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Tonnen Von Hall - Ein Abdruck vom Messer im Herzen

Tonnen Von Hall- Ein Abdruck vom Messer im Herzen

Iapetus / Unsung
VÖ: 31.01.2025

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 2/10

Keine Prinzessin

Menschen mögen Melodien. Melodien kann man mitsingen. Sie bleiben im Gedächtnis haften, sie machen das Leben schöner. Es erscheint daher naheliegend, Musik mit Melodien zu versehen. Tonnen Von Hall, ihres Zeichens Träger eines der besten Bandnamen der Welt, sind da anderer Meinung. Zwar besitzt ihre Musik auch Melodien, diese sind aber so uneingängig, dass man sich nach dem Konsum des Albums "Ein Abdruck vom Messer im Herzen" fragt, ob die Beteiligten alle Latten am Zaun haben. Das Genre? Irgendwas mit "Post-" oder "Math-", wobei "Bowser-Metal" auch treffend wäre. Denn die Songs erinnern oft an jene Musik, die während der Bosskämpfe von 2D-Plattformern zu hören ist. Gruselig, dissonant, atonal ist das. "Unhörbar" könnte man es auch nennen, aber dann verpasst man den ganzen Spaß.

Aber wie nähert man sich nun so einem Album? Einem Album, das fast schon absurd abweisend klingt, da es sowohl im Sound als auch hinsichtlich der Kompositionen so ziemlich jede Konvention ignoriert? Am ehesten noch über die Rhythmik, denn diese ist durchaus nachvollziehbar. Synkopierte Grooves bilden meist den Ausgangspunkt für die bisweilen ausufernden Riffs der Touch-Guitars. Man kann sich vielleicht keine Melodie merken, konzentriert nicken klappt aber allemal. Der Vergleich zu Animals As Leaders drängt sich nicht nur wegen der offenkundigen Virtuosität der Beteiligten auf. Ähnlich wie bei der Band um Tosin Abasi geht es bei Tonnen Von Hall um das Zerhacken von Hörgewohnheiten. Die Musik entfaltet trotz oder vielleicht auch wegen ihrer emotionalen Kargheit eine gewisse Sogwirkung. Sobald man sich damit abgefunden hat, dass alle Instrumente Keuchhusten haben, gehen plötzlich die Türen auf.

Hindurchgehen muss man freilich trotzdem. Auf der anderen Seite erwarten einen dann Songs wie "Donnermesser", das klingt, als hätte jemand Eddie Van Halen exhumiert und an eine Küchenmaschine angeschlossen. Vocals gibt es übrigens fast nie zu hören, nur in "Zivilisationsfolie" ertönen ein paar Sprachfetzen, die man wohlwollend als "Scat-Gesang" bezeichnen könnte. Vielleicht sind es aber auch wirklich nur Sprachfetzen. Hauptsache es fetzt, oder so. In "Rauschmitte" dreht die Band dann endgültig durch. Passend zum Titel verlieren sich die Instrumente in einem wüsten Durcheinander aus rhythmischen Verschiebungen und passgenau verbauten Störgeräuschen. Doch just als man glaubt, endgültig die Fassung zu verlieren, passiert etwas. Der Song scheppert sich in eine Art Trance, Harmonien schieben sich unter das Getöse. Schön ist was anderes, aber man muss nehmen, was man kriegt.

Je länger das Album dauert, desto mehr reift eine Erkenntnis im Geist heran. Das hier ist Musik für Menschen, die ihre Stifte nach Geruch sortieren. Wer schon einmal in einer Musik-Software den Randomizer angeworfen hat, um nicht mühsam komponieren zu müssen, weiß, was gemeint ist. Die Kunst besteht darin, aus zufällig wirkenden Versatzstücken ein Ganzes zu erschaffen, selbst wenn dieses Ganze aussieht wie ein Wolpertinger nach der dritten Botox-Kur. Der Wahnsinn hat Methode, der Lärm duldet keinen Aufschub. Im Schloss wartet der "Endgegner" namens DJ Reptilskroete, wohl wissend, dass sein Name ein Anagramm ist. Ein Klempner mit irrem Blick und jeder Menge Reptilsleichen im Gepäck betritt den Thronsaal. Nein, die Prinzessin ist nicht hier. War sie nie. Der Rest ist Mord und Totschlag, so wie immer.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Donnermesser
  • Zivilisationsfolie
  • Rauschmitte

Tracklist

  1. Erdmantel
  2. Vorhalle
  3. Antlitz
  4. Stahlhalle
  5. Kraken
  6. Mitralsaal
  7. Kanister
  8. Sockelwald
  9. Kaiserlicht
  10. Schacht
  11. Zivilisationsfolie
  12. Nebelgarten
  13. Donnermesser
  14. Blutrille
  15. Rauschmitte
  16. Klingensaal
  17. Endgegner
  18. Ätzung
  19. Thronfolge
  20. Ein Abdruck vom Messer im Herzen
  21. Herzkammer

Gesamtspielzeit: 61:45 min.

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User Beitrag

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11307

Registriert seit 23.07.2014

2025-02-08 14:19:07 Uhr
Okay, Gitarren, die hauptsächlich fürs Tapping ausgelegt sind.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11307

Registriert seit 23.07.2014

2025-02-08 14:17:42 Uhr
Kein Plan. :D Wurde auf bandcamp und der Bandseite nur immer explizit erwähnt.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 34193

Registriert seit 07.06.2013

2025-02-08 14:02:34 Uhr
Was ist eine "Touch guitar"? :D

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11307

Registriert seit 23.07.2014

2025-02-08 13:22:45 Uhr
Ich finde die Band tatsächlich nicht bei rateyourmusic. :(


Jetzt schon! :)

Christopher

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 3774

Registriert seit 12.12.2013

2025-02-07 15:22:28 Uhr
Ah, Kayo Dot passt wirklich ganz gut. Hatte ich vergessen.
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