Kitschkrieg - German engineering zwei
Soulforce / BMG / Universal
VÖ: 06.12.2024
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Für die Klicks
"Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", kalauerte einst ein Hamburger Bundeskanzler. Was für ihn Ausdruck seiner realpolitisch geprägten Grundhaltung war, passt auch hervorragend zum Zustand der algorithmisch optimierten Feed-Musik. Um es mit einem anderen Griesgram zu sagen: Die ewige Wiederkunft des Gleichen hat in Zeiten verkürzter Aufmerksamkeitsspannen Hochkonjunktur. Passend dazu haben Kitschkrieg ein neues Album namens "German engineering zwei" veröffentlicht, welches einen einigermaßen ratlos zurücklässt. Gerade mal eine halbe Stunde dauert es, im Gedächtnis bleiben nur wenige Momente. Die Zeiten atmosphärischer Trap-Beats sind vorbei, Kitschkrieg machen mittlerweile astreine Clubmusik. Stilvoll, ausdefiniert und nichtssagend ist sie. So gelingt es dem Produzententeam zwar immer noch, mit minimalistischen Mitteln hübsche Klänge aus den Hüten zu zaubern, einprägsame Hooks finden jedoch woanders statt. Aber wer braucht schon Melodien, wenn er den Vibe hat?
Und so schwumpft alles vor sich hin. In Watte gepackte Beats treffen auf altbekannte Autotune-Spielereien. Was vor einigen Jahren noch innovativ war, wirkt im Jahr 2024 abgeschmackt und vor allem egal. Stellenweise muss man sich sogar zwingen, Songs nicht zu skippen, vor allem der Opener "Jordan. Go hard" und das erschreckend stumpfe "What's tea?" nerven schon nach kurzer Zeit. Was zudem das schlicht unsägliche Instrumental "Berlin perm" auf dem Album verloren hat, bleibt wohl das Geheimnis der Urheber. Vielleicht ist es als Witz gedacht, zum Lachen ist einem ob des dargebotenen musikalischen Unfugs allerdings nicht zumute. Vielmehr stellt sich die Frage, wer im Hause Kitschkrieg für die Qualitätskontrolle verantwortlich ist.
Doch es gibt auch lichte Momente auf "German engineering zwei", allen voran verdienen das angenehm verspulte "6am in Germany" und das wirklich schöne "Sky high" lobende Erwähnung. Ferner wartet "Pretty girlz" mit einem geschmackvollen Groove auf, der so manches Tanzbein in Schwingung versetzen dürfte. Drei halbwegs passable Songs machen aber kein gutes Album. Hedonistischen Quatsch wie "Chanel", in dem es mal wieder darum geht, dass die Dame nur dann zufrieden ist, wenn man sie mit Luxusgütern bewirft, braucht kein Mensch. In Sachen Features gibt es wenig A-Prominenz zu bestaunen, nur der in "Slow down" vorbeilallende Future dürfte einer breiteren Masse bekannt sein. Stattdessen treten Gäste wie Anycia, Mariah The Scientist, Hunxho und Fridayy gleich in mehreren Tracks in Erscheinung, wobei vor allem Erstere eine gute Figur macht. Dass Kitschkrieg durchaus einen Riecher für Talente besitzen, gilt also weiterhin.
Talent allein macht aber nicht glücklich. Die Musik von Kitschkrieg besitzt ein Verfallsdatum, das maximal zwei Jahre in der Zukunft liegt – und das ist schon optimistisch geschätzt. Es geht hierbei nicht einmal um diffuse Begrifflichkeiten wie "Anspruch" oder "Ambition", vielmehr scheitert das Ganze schlicht an der Qualität. Musterbeispiel hierfür ist "Bigger plans": Ein weiteres Mal treibt jener Reggaeton-Groove sein Unwesen, der seit einer gefühlten Ewigkeit immer und überall zu hören ist. Wer Musik primär als Nebengeräusch nutzt, sollte damit zufrieden sein, alle anderen dürfen auch einfach ihren Staubsauger einschalten und dazu rhythmisch den Kopf gegen die Tischplatte schlagen. Für etwaige Hirnschäden übernimmt Plattentests.de keine Haftung.
Highlights
- 6am in Germany (feat. Anycia)
- Sky high (feat. Anycia)
Tracklist
- Jordan. Go hard (feat. Hunxho)
- 6am in Germany (feat. Anycia)
- Sky high (feat. Anycia)
- Pretty girlz (feat. Fridayy & J.I The Prince Of N.Y)
- Slow down (feat. Future, Fridayy & Mariah The Scientist)
- Too fast (feat. Fridayy & Mariah The Scientist)
- Chanel (feat. Dess Dior & Hunxho)
- What's tea? (feat. Kaliii)
- Bigger plans (feat. Hunxho)
- Berlin perm
Gesamtspielzeit: 30:32 min.
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2024-12-12 21:00:58 Uhr - Newsbeitrag
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