
2025-04-18 00:53:33 Uhr
Macht Spaß, herrlich rauh und rotzig.Punk wurde ja oft in den letzten Jahrzehnten durch so unglaublich alberne Bands wie Green Day diskreditiert. Toll. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28591 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-04-16 20:40:51 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Idles; Crows; Shame; John; TV Priest; Ditz; Life; Italia 90; Yard Act; Meatraffle; Fontaines D.C.; The Murder Capital; Lice; Naked Lungs; Deadletter; Courting; Egyptian Blue; High Vis; Feet; Treeboy & Arc; Viagra Boys; Fat Dog; Warmduscher; Fat White Family; Big Special; Benefits; Sleaford Mods; The Fall; House Of All; Gang Of Four; Wire; Bloc Party; Art Brut; Buzzcocks; The Clash; Sex Pistols; The Vibrators; The Cortinas; The Stooges; Wipers; Dead Kennedys; Vatican DC; Soft Play; Death From Above 1979; DZ Deathrays; Queens Of The Stone Age; Black Flag; Minutemen; Big Black; Shellac; Pissed Jeans; Protomartyr; Parquet Courts; Blacklisters; McLusky; Future Of The Left; Plague Vendor; The Icarus Line; Spectres; Iceage; USA Nails; Royal Blood; Metz; No Age; Fucked Up; Wound Man; Fidlar; Strange Wilds; The Jesus Lizard; Unsane
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