Kathryn Mohr - Waiting room

The Flenser
VÖ: 24.01.2025
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 1/10

Auf zum Atem
So ein bisschen prätentiös klingt das ja schon. Eine Künstlerin aus Kalifornien fährt nach Island, schließt sich dort in einem verlassenen Fabrikgebäude ein und nimmt mit rudimentärem Equipment Schrammelmusik auf. Das Ergebnis hört auf den Namen "Waiting room", stammt von Kathryn Mohr und ist, allen anfänglichen Zweifeln zum Trotz, ziemlich gelungen. Wie es sich für ein Album mit dem eingangs beschriebenen Aufnahmekonzept gehört, knistert und knackst es gewaltig, während Mohr mehr oder weniger wach Endzeitliches in die verstaubte Bandmaschine haucht. Dazu spielt sie verschiedene Instrumente, allen voran natürlich die Akustikgitarre, gelegentlich tauscht sie diese jedoch gegen die elektronische Variante oder diverse Tasteninstrumente. Schon die ersten Sekunden des Openers "Diver" machen klar, dass Mohr vielleicht keine hochbegabte Gitarristin ist, aber genau weiß, wie sie ihre Hörer um den Finger wickeln kann. Das Quietschen des leicht verstimmten Saiteninstruments, die schrägen Doppel-Vocals, das Dröhnen im Hintergrund, all diese Elemente sorgen für Intimität, aber auch für ein leichtes Unwohlsein.
Dieses Gefühl bleibt im weiteren Verlauf erhalten. So schön die Melodien teilweise sind, so unheilvoll wirken sie dank der stets schiefhängenden Begleitung. In "Driven" jagt Mohr ihre Stimme durch ein Tape-Delay, während Bass und Gitarren auf ein Grummeln reduziert werden. Der Song kreist dabei so lange um sich selbst, bis man sich in ihm verliert. Hypnotisch ist das, ein bisschen spinnert auch. Wer nur Musik mag, wenn sie laut ist, wird hier auf jeden Fall nicht glücklich werden. Und das obwohl es durchaus Ausbrüche gibt: "Take it" überrascht mit seinen ganz weit nach vorne gemischten E-Gitarren und erinnert in Sachen Melodieführung frappierend an Kim Deal, was nun wirklich nicht die schlechteste Referenz ist. Noch wüster geht es in "Elevator" zu, das klingt, als hätte Mohr die Gitarre an eines jener Verzerrerpedale geklemmt, die man für 20 Euro auf eBay zu kaufen bekommt. Der eigentliche Clou des Songs ist jedoch der grässlich schöne Refrain, in dem Mohr wie eine sterbende Sirene jault, während ringsum die Wände wackeln.
Nein, gute Laune hatte sie nicht, als dieses Album entstand. Vielleicht trug die Isolation ihr Übriges dazu bei, angesichts der überaus tristen Grundstimmung der Songs ist jedoch anzunehmen, dass Kathryn Mohr eher nicht auf Partys anzutreffen ist. Sie macht lieber komisches Zeug, wie beispielsweise "Prove it", das ganz vorzüglich vor sich hin dröhnt. Nun werden manche sagen, dass das doch gar keine Musik sei, aber man kann auch zum Geräusch laufender Dieselmotoren tanzen, wenn man in der richtigen Stimmung ist. Apropos Stimmung: Die kippt im weiteren Verlauf ins Fatalistische. In "Wheel" bilanziert Mohr nüchtern: "I was always there for you / And you were always there for me / And that was that". Viel präziser kann man die Gefühlslage am Ende einer Beziehung nicht beschreiben. Die innere Leere zu füllen, ist eine Lebensaufgabe, an der man nur scheitern kann. Das Lachen bleibt, so wie es sich gehört, dort stecken, wo kein Platz mehr ist.
Highlights
- Elevator
- Prove it
- Wheel
Tracklist
- Diver
- Rated
- Driven
- Petrified
- Take it
- Elevator
- Prove it
- Horizonless
- Cornered
- Wheel
- Waiting room
Gesamtspielzeit: 46:09 min.
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