Mumford & Sons - Rushmere

Island / Universal
VÖ: 28.03.2025
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Was mal war
Was wurde sich über Mumford & Sons in der Vergangenheit lustig gemacht. Nach dem wahnsinnig guten Debüt "Sigh no more" wurden sie als die Coldplay des Folkrocks verunglimpft, und wer sie noch mochte, befand sich im musikalischen Kastensystem quasi auf einer Ebene mit den Helene-Fischer-Fans dieser Welt. Konnte den Briten natürlich egal sein, der Welterfolg blieb schließlich ein Selbstläufer, da war die Band sicher mit genügend spaßigen Dingen beschäftigt. Irgendwann war es allerdings nicht mehr witzig, als sich Mitglied Winston Marshall auf politisch mindestens fragwürdige Art äußerte und nach lauten Protesten 2021 die Band verließ. Und auch das Soloalbum von Sänger Marcus Mumford war 2022 keine besonders lustige Angelegenheit, setzte es sich doch mit Missbrauch auseinander. Wenn Mumford & Sons in verkleinerter Besetzung sieben Jahre nach dem letzten regulären Album zurück sind, darf man also durchaus gespannt sein.
Um auf Nummer sicher zu gehen, hat sich das Trio Dave Cobb als Co-Producer ins Studio geholt, der in den letzten Jahren Grammy-Nominierungen gesammelt hat wie andere Glückspfennige – allerdings eher im Country- und Americana-Milieu. Und das gibt schon einen ersten Eindruck, wie sich "Rushmere" anhört: Mumford & Sons sind zumindest ansatzweise zurück bei ihrem großartigen Erstling. Der Titel des Albums ist der Name des kleinen Teichs, an dem die Freunde das erste Mal über eine gemeinsame Band sprachen. Und alles in allem darf man über die Gründung durchaus froh sein. Da ist Marcus Mumfords prägnanter Gesang, der immer noch wie warme Butter in die Ohren fließt. Da sind hin und wieder wunderschöne Harmonien in den Begleitstimmen wie bei "Monochrome". Und da ist auch wieder ein Banjo, wie im Titelsong, das an die ersten Hits der Londoner erinnert. Und natürlich ist da auch ziemlich viel Kitsch und Cheesiness, weil jedes Licht auch einen Schatten wirft und Spiritualität immer Teil der Band war. Manchmal hart an der Grenze zum vielzitierten Wandtattoo: "I'm still afraid / I said too much / Or not enough."
Aber es gibt eben auch diese Momente, denen man sich trotz ihrer Durchschaubarkeit nicht entziehen kann. "Anchor" ist beispielsweise eine leidende Nummer, welche die erste Minute allein mit einer flüsternden Gitarre bestreitet. Oder das eingängige "Caroline", dem sicher auch Bob Dylan etwas abgewinnen könnte. Und "Truth", das sich im ersten Moment so amerikanisch anhört, das man sich nicht wundern würde, wenn ein Weißkopfseeadler auf dem Fensterbrett landet und mithört: "I was born in California, and it never ends!" Der Song sabotiert sich hinten raus mit uninteressanten Claps allerdings selbst und weckt im Finale Erinnerungen an die schwächeren Alben.
Dabei tut es "Rushmere" eigentlich gut, dass es kein "Little lion man" oder "I will wait" gibt, auf das man hinfiebert. Es ist schön, zu hören, dass die Songs sich Zeit nehmen und Stücke wie "Where it belongs" mit Klavier und erneut mehrstimmigen Gesang auch auf "Sigh no more" funktioniert hätten: "When you speak, do you think you could do it kindly? / Or does your anger overwhelm? / When you're weak, do you ever think of livin' wildly? / And let your anger go to hell where it belongs?" 2025 ist das Jahr, in dem man schon sehr verbissen sein muss, um noch Witze über Mumford & Sons zu machen. Und "Rushmere" ist ein absolut solides Album mit gelegentlichen Ausschlägen nach oben geworden. Wer unbedingt ein musikalisches Feindbild braucht, der findet hundert bessere Ziele als das hier.
