Benefits - Constant noise

Invada / Cargo
VÖ: 21.03.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Schlechte Laune, gerecht verteilt
Schon mal als "lefty woke shite" beschimpft worden? Nur, weil man gegen den Brexit und den ganzen anderen populistischen Müll ist, den einem die von rechts außen permanent unterjubeln wollen? Soll vor allem im Vereinigten Königreich vorkommen, sodass sich Benefits-Frontmann Kingsley Hall dazu gezwungen sah, T-Shirts von seiner Band mit ebendieser Beleidigung bei Konzerten zu verkaufen. Ist der Ruf erst linksversifft, wird man noch nicht zum Kassengift. Nicht nach einem Debüt wie "Nails", das sogar den legendären Steve Albini zu einem "I fucking love Benefits!" hinriss. Allen Grund dazu gab es bei dem grantelnden Pamphlet gegen sämtliche britischen Unzulänglichkeiten, das die Band zudem bis zum Rand mit infektiösen Fetzen aus Hardcore, Hip-Hop und Noise auffüllte. Und Sleaford Mods konnten sich mal freinehmen. Wovon auch immer.
Leider nutzen solche Aktionen wenig gegen gesellschaftliche Schieflagen, prekäre Daseinsverhältnisse und politische Unzumutbarkeiten, weswegen sich Benefits eigentlich auflösen wollten – hätten sie es laut Hall nicht schlicht vergessen. Zumindest so halb: 2025 bildet er mit Soundmann Robbie Major nur mehr ein Duo, doch die Wut, Bitterkeit und Angepisstheit, mit der "Constant noise" gegen alles und jeden auf der Insel stänkert, hat sich eher verdoppelt. Oder wie Benefits es ausdrücken: "We write songs about things that concern us." Dennoch ist ihr Zweitling nicht konstant krachig: Hall nimmt sich erneut auch Zeit für von stinkig bis zutiefst betrübt reichende, wortgewaltige Schimpftiraden. Und kommen im eröffnenden Titelstück oder beim beschwörenden "The brambles" dräuende Choräle ins Spiel, könnte theoretisch gar Sault-Mastermind Inflo dahinterstecken.
Doch der würde wohl dankend verzichten, wenn schon die erste Zeile "I'm looking up in awe at a mountain of shit" lautet. Später heißt es "An avalanche of twee self-gratulation for the nation" oder "No Rishi, Kier, Nigel tier politician can sit this job / We're better off with Gascoigne and his fishing rod" – und trotz Zorn macht sich bei Hall auch Resignation breit. Wütende Punk-Geschosse bleiben diesmal die Ausnahme: Nur in der teufelnden Grindcore-Eruption "Lies and fear" und beim zerspanten Freeform-Rant "Terror forever" ist kurz alles zu spät. Ansonsten verlegt sich Major neben atmosphärischen Soundflächen in den Spoken-Word-Hörbildern zusehends auf rigide Elektro-Beats, die oft eine Startrampe für Halls Vocals bilden, aber Stücke wie "Land of the tyrants" auch zum voluminösen Dance-(Miss)vergnügen aufpumpen. Willkommen im Club Verzweiflung.
Für alle, die es von früher noch vereinigter kennen, laufen dort auch die guten alten Rave-Bomben. Der famose Banger "Blame" etwa tritt mit flauschigen Synth-Tupfern die kompakte Nachfolge von Underworlds "Born slippy" an – nur dass aufgrund chronischer Abgebranntheit niemand mehr nach Lager schreit. Nicht einmal der bei "Relentless" gastierende Peter Doherty. Und dank verwurschtelter Breakbeats und geloopter Pöbelei wirken "Dancing on the tables" und das dynamische "Divide" eher, als hätten The Prodigy beim Sozialamt randaliert. Todsichere Killertracks, die für manche ungeschönte Abrechnung entschädigen. Denn nach 50 Minuten geht es zurück ins "Burnt out family home", von dem nur eine runtergerockte Orgel übrig ist. Finstere Zeiten. Wenn's schlimmer wird, hilft "Constant noise". Und sei es nur bei der schmerzlichen sozialen Inventur.
Highlights
- Land of the tyrants (feat. Zera Tønin)
- Blame
- Divide (feat. Shakk)
- Dancing on the tables
- The brambles
Tracklist
- Constant noise
- Land of the tyrants (feat. Zera Tønin)
- The victory lap
- Lies and fear
- Missiles
- Blame
- Continual
- Divide (feat. Shakk)
- Relentless (feat. Peter Doherty)
- Terror forever
- Dancing on the tables
- Everything is going to be alright
- The brambles
- Burnt out family home
Gesamtspielzeit: 50:59 min.
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MickHead Postings: 5597 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-04-22 10:16:48 Uhr
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28835 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-04-02 19:46:27 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
Sleaford Mods; Big Special; Blaney; Giant; Kae Tempest; Bad Breeding; John Cooper Clarke; Attila The Stockbroker; Porky The Poet; Crass; The Ex; The Pop Group; The Fall; Von Südenfed; Gilla Band; Ditz; Gurriers; Folly Group; Public Image Limited; Gang Of Four; Idles; Heavy Lungs; Yard Act; TV Priest; High Vis; Dry Cleaning; Billy Nomates; The Streets; Fat Dog; Working Men's Club; Demise Of Love; Bad With Phones; Bob Vylan; Fat White Family; Pissed Jeans; Future Of The Left; McLusky; Show Me The Body; Test Dept.; The Prodigy; Underworld; Young Fathers; Clipping.; Ratking; Saul Williams; Sault; Gil Scott-Heron; Black Flag; Minor Threat; Dead Kennedys; Conflict; Subhumans; Newtown Neurotics; The Clash; Bielefeld Lads
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