Marlon Williams - Te Whare Tīwekaweka

Marlon Williams / Cargo
VÖ: 04.04.2025
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10

Kei te hiahia koe ki te mohio he aha te tikanga
Marlon Williams.
Der Typ hat sich wirklich einen eigenen Absatz verdient. Wenn er mal aus der Deckung emporkommt, schafft er jedes Mal ein Erlebnis. Ein folk-country-rockiges Debüt. Eine Elvis-Imitation, auf der er die Scherben der Beziehung sogar noch mit der eigenen Ex aufkehrt. Eine schamlos eingängige Abrechnung mit maskulinen Idealen. Und nun "Te Whare Tīwekaweka", hilflos übersetzbar als "Das Tīwekaweka-Haus". Williams ist für sein viertes Album dahin gegangen, wo er herkam: nach Lyttleton, einer Siedlung Nähe Christchurch auf der südlichen Insel Neuseelands. Und er hat all diese familiären Einflüsse um sich herum aufgesogen und in einem Album verarbeitet, das ein ihm ähnelndes Gemälde ziert, welches seine Mutter Jennifer Rendall malte, als sie mit ihm schwanger war. Und welches – was natürlich viel entscheidender ist – ausschließlich auf Māori gesungen ist.
Insofern tritt der Sigur-Rós-Effekt ein: Über Lyrics werden wir uns in den nächsten Absätzen herzlich wenig unterhalten, denn wahrscheinlich werden Plattentests.de-Konsumierende genau wie der Rezensent nicht unter den circa 160.000 Menschen sein, welche die Sprache überhaupt noch sprechen. Dabei klingen die Worte wirklich schön im Einklang mit der Musik, wenn man sich erst mal von dem teutonisch geprägten Eindruck löst, dass Williams am Anfang von "Pānaki" was von "Jacke, Kacke" ins Ohr singt. Albernheiten beiseite, wirken die Worte lautmalerisch passend zur Musik, die sich ebenso etwas in Richtung Ursprünglichkeit und Direktheit bewegt. Der Opener "E mawehe ana au" ("Ich gehe") kommt gar ganz ohne instrumentale Hilfe aus, sondern stellt genau diese so ungewohnte Phrasierung der Vocals in den Vordergrund. Williams ist sich bewusst, welchen Schritt er hier wagt, aber geht lieber all in, als irgendeinen Kompromiss zu machen.
"Te Whare Tīwekaweka" wird in der Folge zwar musikalisch konventioneller, bleibt aber trotzdem vielfältig und streut dezent kulturelle Fingerzeige ein. "Me uaua kē" ist sehr hübscher Folkpop mit effektivem Chor, "Kuru pounamu" lässt dagegen eine verzerrte Gitarre auflaufen, während Williams seine Vocals aus der Ferne mit viel Hall herüberruft – kein Wunder, dass "Die Flasche zerbrechen" die nächstbeste Übersetzung für den Songtitel ist. Und lässt man die Sprache bei "Aua atu rā" oder "Rere mai ngā rau" mal außer Acht, hätte das auch auf dem Vorgänger "My boy" stattfinden können, was bei dessen Qualität ein absolutes Lob ist – genau wie "Ko tēnā ua" das Herzgebrechen von "Make way for love" noch mal vor Augen führt. Zwei Mal lädt er Gäste ein: Kommi, auch sonst mit seinen Fingern am Rest der Platte aktiv, sprechsingt sich durch "Huri te whenua". Der weitaus größte Name auf einem seiner Werke überhaupt ist dagegen Landsfrau Lorde, das zugehörige Duett "Kāhore he manu e" ("Kein Vogel") ein zartes und unglaublich traurig-schönes Stück Musik. Da geht das Herz auf.
Bei dem passend betitelten "Kōrero Māori" hat man dagegen direkt die Tänzer am Strand vor Augen, die vermutlich von Lordes letzter Platte noch übrig sind, wie sie sich im maorischen Bastrock die Glieder schütteln. Noch reduzierter gerät "Whakameatia mai", das auch ein gerade mal kurz reingeklöppeltes Traditional sein könnte. (Der Titel taucht zumindest in einer maorisch-katholischen Hymne auf und bedeutet "Mach es möglich". Es ist also möglich.) "Te Whare Tīwekaweka" durchläuft in der Rezeption gewisse Stufen. Bleibt man am Anfang an der ungewohnten Phrasierung und Wortwelt hängen, verwandelt sich die gelegentliche Irritation immer mehr in Sympathie und Wohlgefühl, wozu Williams' wie immer tolle Kompositionen einen nicht unerheblichen Teil beitragen. Mihi sagt man auf Māori.
Highlights
- Kei te mārama
- Me uaua kē
- Kāhore he manu e (feat. Lorde)
- Pānaki
Tracklist
- E mawehe ana au
- Kei te mārama
- Aua atu rā
- Me uaua kē
- Kōrero Māori
- Ko tēnā ua
- Whakameatia mai
- Ngā ara aroha
- Huri te whenua (feat. Kommi)
- Kuru pounamu
- Kāhore he manu e (feat. Lorde)
- Pānaki
- Rere mai ngā rau
- Pōkaia rā te marama
Gesamtspielzeit: 38:55 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MickHead Postings: 4578 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-04-04 08:52:44 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:https://marlonwilliams.bandcamp.com/album/te-whare-t-wekaweka |
grizzlybird Postings: 1 Registriert seit 03.04.2025 |
2025-04-03 22:05:39 Uhr
Genau mein Ding. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-04-02 22:48:52 Uhr
Korrigiert, danke. |
Herr Postings: 2787 Registriert seit 17.08.2013 |
2025-04-02 22:07:53 Uhr
Der Link geht zu Warbringer. Ich bin aber auf beide gespannt. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-04-02 19:49:32 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
M. Ward; Conor Oberst; Patrick Watson; Rufus Wainwright; Damien Jurado; Nick Drake; Bright Eyes; Aldous Harding; Andrew Bird; Weyes Blood; Perfume Genius; Feist; Devendra Banhart; Nick Drake; Elliott Smith; Daniel Johnston; Roy Orbison; Ricky Nelson; Elvis Presley; Townes Van Zandt; Amy Winehouse; The Irrepressibles; Nick Cave & The Bad Seeds; Antony & The Johnsons; Sufjan Stevens; Monsters Of Folk; The Tallest Man On Earth; Calexico; Beck; My Morning Jacket; Okkervil River; Lambchop; Iron & Wine; Passenger; Father John Misty
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