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John Glacier - Like a ribbon

John Glacier- Like a ribbon

Young / Beggars / Rough Trade
VÖ: 14.02.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Eiskalte Wärme

Es gibt sie noch, diese richtig interessanten Persönlichkeiten, die dann auch noch einzigartig rappen und produzieren können. John Glacier ist nicht ihr richtiger Name, laut Eigenangaben heißt sie "No" und ist 20.000 Jahre alt, es gibt auch (noch) keinen Wikipedia-Eintrag zur (dort ja eh nicht immer validen) Gegenprüfung. Immerhin wissen wir, dass John Jamaikanische Wurzeln hat, aus London kommt und mit "Like a ribbon" ein großartiges Debütalbum erschaffen hat, welches ihr Pseudonym lange in Erinnerung halten wird. Der Sound bleibt durchgängig schwer zu fassen, doch fühlt sich so stimmig an, als ob UK-Garage, Grime und Electronica schon immer mit zusammengehört hätten. Dazwischen immer wieder mystische Samples und (E-)Gitarren, schlussendlich veredelt durch Glaciers Ausnahmestimme, die sie in einem schnörkellosen, manchmal hypnotisierenden Flow gleiten lässt.

Im Zentrum der Platte stehen ihre Singles, vor allem "Money shows", auch wenn der Anteil der ebenso wunderbaren Alexandra "Eartheater" Drewchin dabei fast untergeht. Doch der Track über saisonale Regeneration punktet am meisten durch die matten Vocals, an denen entlang sich ein einzelnes Gitarrenriff langsam steigert und in einem Shoegaze-angehauchten Finale kulminiert. Der Gegensatz zur anderen Single "Found" verdeutlicht den Reichtum an Facetten dieses Albums, welches hier den wohl fragilsten, gleichzeitig am meisten wie EDM oder Trillwave wirkenden Moment erreicht. Diese zarten Klangwelten können sich, ungeachtet von Pausen oder Timing, ohne Vorwarnung zu einer abstrakten Witch-House-Kulisse wandeln, so wie bei "Emotions", das mit "You best believe it, I'm the hottest in the game" oder "I'm as cold as the ice / When I don't feel it" die passenden Lines zur stilbrechenden, zügellosen Gesamtstimmung liefert. Sogar noch besser gelingt das mit "Don't cover me" und "Ocean steppin'", das mit Sampha von allen Männerstimmen dieser Welt die wohl geeignetste für diese Platte gefunden hat.

Wenn das Album jetzt noch etwas länger wäre, würde der Closer "Heavens sent" im Vergleich zu den zehn anderen Tracks wahrscheinlich auch nicht so hinterhergeschoben wirken. Vielleicht soll aber auch gerade dieses subtile, aufs Nötigste beschränkte Vorgehen solch faszinierende Tracks wie "Home" noch mehr hervorheben. Die Instrumentals klingen roh, etwas schleppender als der Rest, kennt man noch von Dudes wie Lil Peep oder Lil Tracy, aber das hier ist einfach anders. Glacier klingt einladend und bedrohlich, traurig und erhaben zugleich, doch die genuschelten Lyrics darüber, zu beschützen, jemanden zu respektieren und zu wärmen, wirken so genial gegensätzlich, dass es irgendwie sehr viel Sinn ergibt. Das ist es halt, was John Glacier und dieses Album so schwer greifbar, aber gleichzeitig zum Unikat machen. Um noch ein Beispiel zu nennen, "Nevasure" ist eigentlich ebenso wenig aufbauend, schafft es aber, ein hoffnungsvolles Gefühl zu hinterlassen, nicht nur ob der genialen Musik. Und das zieht sich durch diese Platte, eine Art DIY-Soundtrack für alle, deren Coolness in der Verletzlichkeit liegt, Widersprüche zur Stärke machen wollen, oder sich einfach noch an "Grindie"-Musik erinnern.

(Maximilian Baran)

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Highlights

  • Money shows (feat. Eartheater)
  • Nevasure
  • Found
  • Home

Tracklist

  1. Satellites
  2. Don't cover me
  3. Money shows (feat. Eartheater)
  4. Emotions
  5. Nevasure
  6. Steady as I am
  7. Found
  8. Home
  9. Ocean steppin' (feat. Sampha)
  10. Dancing in the rain
  11. Heavens sent

Gesamtspielzeit: 30:13 min.

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User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20165

Registriert seit 10.09.2013

2025-03-13 19:12:18 Uhr
"Home" ist ein Wahnsinnssong. Generell ein tolles Album, verdient mehr Aufmerksamkeit.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28276

Registriert seit 08.01.2012

2025-03-12 13:12:47 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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