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Laibach - Opus Dei revisited

Laibach- Opus Dei revisited

Mute / PIAS / Rough Trade
VÖ: 13.12.2024

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Bis zur Kenntlichkeit

Steile These gefällig? Genau genommen waren Laibach seit ihrer Gründung Pop. Na gut: in den Anfangstagen, als die Polizei ihre Konzerte regelmäßig wegen obszöner Videoprojektionen beendete und die Autoritäten des damaligen Jugoslawiens die Band mit einem Auftrittsverbot belegten, maximal im Throbbing-Gristle-Sinne. Und auch die ersten beiden Alben der Slowenen halfen mit minimalistisch-industrieller Marschmusik, martialischem Grollen aus Maschinen und Kehle oder Songtiteln wie "Bloody ground – fertile land" in dieser Hinsicht kaum weiter. Doch 1987 erschien "Opus Dei" plötzlich auf demselben Label wie Depeche Mode, enthielt zwei Coverversionen des gruseligen Stadionrock-Welthits "Live is life" und verschreckte mit einer oft missverstandenen John-Heartfield-Montage auf der Innenhülle. Reinster Pop also? Geht so.

Zwar entstellten Laibach den Opus-Heuler mit gutturalem Geblöke, Synth-Fanfaren und Schweinerock-Gitarre bis zur Kenntlichkeit und gestalteten "One vision" von Queen zum neoklassizistischen Arbeiterstampflied "Geburt einer Nation" um, dessen eingedeutschter Text mit potenziell faschistoiden Begriffen hantierte. Dass im Albumtitel nicht nur die Ösi-Band, sondern auch ein erzkonservativer katholischer Geheimorden steckte, entging jedoch den meisten. Ebenso wie der Humor des während des Kalten Krieges ominösen Heavy-Shuffles "How the West was won", der schlicht nach einem Hollywood-Western benannt war – zusammen mit dem Knüller "Leben – Tod" bis dahin Laibachs rockigster Moment. Zum Schluss grüßte zum erhabenen Bombast von "The great seal" gar Winston Churchills "We shall fight on the beaches"-Rede. Ein Meisterwerk aus der Referenzhölle.

Aber auch eins, das 37 Jahre auf dem Buckel hat und seit dem sich Welt- und Gesellschaftsordnungen ordentlich umgekrempelt haben. Das wissen Laibach nur zu gut – und bewerten ihren Klassiker auf "Opus Dei revisited" grundlegend neu. Oder sagen wir: an entscheidenden Stellen. Eine Frauenstimme etwa wäre inmitten des scheinbar heiligen Ernstes der Originale undenkbar gewesen – nun veredelt die Schwedin Marina Mårtensson gleich eine ganze Reihe Stücke mit wunderbar glockenhellen Vocals. Respektive den hochfahrenden Quasi-Dance-Track "Transnational" mit humanistischen Parolen. Mehr denn je zum Poposchwenken lädt auch "Geburt einer Nation" im von explosiven Riffs und elektronischen Details umflorten Gewand ein, und "The great seal" bleibt, wiewohl dezent modernisiert, die beste Hymne, die man sich für Laibachs NSK-Staat denken kann.

Neufassungen, die dringend nötig waren und die das herausragende Original womöglich entwerten? Ganz sicher nicht. Dennoch geben Laibach grimmig grinsend "God's work is never done" zu Protokoll, flößen "Leben – Tod" eine zusätzliche Portion Funk ein und setzen das gravitätische "F.I.A.T." vor dem Hintergrund der kriegerischen Realität dezent technoider auf. Ebenfalls etwas beizutragen hat der damalige Produzent Rico Conning, der das komplette Album auf separatem Tonträger kaum weniger interessant zermischt und "How the West was won" eine knirschige Sludge-Schlagseite verpasst, damit der oft hinkende Vergleich mit der wohl teutonischsten aller Metal-Bands endlich einmal zutrifft. Oder wie Bandkopf Ivan Novak einmal sagte: "Laibach sind Rammstein für Erwachsene." Und auf "Opus Dei revisited" so gut und relevant wie zu ihren allerbesten Zeiten.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Leben heißt Leben (revisited 2024)
  • Geburt einer Nation (revisited 2024)
  • The great seal (revisited 2024)
  • How the West was won (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)

Tracklist

  • CD 1
    1. Leben heißt Leben (revisited 2024)
    2. Geburt einer Nation (revisited 2024)
    3. Leben – Tod (revisited 2024)
    4. F.I.A.T. (revisited 2024)
    5. Transnational (revisited 2024)
    6. How the West was won (revisited 2024)
    7. The great seal (revisited 2024)
    8. Opus Dei (revisited 2024)
  • CD 2
    1. Leben heißt Leben (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    2. Geburt einer Nation (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    3. Leben – Tod (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    4. F.I.A.T. (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    5. Opus Dei (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    6. Transnational (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    7. How the West was won (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)
    8. The great seal (Rico Conning's Inner Ear remix 2024)

Gesamtspielzeit: 77:04 min.

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User Beitrag

Lichtgestalt

User

Postings: 6291

Registriert seit 02.07.2013

2024-12-24 00:06:17 Uhr
Kennst du
"Wir Sind Das Volk - Ein Musical Aus Deutschland"
von 2022?
Auch sehr zu empfehlen.

Thomas

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 107

Registriert seit 12.06.2013

2024-12-21 12:28:35 Uhr
gernegerne :) Originalalbum ja sowieso und schon immer 10/10. Händeringend auf die Neubearbeitung gewartet hat die Welt zwar eher nicht, ein charmantes Update isses aber allemal. Und alles unter 8/10 ist für dieses Album eh indiskutabel.

Lichtgestalt

User

Postings: 6291

Registriert seit 02.07.2013

2024-12-21 01:45:15 Uhr
Eine 8/10 für Laibach - dass ich das hier noch erleben darf.
Sehr schön, Danke Thomas P.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28278

Registriert seit 08.01.2012

2024-12-19 20:24:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
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