Cold Specks - Light for the midnight

Mute / PIAS / Rough Trade
VÖ: 09.04.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Näher zu mir
Die künstlerische Entwicklung von Cold Specks ging bisher konstant mit der Enthüllung der eigenen Identität einher. Zu Beginn verbarg sich Ladan Hussein noch hinter einem doppelten Pseudonym, nannte sich in Ergänzung zum Künstlernamen Al Spx, weil sie befürchtete, der Name Hussein würde in der Öffentlichkeit auf Ablehnung stoßen. Nachdem sie sich im Zuge von "Fool's paradise" doch zu ihrem Familiennamen bekannte, bohrt der Nachfolger "Light for the midnight" noch ein Stück tiefer. Ganze siebeneinhalb Jahre später erscheint dieser erst, weil Hussein mit ihrer mentalen Gesundheit zu kämpfen hatte, was sie klar und offen auf dem Album kanalisiert – nicht ohne die Universalität ihrer Introspektion zu betonen und dem Publikum die Deutungshoheit über ihre Songs zu überlassen. Dementsprechend klingt auch die Musik: zugänglich, organisch und in sich ruhend, als wäre ihre Erschafferin ganz mit sich ins Reine gekommen.
"How it ends" heißt der programmatisch betitelte Opener, der es geradezu absurd erscheinen lässt, dass Husseins Musik mal unter Tags wie Dark- oder Doom-Soul lief. Positive Akkorde verdichten sich mit Streichern, Bläsern und Chor zu einem Gospel, der beim Sonntagsgebet nicht störend auffallen würde. Anders verhält es sich mit "Venus in Pisces", das die Streicher zum explosiven Refrain-Motor umfunktioniert und mit der Elektrischen ein paar dunkle Schlieren in die Luft malt – nur damit "Wandering in the wild" sein akustisches Drama mit kaum mehr als Gesang und Tasten inszenieren darf. Dieses Eröffnungs-Triple steht exemplarisch für die formale Strenge der Platte: Über alle zehn Songs hinweg wechseln sich Pianoballaden mit kräftigeren Nummern samt Rockband-Instrumentierung ab. Was beide Seiten von "Light for the midnight" eint, ist der stärkere Fokus auf dem ersten Wort des Albumtitels.
In diesem Sinne gibt es keinen Platz mehr für finstere Abgrundschauer wie Michael Gira, wobei die Nebenbesetzung mit Portisheads Adrian Utley an der Gitarre oder Streicher-Arrangements von Owen Pallett weiterhin namhaft bleibt. Dass die schon auf dem Vorgänger gezügelte Musik von Cold Specks wieder nicht ihre Bahnen verlässt und einem keine Instrumente mehr entgegenfliegen, ist keine Kritik: Im Gegenteil beeindruckt es, mit was für einer eleganten Präzision sich etwa "Cold goodbye" zum geschmackvollen Bläser-Pop formt. Einem Ausbruch am nächsten kommt das bluesig-schleppende "Lovely little bones", das die Saiten kurz krachen lässt, bevor Hussein ein paar stimmliche Purzelbäume schlägt. An anderer Stelle führt die formidable Lead-Single "Lingering ghosts" eine Klimax nach dem Lehrbuch auf, indem sie Schicht für Schicht bis zum erlösenden Finale auftürmt und unterdrückte Emotionen ans Tageslicht befördert, ohne sie überschwappen zu lassen.
