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The Mars Volta - Lucro sucio; los ojos del vacío

The Mars Volta- Lucro sucio; los ojos del vacío

Clouds Hill / Warner
VÖ: 11.04.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Verstecken sie Spaß?

2012 hinterließen The Mars Volta mit ihrer Auflösung eine Lücke und eine grandiose Diskografie aus sechs Alben, die Prog-Fantasien mit umwerfenden Melodien und einem Gespür für dynamische Strukturen und neuartige Sounds kombinierten und so viel mehr waren als das Muckertum, das ihnen von einigen Seiten nachgesagt wurde. Rezensieren durfte ich aufgrund des Späteinstiegs bei Plattentests.de aber an neuem Material bisher nur die brauchbare Reunion-LP "The Mars Volta", auf der sie handzahm und teils auch beliebig klangen. Und nun steht "Lucro sucio; los ojos del vacío" auf der Matte, das zweite vollwertige Album der zweiten Ära The Mars Volta. Grund zur Freude? Eines macht diese Platte schon mal anders als ihre Vorgängerin: Statt in sich geschlossene kurze Kapitel bilden diese 18 Tracks mehr oder weniger einen So(n)g, ihre Grenzen sind fließend, verschwimmend. Da schlägt dem alten Fan doch glatt das Herz höher angesichts Langstreckenläufer wie "Cassandra Gemini". Oder?

Nur weil Bixler-Zavala in "Cue the sun" mal was von "Faminepulse" singt, wird hier lange nicht das Fanbedienungs-Programm abgespult. Im Prinzip ist "Lucro sucio; los ojos del vacío" nämlich durchaus im Fahrwasser des selbstbetitelten Albums unterwegs, nur dass sich die beiden Ex-Texaner kompositorisch wieder deutlich mehr Freiheiten nehmen. Der gerade genannte Song hätte sich auf "The Mars Volta" sicher nicht in einer verpeilten Coda namens "Alba del orate" erst einmal verloren und wiedergefunden. Ein weirder, kakophonischer Einschub wie "Detrás de la puerta dorada", der nach 30 Sekunden abgebrochen wird? Dort nicht denkbar. Das Duo geht also trotz generell beibehaltener Ohrenfreundlichkeit wieder weiter raus in unkonventionelle Gefilde. Dort finden sie einiges Ansprechendes. Auch wenn das Puzzle aufs erste Hören vielleicht nicht so recht zusammenpassen mag.

Denn die größte Herausforderung durch "Lucro sucio; los ojos del vacío" ist, dass die Reise, auf die The Mars Volta mitnehmen, nicht wirklich Sinn und Ziel hat und auch gar nicht haben will. Die Platte lebt von Moment zu Moment. So wie sie mit zwei Einminütern beginnt – "Fin" als himmlische Einführung, "Reina tormenta" als erster druckvoller Energieschub – zieht sie auch in der Folge an verschiedenen Klanggebilden vorbei, ohne lange zu rasten, aber auch ohne ihren Plan offenzulegen. Sie ist zwischen Latin-Flair, Elektro- und Ambient-Zwischenspielen und rockigeren Parts wirklich schwer zu beschreiben. Sicher ist nur, dass die leicht angezogene Handbremse geblieben ist. "Voice in my knives" ist ein lieblicher Song, der mit "Now the time has come for us to look away" unbequeme Wahrheiten andeutet – warum das folgende "Poseedora de mi sombra" einen eigenen Track bekommt, obwohl es klar der gleiche Song ist, wird nicht klar, auch wenn man den Trick von Rodriguez-Lopez' Soloalben bereits kennt. Warum die Songtitel meist auf Spanisch, die Texte aber meist auf Englisch sind, auch nicht. Ist letztlich aber auch egal.

