Peter Maffay - We love rock'n'roll (Leipzig live 2024)
Hansa / Red Rooster / Sony
VÖ: 11.10.2024
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Einer für alle
Peter Maffay ist das, was die SPD gerne wäre: eine Konstante, auf die sich die meisten Menschen einigen können. Seit mehr als fünf Jahrzehnten begeistert er die Massen mit Songs zwischen Rock, Pop und Schlager, ohne dabei in jene Fallen zu tappen, in denen so mancher Kollege steckengeblieben ist. Älter ist er geworden, die Falten graben sich tief ins Gesicht. "Schatten in die Haut tätowiert" eben. Doch ein Peter Maffay hört nicht auf, erst recht nicht, wenn die Stimme noch mitspielt und die Stadien voll sind. Mit lautem Grollen fährt das Motorrad auf die Bühne und das Volk jubelt. Ein Maffay-Konzert funktioniert ein bisschen wie eine Messe: Jeder kennt den Aufbau, manchmal singen alle mit und am Ende spricht der Hohepriester den Segen.
Der Mitschnitt "We love rock'n'roll (Leipzig live 2024)" reiht sich nahtlos in die Reihe der guten Maffay-Livealben ein. Verantwortlich dafür ist nicht nur der Altmeister selbst, sondern auch die wie immer äußerst spielfreudig und präzise agierende Band. Überraschungen finden freilich woanders statt, aber mal ehrlich: Wer braucht schon Überraschungen, wenn er zum hundertsten Mal "Sonne in der Nacht" hören und dabei beseelt mitwippen kann? Man kann Maffay vieles vorwerfen, aber sicher nicht, dass er keine guten Songs vorzuweisen hat. Evergreens wie "Nessaja", "Carambolage" und "Samstag Abend in unserer Straße" sind unzerstörbar.
Und selbstverständlich wird auch wieder die "Eiszeit" zelebriert, ausufernd und elegisch, fast so, als wäre wirklich die Uhr stehengeblieben. Wer sich noch an das imposante Werk "96 Live" erinnert, wird feststellen, dass sich in Sachen Arrangement seitdem nicht viel getan hat. Aber man baut ja auch keinen Düsenantrieb in einen VW Passat. Das Normale, das Alltägliche steht Maffay nach wie vor hervorragend. Er mag kein Moralphilosoph sein, ein Humanist ist er aber allemal. Und so verfangen die einfachen, aber aufrichtigen Botschaften von Glaube, Liebe und Hoffnung nach wie vor. Gut, manchmal geht es auch um Allzumenschliches, nachzuhören in "Tiefer", das einen noch immer ein wenig fassungslos zurücklässt.
Von seinen neueren Alben verirren sich nur einige ausgewählte Tracks in die Setlist, denn ein Peter Maffay versteht sich in erster Linie als Dienstleister. Und so muss er natürlich auch wieder "Du" und "Es war Sommer" trällern, es hilft ja nichts. Ganz der Profi, der er ist, gibt er sich alle Mühe, den letzten Tropfen Emotion aus den ausgewrungenen Stimmbändern zu quetschen. Apropos quetschen: Warum ausgerechnet Anastacia in vier Songs herumquäken darf, bleibt wohl Maffays Geheimnis. Die Sängerin, die in ihrer Heimat ungefähr den Status eines Blumentopfs besitzt, wird hierzulande weiterhin gefeiert. Der Grund will sich nicht erschließen, mit ihrer Stimme oder gar den Songs kann das aber nichts zu tun haben.
Zum Glück übernimmt Maffay im Endspurt wieder das Ruder, wobei das unvermeidliche "Über sieben Brücken musst du geh'n" den Höhepunkt markiert. Es ist schon erstaunlich, dass kaum noch jemand über Karat spricht, wenn von diesem Song die Rede ist. Vielleicht hat das auch eine symbolische Bedeutung. Maffay, der gesamtdeutsche Einheitskünstler, der Bundespräsident der Herzen, der große Gleichmacher. Dass er bereits zu Lebzeiten zum Denkmal erstarrt ist, dürfte ihm herzlich egal sein, denn trotz aller berechtigten Kritik an seinem Werk muss man eines neidlos anerkennen: So einen wie ihn gibt es nur einmal. Was auch immer das bedeuten mag.