Im Gegensatz zur klaustrophobischen Verzweiflung früherer Alben bestimmt somit eine transparente, gesetzte Nachdenklichkeit die Textur von "Light for the midnight", deren Wärme durch den Verzicht auf Drumcomputer und sonstige Elektronik nur noch verstärkt wird. Manche der ruhigeren Stücke wie das zentral platzierte "Endlessly" tragen diese Stimmung schlicht weiter, andere hinterlassen einen nachhaltigeren Eindruck: Vor allem das orchestral ein- und ausatmende "Cheap dreaming" sei hier genannt. Eine ähnliche Ohrwurmqualität hat nur das abschließende "Closer" mit seinem Sixties-Pop-Vibe, der Husseins neugewonnene Leichtigkeit unterstreicht. Endete "Fool's paradise" noch mit einem somalischen Gebet für die Mutter, um die eigene Herkunft mit gebührender Würde zu feiern, fordert Hussein hier ihr "babe" mantraartig dazu auf, näherzukommen. Ein nachvollziehbarer Wunsch, schließlich hat die Künstlerin selbst schon ordentlich vorgelegt.
Highlights
- Venus in Pisces
- Cold goodbye
- Lingering ghosts
Tracklist
- How it feels
- Venus in Pisces
- Wandering in the wild
- Cold goodbye
- Endlessly
- Lingering ghosts
- Cheap dreaming
- Lovely little bones
- Curse away
- Closer
Gesamtspielzeit: 35:22 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MickHead Postings: 4577 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-04-11 11:38:13 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:https://coldspecks.bandcamp.com/album/light-for-the-midnight |
Randwer Postings: 3577 Registriert seit 14.05.2014 |
2025-04-02 20:08:25 Uhr
Das zweite Quartal startet ja gut, mit Anika und Cold Specks. Vorfreude mit Spannung. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-04-02 19:47:04 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-02-06 19:16:47 Uhr - Newsbeitrag
Liebe Musiclovers,Die für den Polaris- und Juno Prize nominierte kanadische Sängerin, Songwriterin und Produzentin Cold Specks (alias Al Spx) veröffentlicht am 09. April 2025 ihr viertes Studioalbum. "Light for the Midnight" erscheint in limitierter Auflage auf Vinyl, CD und digital über Mute/[PIAS]. COLD SPECKS LIGHT FOR THE MIDNIGHT DAS VIERTE ALBUM DER KANADISCHEN MUSIKERIN AL SPX ALBUM-VÖ: 09.04.2025 MUTE/[PIAS] VORABAUSKOPPLUNG “LINGERING GHOSTS“ HIER HÖREN Das Album ist eine 10 Stücke umfassende Sammlung von sehnsüchtigen Balladen und seelenvollen Songs, in denen Al Spx mit ihrer berührenden Stimme einmal mehr weite Klangwelten channelt. Vignetten, deren Kern eine bis zur Schmerzgrenze reichende, persönliche Auseinandersetzung mit den Themen Gesundheit, Beharrlichkeit und Veränderung, letztlich: dem Überleben ist. Wir kommen darauf zurück. "Light for the Midnight" wird heute mit der Vorabauskopplung „Lingering Ghosts“ angekündigt, die Spx gemeinsam mit dem britischen Songwriter Ben Christophers (Françoise Hardy, Imogen Heap) geschrieben hat. Weitere Gäste sind Adrian Utley (Portishead) an der Gitarre, Ali Chant (Perfume Genius / Katy J Pearson) am Bass, Seb Rochford (Patti Smith / Adele) am Schlagzeug und Dan Moore am Klavier. Hier ist das Stück zu hören: "Light for the Midnight" entstand in einer schwierigen Phase im Leben von Spx. Die Arbeit begann in einer Zeit, in der Spx mit ihrer psychischen Gesundheit zu kämpfen hatte - Erfahrungen, die sich tief in die Musik eingeprägt haben. Umso wichtiger ist es ihr, zu betonen, dass ihre Songs trotz ihrer sehr persönlichen Entstehungsgeschichte eine universelle Bedeutung haben: "I definitely wanted to reflect on the last couple of years because it impacted me so much, but I also wanted the audience to walk away with this album. You know, the songs belong to them once I release them.” Das Album wurde in Toronto und Bristol aufgenommen, wobei Spx neben Adrian Utley und Ali Chant als Co-Produzent agierte. Die Streicherarrangements stammen von Owen Pallett (Taylor Swift, Lana Del Rey, Sampha), Graham Walsh (Holy Fuck) steuerte weitere musikalische Beiträge bei. Spx arbeitete außerdem mit einer Reihe hochkarätiger Co-Writer, darunter Chantal Kreviazuk (Drake, Kendrick Lamar), die an „Wandering in the Wild“ und „How it Feels“ mitschrieb (das der Guardian zuletzt als “… a bruised but unbowed piano ballad” beschrieb), Malcolm Middleton von Arab Strap, Ben Christophers (der an „Lingering Ghosts“ mitschrieb), Terry Edwards, Ed Harcourt und Jonathan Quarmby. Seit sie 2011 mit einer unvergesslichen A Capella-Performance bei „Later... with Jools Holland“ reüssierte, hat Cold Specks auf drei Alben knisternden, reduzierten Gitarrenblues, Gothic Soul, Dark Gospel und warme Elektronik veröffentlicht, die für den Polaris- und Juno Prize nominiert wurden: "I Predict A Graceful Expulsion" (2012), "Neuroplasticity" (2014) und "Fool's Paradise" (2017). Darüber hinaus hat sie mit Swans, Massive Attack und Moby zusammengearbeitet und ist beim Geburtstagskonzert von Joni Mitchell aufgetreten. "Light for the Midnight" ist ihr erstes Album seit sieben Jahren und beweist einmal mehr ihr enormes Talent als Sängerin, Songwriterin, Texterin und Produzentin. Und es zeigt Cold Specks von ihrer verletzlichsten – und kraftvollsten – Seite, indem sie die Geschichte ihres Kampfes in atemberaubende Kompositionen verwandelt und ihre größte Krise in Hoffnung transformiert. “Light for the Midnight” erscheint am 09.04.2025 auf Vinyl, CD und digital bei Mute/[PIAS]. Hier ist es vorzubestellen: https://mute.ffm.to/cold-specks-lftm Tracklisting: 01 - How it Feels 02 - Venus in Pisces 03 - Wandering in the Wild 04 - Cold Goodbye 05 - Endlessly 06 - Lingering Ghosts 07 - Cheap Dreaming 08 - Lovely Little Bones 09 - Curse Away 10 - Closer Cold Specks bei Mute: https://mute.com/artists/cold-specks/ |
MickHead Postings: 4577 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-02-06 18:42:21 Uhr
Die kanadische Singer-Songwriterin "Cold Specks" aus Toronto, kündigt für den 09.04. das 4. Studioalbum "Light For The Midnight" an. Es folgt auf "Fool's Paradies" von 2017.Genre: Soul, Trip-Hop, Gothic Rock "Lingering Ghosts" https://youtu.be/F0Q_DVr0_2I?si=kdHEPuO2e63euRKk "Wandering In The Wild" https://youtu.be/g39gwI5qSgc?si=iDVAz9WDr-4bUqdJ "How It Feels" https://youtu.be/DqIFt-IqJUw?si=ToC4jjJowJw30bMl "Light For The Midnight" bei Bandcamp: https://coldspecks.bandcamp.com/album/light-for-the-midnight |
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Referenzen
Iftan; DM Stith; Shannon Wright; Lianne La Havas; Moses Sumney; Spellling; Beth Gibbons; PJ Harvey; Mirel Wagner; Cat Power; Feist; Marissa Nadler; Nina Nastasia; Aldous Harding; Allison Russell; Basia Bulat; Michael Kiwanuka; Rhye; Lykke Li; Emeli Sandé; Lizz Wright; Arlo Parks; Nilüfer Yanya; Joy Oladokun; Tracy Chapman; The Weather Station; The Slow Show; The National; Nick Cave & The Bad Seeds; Great Lake Swimmers; Jeff Buckley; Andrew Bird; Bill Callahan; Tom Waits; Scott Walker
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