The Cure - Songs of a live world: Troxy London MMXXIV
Fiction / Polydor / Universal
VÖ: 13.12.2024
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Live's not lost
Ist Live-Musik verloren? Wartet sie nur noch auf den Todesstoß nach den ausbleibenden Einnahmen in der Zeit der COVID-19-Einschränkungen und drastischen Erhöhungen der Konzertticketpreise? Eine Band, die wie kaum eine andere seit jeher die Themen Verlorensein und Tod in ihren Songs verarbeitet, stellt diese Frage indirekt durch die Betitelung ihres neuen Live-Albums: "Songs of a live world: Troxy London MMXXIV". The Cure ersetzen das "lost" aus dem Titel ihres jüngsten Studioalbums durch ein "live". Ein Statement? Ein Kalauer ohne Hintergedanken? Oder gar ein Eingeständnis, dass man auf den eigenen Gigs im Jahr 2024 nicht mehr die Qualität vergangener Tage erreichen kann, also live nur noch lost ist? Die letzte Frage beantwortet das Album mit einem überdeutlichen "Oh doch! Wir können es noch!".
Bereits der Opener "Alone" verdeutlicht, wohin die Reise geht: The Cure schaffen am Abend des 1. November im Londoner Bezirk Stepney durch unnachahmliche Keyboardflächen, schwere Riffs und Robert Smiths unverwechselbare Stimme eine hypnotisch-melancholische Atmosphäre. Was auf der aktuellen LP nach einem sechzehnjährigen Studio-Hiatus so hervorragend funktioniert, gelingt auch auf der Bühne. Smiths stimmliche Performance im ehemaligen Kino Troxy nötigt Respekt ab – nicht nur angesichts der Tatsache, dass der ins Mikro hauchende und jeden Ton treffende Maestro in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag beging.
Mit dem "Warsong", "Drone:Nodrone" und "All I ever am" feierten im Londoner East End am Tag der Veröffentlichung des vierzehnten Studioalbums der Gothic-Legenden gleich drei Songs ihr Live-Debüt. Dabei klingen die Tracks so perfekt, als gehörten sie seit Jahren zum Bühnen-Repertoire der Band. Dem "Warsong" gönnen die Schwarzmaler ein minimal längeres Intro, während sie in "Drone:Nodrone" dankenswerterweise auf die aus der Zeit gefallenen Synthies der Studioversion verzichten. Mit dem richtigen Gespür für die Dynamik von Live-Auftritten specken The Cure auch ihre bereits auf der Bühne erprobten Songs an den richtigen Stellen minimal ab. In "A fragile thing" integrieren sie etwa das kurze elektronische Intro aus der Studioversion nicht. Die Live-Version klingt noch druckvoller, was in erster Linie auf die Abmischung zurückzuführen ist. Dass sich Robert Smith und seine Mitstreiter ansonsten strikt an die Studiofassungen halten, fällt nicht negativ ins Gewicht, da dies angesichts der Qualität der "Songs of a lost world" fast zwangsläufig in Verschlimmbesserung gemündet wäre.
Unter den durchweg gelungenen Darbietungen sticht die von "I can never say goodbye" nochmal positiv hervor. Jason Cooper trommelt dezenter als im Studio, was Roger O'Donnells so einfaches wie schönes Keyboard-Arpeggio und Smiths beeindruckende Vocals über seinen verstorbenen Bruder Richard umso heller strahlen lässt. Dieser (im besten Sinne) Tränendrüsendrücker lässt sich in den von Smith unlängst angekündigten finalen Live-Jahren seiner Band nicht mehr wegdenken.
Auf "Songs of a lost world" bewies der "Endsong", dass die Ikonen der Schwarzen Szene die meditativen Melancho-Songs mit langen Intros und Endlosriffs weiterhin so beherrschen wie zu "Disintegration"-Zeiten. Die Live-Version steht der Studio-Fassung in nichts nach. Dass die Band auf der Bühne des Troxy den vollständig und in chronologischer Reihenfolge gespielten acht Tracks ihres neuen Albums weitere Songs folgen ließ, verdeutlicht Smiths "See you in a minute!" nach dem "Endsong". Für die Veröffentlichung von "Songs of a live world: Troxy London MMXXIV" entschied man sich jedoch, die folgenden 23 (!) Songs zu ignorieren und den alleinigen Fokus auf die neuen Tracks zu legen. So darf der "Endsong" namensgerecht den Rausschmeißer mimen – was ihm hervorragend zu Gesicht steht.
"Live" als Synonym für "lost"? "It's all gone?" Der herausragende Mitschnitt beweist das Gegenteil. Dennoch kann der Titel auch als düstere Prophezeiung hinsichtlich der Zukunft der Live-Musik gelesen werden. Schließlich giftete Robert Smith in der jüngeren Vergangenheit bereits gegen gierige, auf "Dynamic Pricing" setzende Ticketanbieter und Musikerkollegen, die jenes Geschäftsmodell zulassen. "Songs of a live world: Troxy London MMXXIV", dessen Erlöse die Band vollständig an die Hilfsorganisation "War Child" spenden wird, verdeutlicht: Live-Musik darf nicht sterben!
Highlights
- A fragile thing
- I can never say goodbye
- Endsong
Tracklist
- Alone
- And nothing is forever
- A fragile thing
- Warsong
- Drone:Nodrone
- I can never say goodbye
- All I ever am
- Endsong
Gesamtspielzeit: 49:15 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27819 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-12-23 20:30:47 Uhr
Ist angepasst, vielen Dank noch mal! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27819 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-12-23 18:04:55 Uhr
Danke für den Hinweis. Kann sein, dass dem Autor hier was durcheinandergekommen ist (und mir beim Redigieren durchgerutscht). Wir halten Rücksprache. |
Aventinus Postings: 13 Registriert seit 21.09.2024 |
2024-12-22 18:59:28 Uhr
„"I can never say goodbye" … Vocals über ein Versprechen, eine geliebte Person am Sterbebett zu besuchen“Welcher Track ist jetzt nun gemeint? Das mit dem Versprechen ist doch eigentlich „And nothing is forever“? |
fakeboy Postings: 5594 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-12-20 10:38:30 Uhr
Ob eigentlich das ganze Konzert zur Veröffentlichung geplant war, aber Robert Smith aufgrund des Keyboard-Verspielers bei "Secrets", des verkorksten "Friday I'm in love" und seines extravaganten Gesangs auf "Close to me" die Notbremse gezogen hat? Könnte ich mir gut vorstellen. Sie hätten diese beiden Songs ja auch einfach weglassen können... In irgendeiner Form wird das Best-Of-Set sicher noch veröffentlicht werden. |
Enrico Palazzo Postings: 5278 Registriert seit 22.08.2019 |
2024-12-20 09:47:01 Uhr
Brrrrrrr sollte da stehen |
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Referenzen
The Glove; Siouxsie And The Banshees; Bauhaus; Klez.e; The Twilight Sad; Joy Division; New Order; The Sisters Of Mercy; The Chameleons; And Also The Trees; The Cult; Echo & The Bunnymen; Soft Cell; The Jesus And Mary Chain; Wire; The Fall; The Television; I Like Trains; Placebo; Interpol; Editors; Chromatics; Klimt 1918; Parannoul; The Horrors; White Lies; Depeche Mode; The Smiths
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