Marble Sounds - Core memory

Mayway / H'Art
VÖ: 07.03.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Free hugs
Marble Sounds machen jetzt Synthpop. Das hat sich bereits auf dem selbstbetitelten Album in Form von Vocoder-Einsätzen zart angedeutet, aber so sehr wie die Band um Pieter van Dessel hier die verdrahteten Tasten haut, ist es doch eine verhältnismäßig radikale Soundwandlung, welche die Belgier auf ihrem sechsten Studioalbum "Core memory" vollziehen. Und trotzdem bleibt die Warmherzigkeit dahinter gleich, was Opener und Vorabsingle "An emotional high" gewissermaßen versichert. Denn van Dessels Melodien sind immer noch vorhanden und dieser Song hat wieder eine ganz besonders schöne abbekommen – völlig egal, ob nun Gitarren durchschweben oder elektronische Klänge darüber brutzeln wie belgische Fritten. "Hear me talking" schickt gleich einen härteren, zwischen den Stereokanälen hyperaktiven Beat hinterher, der den als Duett konzipierten Track nach vorne pusht. "Every fool can leave a mark inside a wise man's head" ist aber eben doch so eine typische Marble-Sounds-Line: immer etwas offensichtlich, aber mit großem Herzen bei der Sache.
Die Synths sind also kein Problem, vielmehr treiben sie einen Song wie "Not all is in vain" in komplett neues Territorium für die Band. Van Dessel sprechsingt sich durch die Bleeps und Bloops und überlässt das Stück am Ende sich selbst, auf dass sein Stampfbeat ein fantastisch tanzbares Outro finde. Tatsächlich sind die Tracks mit den stumpfesten Four-to-the-Floor-Ansätzen die effektivsten auf "Core memory", weil sie dem bekannten Songwriting-Ansatz in die Quere kommen und die Band weiterbringen. Bei "Catch it alive" mag man anhand des Klaviereinsatzes sogar noch ein Jahrzehnt zurückgehen und an ABBA denken. So hätten sich Coldplay wohl gerne in den 2010er-Jahren neu erfunden, hätten sie dabei nicht ihre ursprünglichen Basics vergessen. Natürlich funktionert der neue Sound auch als wohlige Decke wie in "If you would prove me wrong now" oder auch als triste Tapete in "Said so", das mit dem Beat beinahe ein Hip-Hop-Feeling erzeugt. "Sometimes it feels like the stakes are too high / And too many times I've been thinking twice." Klar, eine so glanzvolle Diskografie wird immer über einer neuen Platte hängen.
Trotzdem funktionieren auch die klassischeren Marble-Sounds-Songs, selbst mit leicht veränderter Schlagseite. "Nothing to get over" hat etwa "The advice to travel light"-Outtake-Qualität, was absolut ein Lob ist, wenn man bedenkt, wie gut jene Outtake-EP "Traces" war. Lediglich "Keep this air inside of me" mag nicht nur mit seinem Titel spätpubertäre Hirne zu blödem Kichern verleiten – es geht darum, im richtigen Moment die Klappe zu halten, Leute! –, sondern streitet sich mit seinem dezent nöligen Refrain zumindest mit dem Non-Album-Track "The sound of boots" um den Titel des bisher schwächsten Marble-Sounds-Songs. Doch "Core memory" bleibt trotz allem stabil, bringt mit "Give or take a few" eine klassische, nachtschwärmerische Ballade sicher ans Ziel und wagt mit "A place to call mine" den Sprung von zartem Herantasten hin zu ausgebreiteten Armen im Refrain, und man möchte van Dessel ein weiteres Mal als Antwort um den Hals fallen vor so viel Glücksseligkeit, die auch diese neuen Songs verströmen. Bleibt alles anders? Wird alles genauso.
Highlights
- An emotional high
- Hear me talking
- Not all is in vain
- Catch it alive
Tracklist
- An emotional high
- Hear me talking
- If you would prove me wrong now
- Give or take a few
- Nothing to get over
- Not all is in vain
- Keep this air inside of me
- Catch it alive
- Said so
- A place to call mine
Gesamtspielzeit: 40:26 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Beefy Postings: 508 Registriert seit 16.03.2015 |
2025-03-26 14:19:05 Uhr
Kann Hierkannmanparkens Aussage komplett nachvollziehen. Mir gefallen die Songs grundsätzlich, irgendwie fehlt mir aber das Intime von den früheren Alben. |
Hierkannmanparken Postings: 2011 Registriert seit 22.10.2021 |
2025-03-26 13:22:19 Uhr
"Die Synths sind also kein Problem, vielmehr treiben sie einen Song wie "Not all is in vain" in komplett neues Territorium für die Band."Das ist tatsächlich auch mein Highlight der Platte. Sonst wollen Marble Sounds und diese Disco-Ästhetik, die ich eher mit Hedonismus in Verbindung bringe, für mich noch nicht so recht zusammenpassen. |
BunteKuh Postings: 236 Registriert seit 17.07.2022 |
2025-03-13 22:06:06 Uhr
Also das ist mein Album der Woche (des Monats?). Es ist wirklich sehr sehr schön. Kein Ausfall dabei.8,5/10. Muss die Band auf jeden Fall noch mehr kennen lernen. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10492 Registriert seit 26.02.2016 |
2025-03-09 11:03:34 Uhr
Rezi korrigiert: Die EP mit den "Advice"-Outtakes hieß "Traces", "Recast" war die andere EP mit Songs aus der Zeit vor dem Album. |
Pivo Postings: 1418 Registriert seit 29.05.2017 |
2025-03-09 10:36:40 Uhr
Trotz mehr Elektronik geht es komplett als marble sounds Album durch. Wie immer liefern die Belgier tolle einzelsongs ab, was das Album extrem kurzweilig werden lässt. Die Seele behalten, und gleichzeitig den Sound erweitert. So geht Weiterentwicklung bei der man die Fans behält.Nachdem schon vorab wieder die Hälfte der Songs bekannt waren, blieben wenig neue Entdeckungen bei den bis dato noch unbekannten Songs. Die besten Songs waren also schon bekannt gewesen..... Das finde ich immer etwas schade..... Einzig der closer hat die tollen Songs noch erweitert.... Daher gehe ich mit einer sehr guten 7/10 locker mit. |
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Referenzen
Coldplay; The National; The Slow Show; The Bronze Medal; Sufjan Stevens; The Weakerthans; Elbow; Doves; I Like Trains; Okkervil River; There Will Be Fireworks; Death Cab For Cutie; Nada Surf; Múm; Sigur Rós; Jónsi; We Invented Paris; Frightened Rabbit; Wintersleep; Fanfarlo; Travis; The Antlers; Shearwater; Einar Stray Orchestra; Sizarr; Kaizers Orchestra; Savoy Grand; Feist; Felix
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