Highlights
- Caroline
- Monochrome
- Where it belongs
Tracklist
- Malibu
- Caroline
- Rushmere
- Monochrome
- Truth
- Where it belongs
- Anchor
- Surrender
- Blood on the page (feat. Madison Cunningham)
- Carry on
Gesamtspielzeit: 34:22 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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oldschool Postings: 772 Registriert seit 27.04.2015 |
2025-04-03 23:48:33 Uhr
Gut geschrieben Gomes21!Pop kann großartig sein, wenn er mit Herzblut, Leidenschaft und Talent um die ecke kommt! Von gutem Pop ist die Band Lichtjahre entfernt und wird es immer bleiben. Und man sieht: Auch im Jahre 2025 kann man diese Band immer noch mieß finden. Vielleicht nicht mehr ganz so leidenschaftlich wie vor 15 Jahren..... |
Gomes21 Postings: 5513 Registriert seit 20.06.2013 |
2025-04-03 11:49:54 Uhr
Das klingt jetzt so abwertend gegenüber Pop, ich habe die Band ganz unabhängig vom Genre immer sehr als Image-Folker empfunden, das wirkte nie sonderlich authentisch, traf den Nerv der Zeit und war dabei auch nie sonderlich charismatisch oder außergewöhnlich. Da gab es als der Markt mit Indie- und Popfolk überschwemmt wurde viel bessere und spannendere Bands als Mumford & Sons. Eine Band die man nicht blöd finden muss, aber für die ich Begeisterung unabhängig von meiner eigenen Meinung schwer nachvollziehen kann. |
Enrico Palazzo Postings: 5734 Registriert seit 22.08.2019 |
2025-04-03 09:58:45 Uhr
Sehe ich ähnlich wie oldschool - mir kam das schon immer wenig mit Leben und Herz gefüllt vor. Dazu noch diese albernen Hobo-Klamotten der ersten Jahre. War halt schon immer Pop und hatte wenig mit Folk zu tun. Das "Folk" war immer nur eine Behauptung. |
oldschool Postings: 772 Registriert seit 27.04.2015 |
2025-04-03 09:45:37 Uhr
2025 ist das Jahr, in dem man schon sehr verbissen sein muss, um diese Musik noch abzufeiern.Wer unbedingt eine 6/10 vergeben will, der findet hundert bessere Ziele als das hier. Spaß bei Seite - Die Band wurde nie abgeqatscht, weil es hipp war, sondern weil Ihre Musik steril, generisch und kalt wirkte. Wie eine KI-Version des Folkrock. Und das ist auch 2025 noch so! |
Herr Postings: 2787 Registriert seit 17.08.2013 |
2025-04-02 22:05:27 Uhr
Ich werde es, wegen der überzeugenden Rezension, mit Wohlwollen hören. Auch wenn Little Lion Man das What‘s Up (4 Non Blondes) der 00er ist. |
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Referenzen
Bear's Den; Doves; Kodaline; Bastille; Coldplay; Fleet Foxes; Dry The River; U2; Snow Patrol; Fleetwood Mac; The Magic Numbers; Saybia; Of Monsters And Men; The Low Anthem; The Lumineers; Family Of The Year; Travis; The Fray; The Killers; Nathaniel Rateliff; Embrace; The Boxer Rebellion; James Dean Bradfield; Washington; Rea Garvey; Reamonn; Keane; Band Of Horses; The Felice Brothers; Midlake; Manic Street Preachers; Athlete; James; Moke; Leif Vollebekk; Guillemots; Fyfe Dangerfield; Suede; Starsailor; Carolina Liar; Morning Runner; Young Rebel Set; The War On Drugs; Tired Pony; Admiral Fallow; Iron & Wine; Mighty Oaks; Monsters Of Folk; My Morning Jacket; Noah And The Whale
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