Various Artists - Red Hot Organization – Transa

Red Hot
VÖ: 22.11.2024
Unsere Bewertung: 9/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10

Alle Farben
Wie erfasst man einen Sampler, der über dreieinhalb Stunden lang ist, an dem über 100 Künstler*innen beteiligt sind und der in satte acht Kapitel unterteilt ist? Vielleicht fängt man einfach damit an, zu sagen, dass er absolut fantastisch ist. Und dann erzählt man, wie es überhaupt zu diesem Mammut-Projekt kommen konnte. Die Red Hot Organization aus New York City verschreibt sich schon seit 1990 dem Kampf für Diversität, Gleichberechtigung und hat beispielsweise nicht nur Millionen von Dollar für die AIDS-Hilfe gesammelt, sondern auch schon über 20 Sampler mit unterschiedlichsten Beteiligten herausgebracht. Seit dem Tod Sophie Xeons im Jahr 2021 schwirrte in den Köpfen der Initiator*innen der Gedanke rum, etwas für Trans-Sichtbarkeit zu tun. Was für eine monumentale Errungenschaft der Sampler "Transa" nun aber geworden ist, lässt sich schwer in ein paar tausend Zeichen packen.
Das erkennt jede musikinteressierte Person, die sich einfach mal durch die Liste der Künstler*innen liest, die ihren Teil beigetragen haben. Dazu gehören nicht nur herausragende Musiker*innen wie die Superstars Sade oder Sam Smith, Genre-Lieblinge wie Fleet Foxes oder Sharon Van Etten. Beteiligt sind auch genreübergreifende Multitalente aus der Literatur wie Eileen Myles und KB Brookins oder Schauspielerin Hunter Schafer, die wohl eine der bekanntesten trans Personen ihrer Generation ist und sich mit Spoken Word einbringt. Ihre Talent zeigen genauso Menschen, die die Zither und Mbira spielen wie Laraaji, die Harfe wie Mary Lattimore oder das Fagott wie Joey Guidry. Es ist genauso Platz für elektronische Produktionen und Loops von Julianna Barwick oder Jlin.
Schwarze Aktivist*innen wie Moor Mother stehen neben Menschen mit asiatischen Wurzeln wie Producerin und Sängerin Yaeji oder indigenen Personen wie Alaska-Native Quinn Christopherson. Junge Menschen wie Faye Webster oder Kara Jackson, die 1997 respektive 1999 geboren wurden, leisten einen Beitrag, genauso wie Lee Ranaldo von Sonic Youth, Sängerin Peppter MaShay oder der leider 2022 im Alter von 81 Jahren verstorbene Jazz-Saxophonist Pharoah Sanders. Und queere Stimmen wie Adrianne Lenker oder Perfume Genius, der sich mit Gewalt gegen LGBTQI+ auseinandersetzt, sind genauso Teil von "Transa" wie Ana Roxanne, in deren Musik es oft um Genderidentität geht.
Neben Originalstücken gibt es auch Coverversionen wie "You don't know me", das im Original vom brasilianischen Aktivisten und vielfach ausgezeichneten Caetano Veloso komponiert wurde und unter anderem von Devendra Banhart performt wird. Oder Jeff Tweedy und Claire Rousays Interpretation von "How sweet I roamed", 1965 von den Proto-Punks The Fugs veröffentlicht. "Get me away from here, I'm dying" von Belle & Sebastian bekommt unter anderem durch die Stimme von Julien Baker ein neues Gewand und Kate Bushs "Deeper understanding" wiederum von Hand Habits und Bill Callahan. Die Perspektive von TV On The Radios "Wolf like me" verändert sich in den Händen von Bartees Strange, Anjimile und Kara Jackson. Princes "I would die 4 you" wird von der jungen trans Person Lauren Auder zusammen mit Wendy & Lisa performt, die zu Princes Umfeld gehörten. Sophie ist im Herzen auch vertreten dank des Songs "Is it cold in the water?", gecovert von Sänger Moses Sumney und Anohni, die ebenfalls offen trans ist. Die Liste ließe sich ewig fortsetzen.
