Die Wilde Jagd & Metropole Orkest - Lux tenera – A rite to joy

Bureau B / Indigo
VÖ: 24.01.2025
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 2/10

Der Alte spricht im Fieber
Die Wilde Jagd plus Orchester – eine Kombination, die auf dem Papier absolut Sinn ergibt. Seit über einer Dekade erschafft Sebastian Lee Philipp ganz und gar merkwürdige Musik, die irgendwo zwischen Krautrock, Electronica und Folk operiert. Klassische Elemente spielten schon immer eine Rolle, besonders auf dem elegischen "Ophio" und dem trippigen "Haut". Es war also an der Zeit, aus einer naheliegenden Idee Hörbares zu machen. Gemeinsam mit Metropole Orkest, einem Grammy-prämierten Orchester, ist so "Lux tenera – A rite to joy" entstanden, eine Auftragsarbeit für das Roadburn Festival. Im Großen und Ganzen ist es ein typisches Die-Wilde-Jagd-Album, nur eben mit ein bisschen mehr Lametta als sonst. Für eventuelle Umweltschäden übernehmen die Urheber keine Haftung.
Musikalisch weiß die Kollaboration zu überzeugen. Zwar brauchen viele Tracks arg lang, bis sie Fahrt aufnehmen, wenn sie es dann aber tun, bleibt kein Auge trocken. So kreist "Funken aus kosmischer Flamme" vier Minuten lang um eine simple Geigenmelodie, ehe die Erlösung in Form eines fulminanten Finales hereinbricht. Noch länger dauert es in "Kabura-ya", bis irgendetwas Nennenswertes passiert. Doch auch hier wird Geduld belohnt. Ein simpler Groove bildet die Grundlage, auf der sich die Instrumente entfalten dürfen. Eine stoisch geschrammelte Gitarre trifft auf Bläser-Akzente, während kleine Melodiefetzen aus dem Gewaber auf- und abtauchen. Erst kurz vor Ende entlädt sich die Spannung. Darüber hinaus verdient "The balance of Isidor" eine lobende Erwähnung. Ausgehend von einer hübschen Glockenspiel-Melodie windet sich der Song gen Himmel, wo er sich in Licht und Wohlgefallen auflöst.
Nicht alle Kompositionen operieren auf so einem hohen Niveau. Vor allem die Interludes sind nicht viel mehr als Beiwerk, was freilich Absicht ist, aber dem Gesamtwerk wenig Spannendes hinzufügt. Regelrecht störend sind hingegen diesmal die Texte. Was früher dank absurder Komik durchaus unterhaltsam war, erstickt mittlerweile an sich selbst. So reiht Philipp in "Emanation" erschreckend nichtssagende Verse aneinander, was den an sich schönen Song zur Geduldsprobe macht. Noch schlimmer fällt die Lyrik in "Pan-song" aus, hier bilden die Zeilen "We're doe and buck / We're strong as fuck" allen Ernstes den emotionalen Höhepunkt. Selbstverständlich muss man Die Wilde Jagd immer mit ironischer Distanz betrachten, Blödsinn bleibt aber Blödsinn, erst recht, wenn er sich reimt. Dies ist schade, da die Musik wirklich spannend ist.
So vollführt "Pan-song" eine schlicht grandiose Wendung in der zweiten Hälfte. Immer manischer wird die Percussion, immer drängender die Melodie. Wer sich fallen lassen kann, darf hier versinken. Die Wilde Jagd ist als Projekt an einem entscheidenen Punkt angekommen. So nachvollziehbar das Orchester-Album aus konzeptioneller Sicht erscheint, so offensichtlich macht es auch die inhärenten Schwächen des musikalischen Ansatzes. Sebastian Lee Philipp mag einzigartige und bisweilen großartige Musik erschaffen können, so langsam stellen sich jedoch Ermüdungserscheinungen ein. Mehr ist am Ende nicht besser, sondern erstmal nur mehr. Und irgendwann ist es dann einfach zu viel des Guten, selbst wenn das Gute derzeit noch überwiegt.
Highlights
- Funken aus kosmischer Flamme
- Kabura-ya
- The balance of Isidor
Tracklist
- Intro
- Funken aus kosmischer Flamme
- Kabura-ya
- Interlude "Lux"
- Prelude
- Emanation
- Pan-song
- Interlude "Tenera"
- Sinusoidal sweep
- The balance of Isidor
Gesamtspielzeit: 57:45 min.
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Metropole Orkest; Neu!; Nalin & Kane; Noblesse Oblige; Kraftwerk; La Düsseldorf; Pyrolator; Der Plan; Propaganda; Liaisions Dangereuses; Faust; Amon Düül II; Die Krupps; Popol Vuh; Deutsch Amerikanische Freundschaft; Jean Michel Jarre; Brian Eno; Stereolab; Tangerine Dream; Sankt Otten; N; Wire; Kavinsky; Ultravox; Cabaret Voltaire; Depeche Mode; Trio; New Order; Einstürzende Neubauten; Sparks; Klaus Schulze; Edgar Froese; Automat; Zeitblom; Grobschnitt; Embryo; Birth Control; Kraan; Van Der Graaf Generator
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