Highlights
- Schatten in die Haut tätowiert
- Eiszeit
- Nessaja
- Sonne in der Nacht
Tracklist
- CD 1
- Schatten in die Haut tätowiert
- Carambolage
- Du
- Samstag Abend in unserer Straße
- Weil es dich gibt
- Und es war Sommer
- Eiszeit
- Liebe wird verboten
- Blinde Passagiere
- Wenn wir uns wiedersehen
- Glaub an mich
- CD 2
- Abenteuer
- Tiefer
- Gelobtes Land
- Der Mensch auf den du wartest
- Just you (feat. Anastacia)
- Left outside alone (feat. Anastacia)
- I'm outta love (feat. Anastacia)
- You shook me all night long (feat. Anastacia)
- Nessaja
- Über sieben Brücken musst du geh'n
- Sonne in der Nacht
- Mein Wort
Gesamtspielzeit: 147:34 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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andygoestohollywood Postings: 222 Registriert seit 27.11.2023 |
2024-12-13 17:58:55 Uhr
Seh ich anders, musikalisch war das früher eher besser wie schlechter und aufwändiger. Hier werden einige tolle deutsche Poeten besprochen, das ist klar, aber gestern hab ich wieder in eine Gala reingeschaut mit den Topstars Revolverheld und Michael Patrick Kelly...nun ja. |
Immermusik Postings: 1056 Registriert seit 04.11.2021 |
2024-12-13 17:53:13 Uhr
Eine ziemlich gruselige, wenn man an die 80er Deutschrockzeiten zurück denkt. Schauderhaft. Aber dann kam ja die Wende zu unpeinlichen deutschen Texten. |
andygoestohollywood Postings: 222 Registriert seit 27.11.2023 |
2024-12-13 17:18:14 Uhr
Was hatten Maffay und Grönemeyer schon für eine Karriere hinter sich, bis dann Anastacia und Casting Shows 2000 rauskamen. Jahrtausendwende und überhaupt eine Wende passt irgendwie. |
Huhn vom Hof Postings: 7472 Registriert seit 14.06.2013 |
2024-12-13 16:52:23 Uhr
aber qualitativ sind sie auf Augenhöhe ;-) Jetzt aber! :D |
Immermusik Postings: 1056 Registriert seit 04.11.2021 |
2024-12-13 16:46:16 Uhr
Zwischen Anastacia und Peter Maffay liegen vielleicht einige cm Größenunterschied, aber qualitativ sind sie auf Augenhöhe ;-) |
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Referenzen
Karat; Udo Lindenberg; Wolf Maahn; Klaus Lage Band; Westernhagen; Stoppok; Heinz Rudolf Kunze; Achim Reichel; Pankow; Die Puhdys; The Common Linnets; Neue Heimat; Geier Sturzflug; Stefan Waggershausen; Philipp Poisel; Matthias Reim; Spider Murphy Gang; Johannes Oerding; Bruce Springsteen; Rio Reiser; Extrabreit; Ideal; The Rolling Stones; Herbert Grönemeyer; Nationalgalerie; Fury In The Slaughterhouse; Kolkhorst; Purple Schulz; City; Gunter Gabriel; Spliff; BAP; Neil Young; Anne Haigis; Wolfgang Niedecken; Ina Deter; Selig; Ihre Kinder; Revolverheld; Blumfeld; Jochen Distelmeyer; Heino; Sportfreunde Stiller; Haindling; Wir Sind Helden; Juli; Silbermond; Jennifer Rostock; Die Türen; Die Sterne; Katie Melua; Frank Spilker Gruppe; Nina Hagen Band; Die Toten Hosen
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