Ebenfalls wäre es ein Leichtes, über 20 Songs in die Highlights zu schreiben – auch wenn man André 3000s wunderbar betiteltes "Something is happening and I may not fully understand but I'm happy to stand for the understanding", aber über 26 Minuten langes Flötenstück nicht unbedingt reinnehmen muss. Das Tolle ist, dass "Transa" kein gut gemeinter Kompromiss in Form von "We are the world" ist, sondern aufzeigt, was passiert, wenn Menschen zusammenkommen, anstatt sich voneinander wegzubewegen. Obwohl sich Dutzende Preisträger*innen unterschiedlichster Herkunft auf dieser Compilation tummeln, greift am Ende alles ineinander, ob in Frustration, Liebe, Isolation, Wärme und allem, was ein Mensch fühlen kann. Was davon hängenbleibt, dürfte so unterschiedlich wie die Musik selbst auf diesem beeindruckenden Projekt sein. Es ist vielleicht nicht der röteste, aber der bunteste und leuchtendste Faden des Jahres, der sich durch "Transa" schlängelt.
Highlights
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Tracklist
- Part 1
- Midnight moon pool (Mary Lattimore, MIZU, Jamal Shakeri, Laraaji)
- You don't know me (Devendra Banhart, Blake Mills, Beverly Glenn-Copeland)
- How sweet I roamed (Jeff Tweedy, Claire Rousay)
- Same train (Heart Shaped, Christian Lee Hutson)
- Part 2
- Star (Ana Roxanne, Nsámbu Za Suékama)
- Please tell me (Lightning Bug)
- Make 'em laugh (Benét, Faye Webster)
- Get me away from here, I'm dying (Julien Baker, Calvin Lauber, SOAK, Quinn Christopherson)
- Rumblin' (Soft Ronin, Frankie Cosmos)
- Deeper understanding (Hand Habits, Bill Callahan)
- Part 3
- Under the shadow of another moon (Cole Pulice, Hunter Schafer)
- Blush (Lucy Liyou, Grouper)
- Is it cold in the water? (Moses Sumney, Anohni)
- Know who you are at every age (Anajah, Gary Gunn)
- Is it over now? (Niecy Blues, Joy Guidry)
- Part 4
- Something is happening and I may not fully understand but I'm happy to stand for the understanding (André 3000)
- Come back different (Nina Keith, Julie Byrne, Taryn Blake Miller)
- Song to the siren (Rachika Nayar, Julianna Barwick, Cassandra Croft)
- Love hymn (Arthur Baker, Pharoah Sanders)
- People are small / Rapture (L'Rain, Imara Jones, Mojo Disco, Ceyenne Doroshow)
- Part 5
- We've been through so much (Jlin, Moor Mother)
- My name (Kara Jackson, Ahya Simone, Dirty Projectors)
- Point of disgust (Perfume Genius, Alan Sparhawk)
- In another life (Lomelda, More Eaze)
- Pink ponies (Teddy Geiger, Yaeji)
- A survivor's guilt (Yaya Bey)
- Part 6
- Just last night (Helado Negro, Eileen Myles)
- Feel so different (Sharon Van Etten, Ezra Furman)
- Mourning dove (Gia Margaret)
- Feel better (Adrianne Lenker)
- Any other way (Allison Russell, Ahya Simone)
- Down where the valleys are low (Asher White
- Eli Winter, Caroline Rose)
- TM (Fleet Foxes, Cole Pulice, Lynn Avery)
- Querube (AV María, Sky, Belina Rose)
- Part 7
- Within without (Green-House, Kelela)
- Aaron (Cassandra Jenkins, Bloomsday, Babehoven)
- Young lion (Sade)
- You make me feel (mighty real) (Moses Sumney, Lyra Pramuk, Sam Smith)
- I feel free (Sparkle Division, Pepper Mashay)
- Many ways (Clarity, Clairo)
- Part 8
- Get free (Nico Georis, Kb Brookins)
- Wolf like me (Bartees Strange, Anjimile, Kara Jackson)
- Surrender your gender (Laura Jane Grace, Lee Ranaldo, Jayne County, Kathi Wilcox, Jay Dee Daugherty, Am Taylor)
- I would die 4 u (Lauren Auder, Wendy & Lisa)
- Always (Time Wharp, Elizabeth Glenn-Copeland, Beverly Glenn-Copeland)
- Ever new (Sam Smith, Beverly Glenn-Copeland)
Gesamtspielzeit: 210:53 min.
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2024-12-20 08:26:26 Uhr
Die Compilation hatte ich bis jetzt nur am Rande mitbekommen, danke für die Erinnerung! Bei den vielen tollen Namen weiß man echt gar nicht wo man anfangen soll. Wolf like me schonmal klasse. Der Closer Ever New ist einer meiner ewigen Lieblingssongs, die Neuauflage mit Sam Smith schmiert aber leider hauptsächlich Schmalz drauf, womit dem Song seine ätherische, tröstliche Atmosphäre verloren geht.Werde mich da morgen mal auf einer langen Zugfahrt durchwühlen. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27940 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-12-19 20:25:19 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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