Buntspecht - Konstrukt 5

Phat Penguin / H'art
VÖ: 14.03.2025
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Zwei Seelen
Zugegeben: Das Verfassen dieser Rezension hat den Autor in die eine oder andere mittelschwere Krise gestürzt. Denn selten wohnten dermaßen viele einander laut widersprechende Seelen in seiner Brust. Weil die musikalische und textliche Qualität auf "Konstrukt 5" eine dermaßen harte Achterbahnfahrt hinlegt, dass einem hinterher richtiggehend schummrig wird. Versuchen wir's erst mal mit einer möglichst unvoreingenommenen Annäherung an die österreichische Band Buntspecht. Angesichts der diversen Stammmitglieder und Gäste kann hier schon fast von einem kleinen Musikerkollektiv gesprochen werden. Die Formation, die nächstes Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, hat sich – und das steht außer Zweifel – eine respektable Fangemeinde ermusiziert, die insbesondere die energiegeladenen und abwechslungsreichen Live-Auftritte goutiert. Und ja, man kann sich auch beim neuen Album bestens vorstellen, dass hier vor Publikum nicht nur ein Konzert, sondern eine absolut zünftige Party geboten wird. Und nicht nur das, sondern auch ein ebenso zünftiger Mix aus ganz unterschiedlichen musikalischen Einflüssen: von Balkan-Pop über Klezmer und Bossanova bis hin zu Folk und Reminiszenzen an klassische Wiener Chansonnerie mit reichlich Schmäh, Humor und (Selbst-)Ironie.
Der Spaß an der Freud überträgt sich dann auch gerade zu Beginn des Albums nahtlos auf den Hörer: Der Opener "Im Fluss" überzeugt durch quietschbunte Instrumentierung und gekonnten Songaufbau. Los geht's mit Vintage-Standklavier und reduziertem Schlagzeug, später kommen leicht bekiffte Querflöten-Samples, Big-Band-Einsprengsel und sogar ein paar Harfentöne dazu. Auch der Text macht gute Laune. Auf ähnlich hohem Niveau bewegen sich auch die Folgestücke: "Way down alley" bietet raffiniertes Gitarrenspiel, groovende Drums, aber auch das außerordendlich dynamisch-singende Bassspiel von Jakob Lang sowie gekonnte Bläsereinlagen von Roman Geßler. "So viel zu sehen" macht vor allem wegen des glockigen Fender Rhodes und den irisierenden Backing-Vocals Spaß. Ab dann wird es aber leider zunehmend schwierig: Je weiter das Album voranschreitet, desto mehr fühlt man bei den Haupt-Vocals ein gewisses Störgefühl, denn das gewollt laszive Verschleppen von Silben in Verbindung mit bewusst heiser-krächzender Intonation (Fachbegriff, wer es googlen möchte: "Vocal Fry") entlarvt sich dann doch als One Trick Pony.
Und nicht nur das: Auch kompositorisch kann die zweite Albumhälfte mit der ersten nicht mehr wirklich mithalten. Zwar merkt und hört man, dass hier durchweg Vollblutmusiker am Werk sind, die ihre Instrumente sehr gut beherrschen und auch echten Spaß am Gerät haben, aber: Vieles wirkt zu fragmentarisch. Man kann sich vielleicht noch an der gut gemachten Drum'n'Bass-Ästhetik im zweiten Teil von "Die Stadt" hochziehen, ansonsten wirken gerade Tracks wie "My oh my" oder "Sexy Fieber" bestenfalls skizzenhaft. Und warum man den Track "Reprise" unbedingt ins Album reinheben musste, erscheint als insgesamt größtes Rätsel dieses Albums, klingt es doch eher nach einer reichlich entglittenen, hart an der Katzenmusik entlangschrammenden Jamsession im schrabbeligen Youth Hostel morgens um halb drei. Kurz und gut: Sollte sich die Gelegenheit zum einem Live-Gig von Buntspecht ergeben, würde der Rezensent definitiv hingehen und mit ziemlicher Sicherheit einen guten Abend haben. Auf Konserve, zumindest auf dieser, hat's ihn dann doch nicht so ganz gepackt.
Highlights
- Im Fluss
- Way down alley
- So viel zu sehen
Tracklist
- Im Fluss
- Way down alley
- So viel zu sehn
- Verfolgungsjagd
- Die Stadt
- My oh my
- Wenn du jetzt gehst
- Party im Schnitzelhaus
- Reprise1
- Sexy Fieber
- Vom Kopf der Hut
- Was hält Dich hier
Gesamtspielzeit: 42:38 min.
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