Viele Momente bleiben nämlich sehr angenehm im Gedächtnis. "Enlazan las tinieblas" bringt die wunderbar klapprige Percussion vom Vorgänger zu neuen Ehren, später nimmt sie "Un disparo al vacío" dankbar auf als Startrampe zum Ausrasten. Das weird dröhnende "Celaje" hat mit "Call the avalanche / Will it call back?" in jedem Fall eine (freiwillig? unfreiwillig?) lustige Zeile. Und das Album-Finish legt noch mal alles in die Waage. "Morgana" ist mit der programmatischen Zeile "I can't get you out of my mind" einer der schönsten poppigen The-Mars-Volta-Songs, der im Folgenden mit einer Reprise von "Cue the sun" kombiniert wird, bevor der Closer "Lucro sucio" das Ganze mit einer tollen Saxofon-Einlage samt Jazz-Vibe über die Wupper schubst. Und dann ergibt "Lucro sucio; los ojos del vacío" doch Sinn, wird greifbarer, entpuppt sich als Schritt vorwärts. Natürlich nicht ohne Mühen: Bei einer Band, die schon immer auf die Meinung ihres Publikums gepfiffen hat – erst jüngst wieder, als sie im Vorprogramm der Deftones einfach dieses bis dato unbekannte Album komplett spielten –, muss man damit rechnen. Aber sie streuen die Brotkrumen großzügig. Wer festhängt, darf einfach mal die Lawine anrufen.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Enlazan las tinieblas
  • Un disparo al vacío
  • Morgana
  • Lucro sucio

Tracklist

  1. Fin
  2. Reina tormenta
  3. Enlazan las tinieblas
  4. Mictlán
  5. The iron rose
  6. Cue the sun
  7. Alba del orate
  8. Voice in my knives
  9. Poseedora de mi sombra
  10. Celaje
  11. Vociferó
  12. Mito de los trece cielos
  13. Un disparo al vacío
  14. Detrás de la puerta dorada
  15. Maullidos
  16. Morgana
  17. Cue the sun (Reprise)
  18. Lucro sucio

Gesamtspielzeit: 49:37 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Bonzo

Postings: 3317

Registriert seit 13.06.2013

2025-04-22 18:29:14 Uhr
Puh, das hat alles so viel Potenzial. Klingt teilweise wie softe King Crimson. Leider finde ich es am Ende auch zu egal.

Unangemeldeter

Postings: 1676

Registriert seit 15.06.2014

2025-04-22 18:09:23 Uhr
Das ist ein wesentlich besseres Album als der direkte Vorgänger. Trotzdem gleichzeitig auch ein bisschen egal, mir geht da schon ein wenig die Dringlichkeit ab. Viele Songs klingen als wäre ihnen egal ob sie gehört werden oder nicht. Was es aber zu ganz guter Hintergrundmusik macht. Wer hätte gedacht dass man sowas mal über ein Mars Volta-Album sagen würde.

Dennis R.

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 4

Registriert seit 06.01.2025

2025-04-17 14:01:27 Uhr
Tatsächlich wieder ein tolles Album. Hatte mir von der Reunion nicht viel erhofft, weil ich nach den bockstarken ersten beiden Alben weder dem Gefrickel noch dem hyperaktiven Pop von "Amputechture" bis "Noctourniquet" viel abgewinnen konnte. Aber mir gefallen alle drei (grundverschiedenen) Alben seit der selbstbetitelten LP.

Diese angejazzte Psychedelik ("Celaje"!) mit dezenter Elektronik steht ihnen sehr gut, wie ich finde. Höre erstmals auf Albumlänge die "Rockband, die gerne eine Salsaband wäre". Nur der teils arg manierierte Gesang im ersten Albumviertel (v.a. im Opener) passt imho nicht wirklich zur Musik, den könnte sich Cedric Bixler-Zavala inzwischen sparen, zumal er es wesentlich besser/dezenter kann (siehe etwa "The iron rose"). Reicht locker für Platz 3 im bandinternen Albumranking.

Obrac

Postings: 2627

Registriert seit 13.06.2013

2025-04-13 13:22:46 Uhr
"The Iron Rose" mag ich.

Oceantoolhead

Postings: 2316

Registriert seit 22.09.2014

2025-04-13 12:52:45 Uhr
Ich weiß ehrlicherweise nicht warum man für dieses Projekt den Namen Mars Volta hochgeholt hat, gerade wo mehr oder weniger die selbe Besetzung schon unter anderen Namen agiert. (z.B. Antemasque).
Musikalisch sehe ich den neuen Output in jedem unabhängig vom alten schaffen. Da hätte ein neues Labeling aufjedenfall nicht geschadet.
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