Electric Orange - Ada
Cargo
VÖ: 06.12.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Verdächtig authentisch
Seit 1992 greifen Dirk Jan Müller und seine Mitmusiker in einem Aachener Probe- und Aufnahmeraum regelmäßig zu einem Equipment, das in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren en vogue war. Electric Orange spielen und zelebrieren den Psychedelic Rock, der einst, sofern er aus deutschsprachigen Gefilden kam, im angelsächsischen Mutterland des Subgenres wenig schmeichelhaft als "Krautrock" bezeichnet wurde. Die Endprodukte der Aachener Sessions weisen jedoch keineswegs "Krautrock from Hell" auf, wie der Titel des 2010er-Albums der Band behauptet, sondern Genremusik auf zumeist weit überdurchschnittlichem Niveau. Dies gilt auch für das neue Werk "Ada".
Ein analoger Synthesizer, eine Flöte und ein Mellotron: Bereits der Opener "Henry's bead" fährt altbekanntes Instrumentarium auf. Durch seine harmonischen Ostinati entwickelt der Song einen betörenden Sog, der durch sich allzu sehr in Drogenmusik-Klischees suhlende Samples nur leicht getrübt wird. In "Dead farm" bildet eine wummernde Basslinie das groovige Fundament, um das Eric Karow filigran herum trommelt und zu dem Dirk Bittner seine Gitarre gewaltig aufheulen lässt. Auch bei "Eight" konzentriert sich die Band auf ihre größte Stärke, nämlich mit Reverb-Pedal-Einsatz und Riffs eine psychedelische Atmosphäre zu kreieren, der man sich schwer entziehen kann. Das herausragende "Lucid frames" verfeinert die so einfache wie wirkungsvolle Herangehensweise durch den stimmigen Einsatz von Blechbläsern. Mit Ausnahme des (nicht nur dank Dirk Bittners Gesang hörenswerten) Titeltracks wartet das Album indes ausschließlich mit Instrumentalsongs auf.
Zugeständnisse an den musikalischen Zeitgeist wie zuletzt 1996, als Müller und seine Mitstreiter auf "Orange commutation" dezent-stilvoll Trance- und TripHop-Elemente in ihre Musik einfließen ließen, gibt es auf "Ada" nicht zu hören. Der konsequent in den Sechziger- und Siebzigerjahren verankerte Retro-Soundkosmos begeistert auch ohne modernistische Zusätze. Nur die heute in erster Linie unästhetisch klingenden Synthie-Sounds in den Intros von "Erebus" und "Card punch" können zuweilen ebenso nerven wie der zeitweilige Einsatz eines Vocoders im Titeltrack. Nicht alles, was in der zweifellos goldenen Ära des Rock glänzte, klingt auch heute noch gut.
Die hörenswerte Improvisation "Medora" beendet den Trip mit Bassgewummer und zügellosem Drumming. So legen Electric Orange einmal mehr ein Album vor, das die vielen musikalischen Vorzüge und wenigen Schwächen der Psychedelic-Rock-Ära maximal authentisch subsumiert. Das wirft beim Hören eine Frage auf: Befindet sich in einem Aachener Probe- und Aufnahmeraum nebst Vocoder und Hammond-Orgel auch eine Zeitmaschine?
Highlights
- Dead farm
- Lucid frames
- Eight
Tracklist
- Henry's bead
- Dead farm
- Erebus
- Card punch
- Ada
- Lucid frames
- Tage der Selbstmumifizierung
- Eight
- Medora
Gesamtspielzeit: 53:16 min.
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