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Biig Piig - 11:11

Biig Piig- 11:11

RCA / Sony
VÖ: 07.02.2025

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Short n' bittersweet

Im Club zu weinen, ist Jess Smyths Lieblingsbeschäftigung. Das verkündete sie im Zuge ihrer Single "Ponytail", die sie völlig zu Recht als "sad banger" bezeichnet. Ein House-naher Beat pulsiert und bäumt sich klimatisch auf, während er inmitten der Ekstase ruhige Reflexionsräume schafft: "Why does it feel like we're floating / When it's so clear that we're falling?" Nach dem "Brat summer" gleich der "Brat winter"? Der als Biig Piig auftretenden Musikerin lässt sich jedenfalls nicht vorwerfen, nur im Fahrwasser ihrer britischen Kollegin zu schwimmen, ist sie immerhin schon mehr als acht Jahre dabei. 2016 begann sie damit, ihre ersten Songs zu veröffentlichen und suchte ganz im Sinne ihrer geografischen Unruhe – Smyth wurde im irischen Cork geboren, lebte dann mit ihrer Familie lange Zeit in Málaga, ehe sie sich in London niederließ – nach ihrem Sound. Dass sie diesen immer noch nicht zu 100% gefunden hat, ist kein Makel ihres heißerwarteten Debütalbums "11:11". Dieses besteht im Titel aus, wie natürlich alle Plattentests.de-Leser*innen wissen, sogenannten "angel numbers", die für Harmonie und Erleuchtung stehen, was bei Smyth in erster Linie auf der Tanzfläche zu finden ist. Doch die ehemalige Poker-Dealerin beweist, dass sie neben unterkühltem Club-Pop noch ein paar mehr Karten im Deck hat.

Der Opener "4am" brilliert mit einer ähnlichen Formel wie "Ponytail". Nachdenkliche Strophen leiten in gleißende Dancefloor-Ausbrüche, während Smyth einer unbedarften Affäre mit einfachster Wahrheit begegnet: "I know you don't wanna be alone / 'Cause no one does." Extrovertierter zeigt sich "Favourite girl", das die Ästhetik zugunsten eines an Dua Lipa erinnernden Synth-Pops mit funkigem Bass und Handclaps auf links dreht – eine ähnliche Achtziger-Schlagseite entwickelt sonst nur das von reizvollen Tonartwechseln durchzogene "Silhouette". Dazwischen brettert das grandios geschmeidige "9-5" mit verhallten Gitarren in die Disco, bevor das halb auf Spanisch gesungene "Decimal" diese mit noch mehr kinetischer Energie füllt – "I want the walls to shake", heißt es nicht umsonst in den Lyrics. Alle bisher genannten Tracks treffen voll ins Schwarze, was "11:11" als vielversprechendes Debüt einer cleveren und versatilen Pop-Künstlerin ausweist. Dass es nicht noch mehr geworden ist, liegt schlicht daran, dass es diese Qualität nicht konstant halten kann, wobei die kurze Spielzeit paradoxerweise zur Krux wird. Schließlich fällt es bei nicht einmal einer halben Stunde Musik umso mehr ins Gewicht, wenn manche Songs am Ziel vorbeischießen.

Zumal es bei aller Knappheit umso ärgerlicher ist, dass mit einem nichtssagenden Interlude wie "I keep losing sleep" Zeit verschwendet wird. An anderer Stelle startet "Cynical" verheißungsvoll mit einem spannenden Minimal-Beat, vergisst im weiteren Verlauf aber eine im Gedächtnis bleibende Hook. Das letzte Albumviertel überrascht zwar, indem es auf weniger tanzbaren, organischer instrumentierten Bedroom Pop setzt, unterläuft diesen Effekt allerdings mit wenig aussagekräftigem Songwriting. "Stay home" überzeugt noch mit seinen Bubblegum-Grunge-Gitarren und in einem Pub aufgenommenen Chören von Freunden und Familienmitgliedern, "One way ticket" verkörpert im Anschluss jedoch die pure Langeweile. Der Closer "Brighter day" ist okayer TripHop mit einem bestenfalls irritierenden Chipmunk-Intro, formt aber zumindest einen schönen Zirkelschluss zu den entscheidenden Zeilen des Eröffnungsstücks: "No, you're not alone." Ein Schluss-Statement, dem sich nur schwer widersprechen lässt. Wenn Jess Smyth das nächste Mal im Club weint, wird sie das mit Sicherheit nicht alleine tun.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • 4am
  • Ponytail
  • Favourite girl
  • 9-5

Tracklist

  1. 4am
  2. Ponytail
  3. Cynical
  4. Favourite girl
  5. I keep losing sleep
  6. 9-5
  7. Decimal
  8. Silhouette
  9. Stay home
  10. One way ticket
  11. Brighter day

Gesamtspielzeit: 29:11 min.

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Armin

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2025-02-16 19:10:30 Uhr - Newsbeitrag
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