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My Morning Jacket - Is

My Morning Jacket- Is

PIAS / Rough Trade
VÖ: 21.03.2025

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Eine gute Séance will Weile haben

Recht düstere Blicke werfen uns Jim James und seine Bandkollegen vom Cover ihres zehnten Studioalbums zu. Ihre Hände ruhen auf einem schwarzen Rundtisch, die Szenerie wirkt aufgrund der psychedelischen Unschärfe unheimlich. My Morning Jacket, seit jeher zwischen unbeschwertem Rock und melancholischen Halbballaden pendelnd, laden auf "Is" zur Séance. Das wirft Fragen auf: Kleidet Produzent Brendan O'Brien, auf dessen Mitwirken der Promotext seinen Schwerpunkt legt, die Morgenjackenträger neu ein? Zwängt er sie in Schwarzkittel und lässt sie delirieren? Oder erklärt sich der ungewöhnliche Fokus der Promotion dadurch, dass die Songs letztlich nichts Neues zu erzählen haben?

Der Opener "Out in the open" gibt allen sich vor der Dunkelheit Fürchtenden Entwarnung: Ein Ukulele-Riff und Jim James' harmonieseliger Gesang beschwören Feuerzeugstimmung herauf, dazu hämmert Patrick Hallahan recht penetrant auf seine Bass Drum ein. Aufregend klingt das nicht, bewusstseinserweiternd sowieso nicht. Die erste Albumhälfte lässt die auf dem Cover angedeutete spiritistische Sitzung in stereotypem Indie-Rock enden. Einzig "I can hear your love" überrascht – trotz des charmanten Rumba-Keyboardsounds nicht eben positiv. Mittvierziger James säuselt Liebeslyrik, die auch so manchem Anfangzwanziger die Schamesröte ins Gesicht treiben würde. Das irritiert umso mehr aufgrund der Tatsache, dass derselbe Mann als ebensolcher Anfangzwanziger weitaus reifere (Quasi-)Lovesongs wie "They ran" veröffentlicht hat. Nun aber schmalzt er "I can hear your love" mit "Aya aya aya"-Lautmalerei in die Unerträglichkeit. Das kompakte Gitarrensolo in "Half a lifetime" und das schöne Piano-Loop in "Time waited" überzeugen, ansonsten plätschert die erste Albumhälfte vor sich hin wie die letzten Tropfen eines trockengelegten Wasserfalls und legt die Vermutung nahe, die Musiker könnten mal one big holiday vertragen – zu Unrecht!

In der zweiten Hälfte klingt die Seelenreise unter Anleitung des durchweg gute Arbeit leistenden Mediums O'Brien nicht nur ambitionierter, sondern auch wesentlich spannender. "Beginning from the ending"? Von wegen, mit besagtem Song geht's endlich richtig los! Nachdem James' unnachahmlicher Gesang nebst Gitarrenriff im besten Sinne einlullte, reißt Bo Kosters Keyboardinterlude nach drei Minuten aus der Trance und leitet über in ein fulminantes Finale. "Lemme know" kreuzt Elemente wie ein verträumtes Electro-Loop, James' an Vornamensvetter Morrison erinnerndes Crooning und Handclaps zu einem so packenden wie wunderbar unberechenbaren Dreiminüter.

Den besten Song heben sich My Morning Jacket aber bis ganz zum Schluss auf. Dass sie gut mit Flüssen harmonieren, bewiesen die Kings of Kentucky bereits vor zehn Jahren mit "Like a river". Auch "River road" lädt zum Abschluss der wechselhaften Séance aufs Floß, geleitet dank schönem Riff und weltentrücktem Gesang elegant durch den Ohio River und entlässt uns mit einem herrlichem Gitarrensolo wieder an Land – aufgrund eines Fadeouts ein wenig zu abrupt. Hätten die Americana-Helden dem Song ein monumentales Outro youngscher Live-Ausmaße gegönnt und stattdessen die inspirationslose erste Hälfte der LP gekürzt, hätten sie uns ihr bestes Album seit "The waterfall" spendiert. So sortiert sich "Is" aber im unteren Drittel ihrer Diskographie ein. Dennoch: Kein Grund, uns finster anzustarren! Wir steigen weiterhin gerne mit My Morning Jacket ins Floß – diesmal eben erst am zweiten Steg.

(Dennis Rieger)

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Highlights

  • Beginning from the ending
  • Lemme know
  • River road

Tracklist

  1. Out in the open
  2. Half a lifetime
  3. Everyday magic
  4. I can hear your love
  5. Time waited
  6. Beginning from the ending
  7. Lemme know
  8. Squid ink
  9. Die for it
  10. River road

Gesamtspielzeit: 39:00 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

hesmovedon

Postings: 91

Registriert seit 20.10.2019

2025-04-18 18:02:45 Uhr
Bin mittlerweile auch bei 7/10, immerhin ist es großteils gute Pop-Musik.
Highlights: "Time Waited", "Squid Ink", "Die For It", "River Road"
Nur "I can hear your love" muss nicht sein, ist schon eher im Schlagergenre beheimatet.

Takenot.tk

Postings: 2189

Registriert seit 13.06.2013

2025-04-07 11:58:25 Uhr
Das gehe ich so mit (obwohl ich die Band sehr wohl auch vorher schon gehört habe), fand die ersten Durchgänge durchaus angenehm, und abzüglich von zwei, drei Skipp-Kandidaten macht mir das eigentlich schon Spaß. Sicher nicht ihr bestes, aber bei einer soliden 7/10 sehe ich das auch bisher.

HerrH.

Postings: 124

Registriert seit 04.02.2021

2025-04-07 10:02:54 Uhr
Ob's daran liegt, dass ich vorher noch nix von denen gehört hab?
Ich höre es mittlerweile ziemlich gerne (auch wenn ich ein/zwei mal skippen muss) und lande aktuell bei einer "7"...

hesmovedon

Postings: 91

Registriert seit 20.10.2019

2025-04-04 07:03:04 Uhr
Leider keine Begeisterung nach einem Durchgang, und auch kein Grower nach 2 Wochen. Zuviel Pop, zuwenig bzw. kein Rock/Prog. Ob daran der Produzent mit Schuld ist, lässt sich schwer sagen.
Wahrscheinlich das schwächste MMJ-Album. Ich gebe trotzdem 6/10

OMalley

Postings: 986

Registriert seit 16.01.2022

2025-04-03 21:19:51 Uhr
Find die Bewertung noch zu positiv. Schmalzige Melodien, leichte Musik, man hört MMJ heraus, aber wie kann eine Band so langweilige Musik machen?

Ich bin ein großer Freund der "härteren" Sachen ("off the record, run thru, dondante, one big holiday"), mach aber auch Sachen wie "victory dance, smokin from shooting, touch me i`m going to scream". Da gab es auch mit weniger Härte etwas zu entdecken.

Ähnlich wie bei der Band of Horses, kommen nur noch glattpolierte, schmalzige Alben ohne jegliche Höhepunkte.
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