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Great Grandpa - Patience, moonbeam

Great Grandpa- Patience, moonbeam

Run For Cover / Cargo
VÖ: 28.03.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Young adult friction

Wer seine Band Great Grandpa nennt, ist womöglich prädestiniert dafür, besonders schnell erwachsen zu werden. Dennoch ist die Entwicklung der Band aus Seattle erstaunlich. Bereits das meisterhafte "Four of arrows" relativierte den stürmischen Indie-Grunge des Debüts "Plastic cough" mit einem Fokus auf Zweifel und Unsicherheiten. Das dritte Album "Patience, moonbeam" setzt nun noch mehr auf Zurückhaltung und lässt es völlig unwirklich erscheinen, dass sich der Sound des Fünfers mal mit "-Punk"-Suffixen beschreiben ließ. Nicht die einzige hörbare Veränderung: Die Stimme von Frontperson Al Menne klingt im Zuge einer Transition ebenfalls in vielen Songs anders als gewohnt. Doch dass "anders" nicht gleichbedeutend mit "schlecht" sein muss, beweisen Great Grandpa eindrucksvoll. Unter stärkerem konzeptionellen Einbezug aller Bandmitglieder prägt "Patience, moonbeam" eine stimmliche und kompositorische Vielfalt, die durch einige hymnische und zärtliche Momente auch emotional ihr Ziel nicht verfehlt.

Exemplarisch dafür steht direkt der Quasi-Opener "Never rest". Nach einem fragilen Beginn, in dem sich Streicher und Akustiksaiten ineinanderweben, setzt der Rhythmus ein und schleppt den Song über harmonische Zuspitzungen hinweg bis zu einem kathartischen Stromgitarren-Finale. "Every pain has its thrills", in der Tat. "Junior" nutzt im Anschluss ein Country-nahes Klangbild mit Banjo und Slide-Gitarre, um von einem ländlichen Unruhestifter zu erzählen: "Lucy, grab that damn dog / Come inside / The Thompsons won't be happy / Their pig's lost an eye / He crossed that property line." Einen Ausbruch gibt's diesmal nicht, dafür einen umwerfenden mehrstimmigen Refrain und eine Bridge, die mit wieder toll arrangierten Streichern einen Sog bildet. Bei diesem starken Albumstart lässt es sich einfach verzeihen, wenn das folgende "Emma" in aller Subtilität die Hooks vergisst.

Auch "Top gun" fühlt alles andere als den need for speed, wenn es mit geplatzten Träumen Frieden schließt: "Wishes wash themselves away / White knuckle phases, hardened stasis / It's okay." Doch Great Grandpa können es noch immer ganz anders. "Doom" evoziert mit verschlungenen Gitarren zunächst Radiohead, lässt sich dann von Metal-artigen Riffs wegspülen, baut sich neu auf und strudelt im Endlos-Mantra davon. Darunter ringt Menne kaum hörbar mit den eigenen Widersprüchen: "Ah, I wish I could track a way it feels / I said, I never wished I could track a way it feels." Es passt zu dieser Ambiguität, dass "Patience, moonbeam" trotz seines Status als ruhigste Platte der Band ihre härtesten Ausbrüche und auffallendsten Experimente auffährt. Zu letzterer Kategorie gehören die psychedelisch verzierte Trip-Hop-Annäherung "Ephemera" sowie "Ladybug", das mit Pop-Beat und Stadion-Chören kokettiert, strukturell aber seinen eigenen Kopf behält.

"Patience, moonbeam" entstand in einer Zeit, in der sich Great Grandpa ein wenig auseinandergelebt hatten. Der Abstand voneinander führte letztlich aber nur dazu, dass das Band zwischen ihnen noch fester und das Album noch mehr zum Gemeinschaftswerk als seine Vorgänger wurde. "Task" besingt die Reunion, lässt in seinem Verlauf alle Mitglieder ans Mikro und macht überhaupt keinen Hehl aus der Sonne, die ihnen aus dem Allerwertesten scheint: "It's like there's only the sun / All the darkness here is gone / It's the perfect kind of song / It's the love that's turning on." Dem kleinen Hiatus zollen sie mit dem Closer "Kid" Tribut, dem einzigen Song, der es aus den Sessions zu einem Anfang 2021 verworfenen Album auf "Patience, moonbeam" geschafft hat. Es ist die Great-Grandpa-Version von Prog mit Tempowechseln, Mini-Solo und himmlischen Melodien, was das Interesse daran weckt, wie wohl die Ausformulierung dieses kreativen Pfads geklungen hätte. Doch zunächst bleibt die Freude darüber bestehen, dass Erwachsenwerden nicht immer mit Entfremdung einhergeht.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Never rest
  • Junior
  • Doom
  • Kid

Tracklist

  1. Sleep
  2. Never rest
  3. Junior
  4. Emma
  5. Ladybug
  6. Kiss the dice
  7. Doom
  8. Task
  9. Top gun
  10. Patience, moonbeam
  11. Ephemera
  12. Kid

Gesamtspielzeit: 38:12 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Yndi

Postings: 383

Registriert seit 23.01.2017

2025-04-04 07:33:50 Uhr
Ladybug ist Wahnsinn. Der Rest hat mich bisher leider nicht annähernd so abgeholt wie Four of Arrows, das mittlerweile zu meinen am meisten gehörten Alben aus 2019 gehören sollte. Das Songwriting ist nicht so tight, die Vocals find ich nicht mehr so ausdrucksstark. Mal sehen, ob es noch wächst. Trotzdem natürlich mindestens gut.

saihttam

Postings: 2624

Registriert seit 15.06.2013

2025-04-03 23:54:05 Uhr
Sehr schöner erster Durchgang!

MickHead

Postings: 4568

Registriert seit 21.01.2024

2025-03-28 13:15:42 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://greatgrandpa.bandcamp.com/album/patience-moonbeam

Stereogum: Album Of The Week

https://www.stereogum.com/2301330/album-of-the-week-great-grandpa-patience-moonbeam/reviews/album-of-the-week/

MickHead

Postings: 4568

Registriert seit 21.01.2024

2025-03-24 17:28:57 Uhr
Letzter Song vor dem Release "Never Rest"

https://youtu.be/EqpFhNHkFEo?si=v05qPokqmjLah4Ug

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28471

Registriert seit 08.01.2012

2025-03-19 19:35:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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