Darkside - Nothing

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 28.02.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Disruption ist Trumpf
Schwierige Zeiten brauchen schwierige Musik, das haben Darkside für sich erkannt. Das Projekt um Nicolas Jaar und Dave Harrington ist dank Drummer Tlacael Esparza zum Trio angewachsen und hat hörbar wenig Bock, den glatt fließenden Vorgängern "Psychic" und "Spiral" ein ähnliches Werk folgen zu lassen. Die obligatorische Kugel auf dem Cover ist diesmal ein ganzes Stück weg von der Linse gerückt und entsprechend hält ihr drittes Album "Nothing" permanent eine ironische Distanz zu allem um sich herum. Nicht nur zwingend textlich, sondern vor allem musikalisch. Die erste Single "Graucha max" war bereits ein ungestüm punkiges Klappergerüst mit verzerrtem Gesang und der nagenden Parole "The long second is over" – so gar nicht das, was man bisher von Darkside gewohnt war. Noch bevor der Song in seine grelle ADHS-Coda kippt, ist klar, dass die drei hier herb auf Krawall gebürstet sind. Auf "Nothing" lärmt kein anderer Song so sehr wie dieser, aber der Spirit ist häufig ein ähnlicher.
Direkt der Opener "SLAU" täuscht eine gute Ohrenverträglichkeit nämlich nur ein kleines Weilchen an, bevor die fiepsigen Vocals ins Trommelfell schneiden. Das Stimmengewirr am Ende sorgt für einen schweren Einstieg, den das sehr launige "S.N.C." zumindest in Teilen auffängt. Gewissermaßen ein Dance-Track durch den weirden Darkside-Filter gezogen, möchte die Gitarre den Funk reinbringen, während jemand mit einer Hand vorm Mund am Mikro jault: "Still no center / There's nothing on my mind." Wahrlich, ein Zentrum auf dieser Platte auszumachen, ist wie im Flohzirkus ein bestimmtes Krabbelviech zu finden. Ein kurzes Stück wie "Heavy is good for this" kann daher wie eine wahre Oase wirken, wenn es den ganzen Stress mal bleiben lässt und einem eingängigen Motiv eine herrliche Klimax folgen lässt.
Anderswo morpht sich "Nothing" lieber durch alle denkbaren und undenkbaren Aggregatzustände. "Are you tired? (Keep on singing)" weigert sich fast sieben Minuten lang, eine Entscheidung zwischen Chipmunk-Beach-Pop, Ambient-Funk und seinem eigenen Dub-Mix zu treffen. "I refuse to live on western time / Its investors need to heal." Es sperrt sich auch "American references" gegen einiges, allerdings auf andere Art. Der betont emotionslose spanischsprachige Gesang trifft auf Bongos und beruhigtes Gitarrenspiel, sorgt für einen hypnotischen Ruhepol auf der Platte, der sich erstaunlich lange Zeit nimmt und damit den Nerven ausreichend Verschnaufpause gibt. Die atmosphärische Beschwörung "Sin el sol no hay nada" ereilt derweil ein anderes Schicksal: Der Closer explodiert kurz vor Schluss in einem gleißenden Atompilz von Noise und hinterlässt: den Albumtitel.
Man muss eben die zwischenzeitlichen Quirks aushalten, die sich besonders in der zweiteiligen "Hell suite" Bahn brechen. Die Zeilen "Imagine all the people / Living in hell / Doesn't take much" flippen John Lennons Friedensparolen auf den Kopf und dazu spielt ein Alleinunterhalter den Slowdance und kommt dabei immer wieder gegen den Lautstärkeregler fürs Mikrofon, in das er wie besoffen säuselt. Teil zwei kontert mit aufgeregtem Gesang, der beinahe schon albern wirkt. Klar, dass sich "Nothing" in solchen Momenten für cleverer hält als Du – was es vermutlich jedoch auch ist. Darkside können durchaus unterschwellig angepisst klingen, ohne dies in banale Aggression zu kanalisieren. "Nothing" verlangt einiges ab, aber gibt auch zurück, selbst wenn es weniger Futter fürs Herz und mehr fürs Hirn ist. Aber jenes wird ja heutzutage sowieso zu wenig gefordert.
Highlights
- S.N.C.
- Heavy is good for this
- Sin el sol no hay nada
Tracklist
- SLAU
- S.N.C.
- Are you tired? (Keep on singing)
- Graucha max
- American references
- Heavy is good for this
- Hell suite, pt. I
- Hell suite, pt. II
- Sin el sol no hay nada
Gesamtspielzeit: 44:24 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Gomes21 Postings: 5482 Registriert seit 20.06.2013 |
2025-03-12 15:55:08 Uhr
Bei den Vorgängern hab ich durchaus lange gebraucht, das hier bekommt auch mehrere Anläufe |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34484 Registriert seit 07.06.2013 |
2025-03-12 15:18:45 Uhr
Ja doch, hat was. Ist sehr eigenartig. So schön, wie die Gitarre in "Are you tired?" nach etwas mehr als Minuten alles umdreht. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10492 Registriert seit 26.02.2016 |
2025-02-28 23:12:45 Uhr
Gib ihr noch ein paar Chancen. Meine ersten Durchgänge waren auch sehr ernüchternd. |
Klaus Postings: 10504 Registriert seit 22.08.2019 |
2025-02-28 23:07:26 Uhr
5/10. Mit viel wohlwollen. Sehr enttäuschendd. |
MickHead Postings: 4187 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-02-28 12:36:36 Uhr
Jetzt komplett bei Bandcamp:https://darkside.bandcamp.com/album/nothing Musikexpress 5/6 https://www.musikexpress.de/reviews/darkside-nothing/ |
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Referenzen
Nicolas Jaar; Dave Harrington; Daftside; Forest Swords; Valentin Stip; Thundercat; Nikita Quasim; Boards Of Canada; King Krule; Flying Lotus; Pfarmers; Airhead; Massive Attack; Air; Four Tet; Eric Clapton; Soul Keita; Mount Kimbie; The Haxan Cloak; Underworld; Braids; Acid Pauli; Vondelpark; Gonjasufi; FKA Twigs; The Flaming Lips; Dean Blunt; Ricardo Villalobos; Factory Floor; Sampha; Julia Holter; The Knife; Against All Logic; MonoInput; Balam Acab; Jessy Lanza; Just Friends; Will Epstein
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