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Zach Bryan - The great American bar scene

Zach Bryan- The great American bar scene

Belting Bronco / Warner
VÖ: 04.07.2024

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Zur Lage der Nation

Zach Bryan ändert seinen Ansatz nicht, warum sollten wir? Warum nicht, wie die letzten Male auch, seine neueste Platte verschlafen und die vergessenen Perlen dazu nutzen, gleich einen ganzen Jahresrückblick auf die US-amerikanische Country-Landschaft zu machen, die bei Plattentests.de sonst sowieso nur wenig stattfindet? Schließlich ist Bryans Musik auch auf seinem fünften Album tief in seinem eigenen Land verwurzelt, nicht nur durch die oberflächlichen Signifier wie den Titel "The great American bar scene", diverse Ortsnamen in der Tracklist oder auch das Veröffentlichsdatum am Independence Day. 'Murica! Prominente Gesellschaft hat er dieses Jahr von außen bekommen. Post Malone flirtete auf "F-1 trillion" nicht nur mit dem Genre, sondern tauchte tief ein, mit mäßigem Ergebnis. Beyoncé schuf mit "Cowboy Carter" derweil eine epische, aber auch lange und komplizierte Abrechnung mit Nashville – und brachte als Feature einen bis dahin eher unbekannten Sänger aus Virginia an Bord. Auftritt Shaboozey.

Eine Interpolation von J-Kwons "Tipsy" später ist "A bar song (Tipsy)" mit Fidel und Gitarren auf dem Weg zur US-Chartsspitze. Und hat Stand jetzt 19 Wochen dort verbracht. Kein Wunder: Der Song ist verdammt eingängig, knapp und kompakt und bringt natürlich mit Country und HipHop die beiden wesentlichen Mainstream-Welten abseits von Pop und ihr Publikum zusammen. Moment: PoC, Verbindung der beiden Genres, 19 Wochen Platz eins in den USA? Richtig: "A bar song (Tipsy)" ist das "Old town road" für ein neues Jahrzehnt. Der sehr geschätzte Journalist Chris Molanphy brachte es auf den Punkt: "Shaboozey's smash is at once digitally savvy, culturally old-school, and as American as a trucker hat. [...] Let's not think too hard right now about how this song's legion of fans, both active and passive, cast their ballots [in the election]." Womit wir (endlich) bei Zach Bryan sind. Der vereint nämlich auch die ganze Nation hinter sich. Und hat im Vergleich zu Shaboozeys "Where I've been, isn't where I'm going" auch das deutlich bessere Album gemacht.

Sein Ansatz bleibt natürlich radikal reduziert, auch wenn Bryan immer wieder diese stadiontauglichen Singalongs einstreut, die schon "Something in the orange" zum Überhit machten. Der nächste Kandidat dafür ist das wirklich wunderschön melodische "28". "How lucky are we? / It's been a hell of a week / But you're all grown now", bellt Bryan im Refrain zu feinstem 6/8-Schunkeln raus, bevor der Song noch mehr Fahrt aufnimmt und in eine grandiose Coda mündet. Ebenso ergreifend ist die Single "Pink skies", die über den Trip in die Heimat für eine Beerdigung berichtet – mutmaßlich Bryans Mutter, die 2016 mit nur 49 Jahren verstarb. "The kids are in town for a funeral / So pack the car and dry your eyes / I know they got plenty of young blood left in 'em / And plenty nights under pink skies you taught 'em to enjoy." Da verschwindet mehr als nur eine Träne im Knopfloch. "Bass boat" braucht indes nur Klavier und verhuschte Vocals, um über Bryans Verhältnis zu seinen Eltern und dessen Auswirkungen auf sich selbst heute zu erzählen, während "Towers" immer wieder kurz einen Gospelchor aufblitzen lässt.

Selbstverständlich klingt "The great American bar scene" wieder natürlich, meist wie gerade nebenbei mal aufgenommen. Daran ändern auch die Gastauftritte von John Mayer oder dem Boss höchstpersönlich nichts – auch wenn das Springsteen-Feature "Sandpaper" ganz dezent den "I'm on fire"-Groove imitiert. Dazwischen knarzt und klappert es, "Boons" scheint in der Natur zu sitzen, in "Memphis; the blues" hört man die Finger an den Saiten flitzen. Die Mumfordisierung, die sich auf "Zach Bryan" andeutete, ist wieder vollständig verschwunden, alles funktioniert und trotz der stolzen Länge bleibt "The great American bar scene" immer on top. Und am Ende hat Bryan im kurzen Closer "Bathwater" auch noch Worte für den Rest der Country-Landschaft, insbesondere die konservative Ecke, übrig: "These songs used to free me / Now there's nothing free in this / Just 808 beats, what we used to be / And back door politics." Doch nicht der Star für die ganze Nation? Aber Republikaner feiern ja durchaus auch "Born in the U.S.A.". Warum also nicht?

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • 28
  • Oak Island
  • Bass boat
  • Pink skies (feat. Watchhouse)

Tracklist

  1. Lucky enough (Poem)
  2. Mechanical bull
  3. The great American bar scene
  4. 28
  5. American nights
  6. Oak Island
  7. Purple gas (feat. Noeline Hofmann)
  8. Boons
  9. The way back
  10. Memphis; the blues (feat. John Moreland)
  11. Like Ida
  12. Bass boat
  13. Better days (feat. John Mayer)
  14. Towers
  15. Sandpaper (feat. Bruce Springsteen)
  16. Northern thunder
  17. Funny man
  18. Pink skies (feat. Watchhouse)
  19. Bathwater

Gesamtspielzeit: 63:08 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

swallow

Postings: 9

Registriert seit 29.10.2020

2025-01-04 12:48:27 Uhr
Das Album war für mich ein Highlight aus dem letzten Jahr. Es versprüht sofort Club-Atmosphäre und trotz der Länge des Albums wird es nie langweilig.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27837

Registriert seit 08.01.2012

2025-01-03 19:30:37 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

"Vergessene Perle 2024".

Meinungen?

MickHead

Postings: 3048

Registriert seit 21.01.2024

2024-11-07 15:56:29 Uhr
Der erste neue Song nach dem Album!

"This World's A Giant"

https://youtu.be/njEuNfKdUV8?si=hB0-lYGMXei_MPwc

Arne L.

Postings: 1454

Registriert seit 27.09.2021

2024-10-17 10:01:18 Uhr
Wenn ich den Album- und die Songtitel lese, krieg ich glatt Lust, Amerikaner zu sein und ignorant in meinem kleinen Ort zu leben. Spannend, dass Zach Bryan einfach über 30 Millionen monatliche Hörer:innen bei Spotify hat. Der Song mit Springsteen ist auch mein Favorit vom Album.

MickHead

Postings: 3048

Registriert seit 21.01.2024

2024-08-09 21:04:41 Uhr
Die kanadische Sängerin Noeline Hofmann auf dem Album im Duett mit Zach Bryan, nun mit der Soloversion von Purple Gas.

"Purple Gas" (A-Side)

https://youtu.be/eeXGdP564XQ?si=BRM8-_9FFg4he5Z8

Lightning In July (Prairie Fire) ( B-Side)

https://youtu.be/mfDn9qTJ0-o?si=T7eTuq0vO8CBN9h1
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