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Panda Bear - Sinister grift

Panda Bear- Sinister grift

Domino / GoodToGo
VÖ: 28.02.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Sunset-Pop

Seit jeher scheinen die Klangtüfteleien des Noah Lennox primär von Solarenergie angetrieben zu sein. Ob in den Soloprojekten als Panda Bear oder mit den ikonisch gewordenen Indie-Experimentatoren des Animal Collective: Vielen seiner besten Ideen steht der Schweiß eines langen Sommertages auf der Stirn. Sie prägen sich aber eben gerade nicht als Abziehbilder eines allzu einfachen Idylls ein, sondern kennen die anderen Seiten der Hitze, den Sonnenstich, das schummrige Gefühl in den Gliedern, die länger werdenden Schatten. "Sinister grift" verweist nun schon im Titel auf düstere Machenschaften und ist zugleich von einer Klarheit gekennzeichnet, die Panda Bear selten so direkt angesteuert hat. Ein kurzer Trommelwirbel und ein Ein-Akkord-Riff treiben "Praise" an, dann breiten sich Lennox' so prägnante Gesangsmelodien darüber aus, schweben vielstimmig. Für einen kurzen Moment wirkt es, als habe Lennox nach aller Polyrhythmik und Dekonstruktion nun endgültig den Weg gefunden zum ungebrochenen Sunshine-Pop der 60er-Jahre. Doch die vielfach wiederholten "again"s taumeln auf eine Traurigkeit zu: "I'm waiting 'cause my makeup tells me to", bekennt er und ergänzt fröstelnd: "It chills me to the bone, you see." Darunter lauert wieder einmal etwas anderes.

"Sinister grift" zehrt von einer doppelten Struktur. Zum einen ist es tatsächlich das vielleicht eingängigste Album seiner bisherigen Musiklaufbahn geworden, auf dem zudem alle Mitglieder von Animal Collective vertreten sind und gemeinsam eine Rückkehr zum Einfachen beschwören. Voller Grundvertrauen in den Einfallsreichtum seiner Melodien schenkt Lennox ihnen Raum zur Entfaltung, das Signum eines reifen Songwriters. Andererseits kennt diese Unmittelbarkeit erneut nicht nur Sonnenschein. Schon das nächtliche Echo auf der Gitarre von "Anywhere but here" lädt zu einem bezaubernden Duett aus kristallinen Gesangsharmonien und von seiner Frau Nadja eingesprochenen portugiesischen Spoken-Word-Gedichten. "I guess I'll wait until the voices inside my mind / Are out of time", seufzt Lennox und sucht nach einer Zeit, die dem inneren Ort gemäß wäre. Ging es da nicht schon Brian Wilson ähnlich? Die sachten Dub-Rhythmen von "50mg" wirken wie ein Kontrastmittel zur Überdosis und das freundliche "Ends meet" entpuppt sich mit seinen dezenten Soundverfremdungen als Kontemplation über den Tod.

Selbstverständlich lässt Lennox seine virtuos kultivierte Spielfreude diesmal nicht außen vor, bloß wird sie nie zum alleinigen Protagonisten. "Venom's in" produziert seine Gitarre wie einen Diamanten, dessen Reflektionen man je nach Lichteinfall studiert, ein Beispiel für die deutlich ruhigere Atmosphäre der zweiten Albumhälfte. Die leitet schon das komplexe "Ferry lady" ein, das zunächst auf einer an den The-Clash-Klassiker "Ruby don't fail" erinnernden Basslinie schunkelt. Dann besiedeln Synthie-Flächen den Song und verdichten sich zu kleinen Noise-Wolken. Lennox schlägt den Kragen hoch im Angesicht dessen, was da kommt: "Stiff wind on the street / Pull my jacket in."

Den Abschluss bilden drei echte Highlights: "Left in the cold" lässt seinen ätherischen Psych-Folk durch Bilder der Vergänglichkeit und Einsamkeit wabern und kündigt das sechsminütige "Elegy for Noah Lou" an. Beinahe frei von perkussiven Elementen schält sich dessen brodelnde Melodie aus ungreifbaren kosmischen Sounds, Pluckern und Wasserrauschen heraus; Lennox besingt allerhand Abschiede: "When the season's gone / Looking for land to land on / When the day has broke / Looking for words never spoke." Im Closer "Defense" – gleichzeitig die erste Single – trifft ein erstaunlich stampfender Beat auf die fragilen Gitarrenfiguren der gastierenden Cindy Lee, die später die poppige Anmutung mit einem markanten Solo durchschneidet. Die Sonne kehrt also letztlich zurück ins schillernde Songwriting Panda Bears, wenn beide ihre eigenen Formen des Erinnerns miteinander aushandeln. Doch ist es diesmal eine, deren Abendrot alles ein Stück transparenter macht als das gleißende Mittagslicht.

(Viktor Fritzenkötter)

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Highlights

  • Praise
  • Anywhere but here
  • Elegy for Noah Lou
  • Defense

Tracklist

  1. Praise
  2. Anywhere but here
  3. 50mg
  4. Ends meet
  5. Just as well
  6. Ferry lady
  7. Venom's in
  8. Left in the cold
  9. Elegy for Noah Lou
  10. Defense

Gesamtspielzeit: 44:44 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Ituri

Postings: 441

Registriert seit 13.06.2013

2025-03-13 10:00:12 Uhr
Okay. Rein gehört. Beach Boys Anleihen tatsächlich absolut zu verstehen. Top! Dann kommt der vorletzte Song. Oha, krasse Stimme plötzlich und alles passt. Danach die Offenbarung. Wie genial ist bitte der Song "Defense". Der hat alles wonach ich nie gesucht, aber gebracht habe. Rhythmus, Stimme, chillige Atmosphäre, Geknödel mittendrin... Fantastisch. Bester Song in diesem Jahr für mich. Und das Feature Cindy Lee... Sind das nicht die mit dem mega langen Album? Da muss ich nun aus nächstes rein hören.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28276

Registriert seit 08.01.2012

2025-03-12 13:13:52 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


MickHead

Postings: 4116

Registriert seit 21.01.2024

2025-02-28 12:33:58 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://pandabearmusic.bandcamp.com/album/sinister-grift

Musikexpress 5/6

https://www.musikexpress.de/reviews/panda-bear-sinister-grift/

Rolling Stone 4/5

https://www.rollingstone.de/reviews/panda-bear-sinister-grift/

MickHead

Postings: 4116

Registriert seit 21.01.2024

2025-02-06 17:38:54 Uhr
3. Song "Ends Meet"

https://youtu.be/Qdz8ZSzdwdw?si=doWqvH5bI3QoPZAx

MickHead

Postings: 4116

Registriert seit 21.01.2024

2025-01-06 19:47:04 Uhr
Neuer Song "Ferry Lady"

https://youtu.be/g0uc3Ag2yXM?si=_26k3wc8vx-3uSR-
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