Moreish Idols - All in the game

Speedy Wunderground / PIAS / Rough Trade
VÖ: 07.03.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Es gibt keinen Löffel
Wer die Serie "The wire" gesehen hat, dürfte beim Titel des Debütalbums der britischen Band Moreish Idols sofort die Stimme von Omar Little im Kopf haben. Der Satz, der die Perversion des Ringens um Macht in allen Gesellschaftsschichten pointiert beschreibt, eignet sich auch gut als Vehikel, um sich der Musik des Quintetts zu nähern. Denn wenn man ihn wörtlich versteht, wird er zur Tagline eines erstaunlichen Werks. Wer bei Squid Krampfanfälle bekommt, weil Ollie Judge mal wieder wie ein Otter mit Schleudertrauma quietscht, aber sich dennoch nach Kunstkacke mit Charme sehnt, könnte bei Moreish Idols fündig werden. Irgendwo zwischen Art-Rock, Psychedelia und Kiffgras-Plantage baut sich die Band ihr ureigenes Wolkenkuckucksheim und vergisst dabei glücklicherweise nicht die Inneneinrichtung.
Im Geiste des Slackertums entstehen so wunderliche Songs, die sich auch nach mehrmaligem Konsum gekonnt dem Bewusstsein entziehen. Irgendetwas schlingert immer, das Ride-Becken dengelt und ganz weit draußen hustet das Saxophon den Jazz in den Äther. So ist etwa "Dream pixel" ein ganz und gar eigenartiges Stück Musik, dessen stetiger Groove die Grundlage für Noise-Experimente liefert, während in den Zwischenräumen ein ganz normaler Popsong stattfindet. Anders gesagt: Das hier klingt, als hätte jemand John Lennon mit einem defekten Autoscooter gekreuzt. Die Grundstimmung des Albums ist jedoch weit weniger experimentell. Dominiert wird der Sound von warmen Gitarrenklängen, die im Zusammenwirken mit der feinen Rhythmusarbeit und dem nonchalanten Gesang große Faszination erzeugt.
"Railway" erinnert mit seinem vertrackten Arrangement zu Beginn an The Smile, bevor die Stimmung langsam, aber unaufhaltsam ins Fatalistische kippt. Besonders die sich im Refrain überlagernden Gitarren und Synthesizer wissen zu überzeugen. Gegen Ende wird der Gesang mehrstimmig, wobei Tom Kellett und Jude Lilley mit ihrem Understatement stellenweise sogar wie ein gewisser Markus Acher klingen. Nicht die schlechteste Referenz. Das hohe Niveau hält sich über die gesamte Spielzeit, weshalb es es schwerfällt, weitere Highlights zu benennen. Das akustische "Sundog" gehört sicher dazu, da hier nicht die Komplexität, sondern die Stimmung im Vordergrund steht. Neudeutsch würde man wahrscheinlich Vibe sagen, aber wer spricht schon Neudeutsch. Ebenfalls cool: das verschepperte "Pale blue dot", bei dem sich die Band alle Mühe gibt, nicht betroffen zu klingen.
Dabei gäbe es viele Gründe, betroffen zu sein. Die Gesamtlage, Sie wissen schon. Vielleicht ist gerade deshalb der Ansatz, den Moreish Idols wählen, so spannend. Während viele andere Bands sich im Gewirr der immer lauter schreienden Stimmen verlieren, besinnen sich die Engländer ganz auf sich selbst. Und so ruht ihre Musik im Selbstverständnis, genau das zu machen, worauf sie Lust haben. Man hört ihr diese innere Ruhe an. Wenn das grandiose "Slouch" sukzessive Fahrt aufnimmt, bevor es schließlich entgleist, stellt sich unweigerlich das Gefühl ein, Zeuge eines Anfangs zu sein. Ob ihm ein Zauber innewohnt, kann zum jetzigen Zeitpunkt natürlich keiner wissen. Aber wer an Zauberei glaubt, verbiegt wahrscheinlich mehr als nur Löffel.
Highlights
- Railway
- Pale blue dot
- Slouch
- Dream pixel
Tracklist
- Ambergrin
- Railway
- All in the game
- Sundog
- Pale blue dot
- Acid
- Slouch
- Out of sight
- Tiny flies
- Dream pixel
- Time's wasting
Gesamtspielzeit: 38:35 min.
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28503 Registriert seit 08.01.2012 |
2025-03-26 20:24:59 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
MickHead Postings: 4701 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-03-08 12:51:57 Uhr
Komplette Playlist bei YouTube:https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_kNKqEB1bjycMn13Njmg45GTGKqA8iDum8 MusikBlog: https://www.musikblog.de/2025/03/moreish-idols-all-in-the-game/ |
myx Postings: 5514 Registriert seit 16.10.2016 |
2025-03-04 22:15:09 Uhr
Gute drei Singles, steht auch auf meinem Weekend-Menüplan. |
MickHead Postings: 4701 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-01-16 10:50:20 Uhr
Die britische Psych-Pop Band "Moreish Idols" aus Falmouth, Cornwall, kündigt für den 07.03. das Debütalbum "All In The Game" an.3 Songs bisher geteilt: "Dream Pixel" https://www.youtube.com/watch?v=XtayglkZyVg "Slouch" https://www.youtube.com/watch?v=Poq_Ym1pqlA "Pale Blue Dot" https://www.youtube.com/watch?v=5ZTOqWNoapI "Mobile Phone" (Single 2019) https://www.youtube.com/watch?v=pFUHS09PN-s Tracklist: 1. Ambergrin 2. Railway 3. All In The Game 4. Sundog 5. Pale Blue Dot 6. ACID 7. Slouch 8. Out of Sight 9. Tiny Flies 10. Dream Pixel 11. Time’s Wasting |
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Referenzen
Rats On Rafts; FACS; Andy Bell; Ride; Keg; Gus Englehorn; Melin Melyn; Phish; Pavement; Blur; The Acid; The Notwist; The Young Knives; The Beta Band; Squid; Atoms For Peace; Ugly; Yo La Tengo; Fontaines D.C.; The Laughing Chimes; The Tubs; Freckle; Bambara; All Seeing Dolls; Prism Shores; Adwaith; Index For Working Musik; Mandrake Handshake; Clutter; Hachiku; Brown Spirits; Circuit Des Yeux; Pit Pony; Ripship; Courting; Pencil; Floral Image; Frog Eyes; The Smile; Radiohead; Kestrels; Open Head; Vulture Feather; Divorce; Delivery; Glitterpaard; MJ Lenderman; Mercury Rev
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- Moreish Idols - All In The Game (4 Beiträge / Letzter am 26.03.2025 - 20:24 Uhr)