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Nessa Barrett - Aftercare

Nessa Barrett- Aftercare

Warner
VÖ: 15.11.2024

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Aufs falsche Pferd gesetzt

Das mit den Zahlenspielen in Rezensionen, um den Erfolg von Musik zu beschreiben, ist so eine Sache. Zum einen sind sie ja ein unbestreitbarer Fakt, und die US-Amerikanerin Nessa Barrett steht diesbezüglich mit mehr als zwei Milliarden Streams ziemlich gut da. Die Qualität ausgelassen, lässt es aber eine andere Sache komplett außer Acht: die Nachhaltigkeit. Denn 2022 besprach derselbe Rezensent dieser Review schon Barretts Vorgängeralbum "Young forever", mochte es auch ziemlich gern – und hatte es ehrlicherweise zwei Wochen später schon wieder vergessen. Auch beim neuen Werk "Aftercare" zielt wieder vieles auf den Moment und die kurze Euphorie ab. Nur dass man dieses Mal die geringe Halbwertszeit sofort bemerkt.

Dabei hat die Anfang-Zwanzigjährige nicht die eine große Schwäche, die man bemängeln kann, sondern im Gegenteil sogar 15 absolut passable Songs im Angebot. Da ist zum Beispiel das große "Heartbeat", das auf einen epischen Refrain aus ist und CPR erwartet, um das eigene Herz wieder schlagen zu hören. Ein Piano-Interlude und gesprochene Zwischenzeilen bieten etwas Abwechslung. Und auch das stampfende und per Effekt stotternde "Disco" kann mit Sprechgesang der kanadischen Rapperin Tommy Genesis punkten. Schmeckt mit Zeilen wie "Take me to the disco" und "Dance with me tonight" aber mehr nach Wodka-E als nach Champagner mit Goldstaub. Und während sich der Sound sowieso nicht von Social-Media-Snippets emanzipieren kann, sind die restlichen Texte ähnlich ernüchternd.

Im feuchten TikTok-Feature-Traum "Mustang baby" mit Star der Stunde Artemas ist Barrett zu breiten Synthies beispielsweise wahlweise jemandes Muscle Car oder Good Girl. Und auch im großen Streaming-Zugpferd "Passenger princess" degradiert sich die Sängerin in einer hauchenden Uptempo-Nummer freiwillig zur Beifahrerin, der der Puls hochgeht, wenn der Angebete das Gaspedal durchdrückt. Ganz grundsätzlich gibt sich die Musik auf "Aftercare" verführerischer, als sie am Ende eigentlich ist. "S.L.U.T." sägt mit bösartigem Synthie zwar vielsprechend los und steht übrigens für "Sex, lies, ugly truth" und kann auf Wunsch dreckig sein, das Interesse aber nicht aufrechterhalten. Wer es gut meint, kann dem Song Sexpositivität attestieren. Muss man aber auch nicht.

Wenn es nicht versext zugeht, fehlt es an einer guten Idee. "Dirty little secret" ist die Light-Version eines guten Pop-Songs und meint ganz ernst: "Don't you look at me like that / It's just too real". Und "Russian roulette" dreht den Lana-Del-Rey-von-vor-zehn-Jahren-Regler ganz bis auf Kante und schmettert am Klavier eine zahme Ballade zu generischen Streichern. Das Ärgerliche daran ist, dass keiner der fünfzehn Anspielpunkte kompletter Mist ist, aber alles nur wie eine Aneinanderreihung von okayen Songs wirkt – und das ohne bemerkenswerten Hit. Zusätzlich fehlt es auch noch an den teilweise humorvollen Zeilen, die das letzte Album noch ein paar Meter weiter getragen haben. So reicht es zwar nicht zur Mogelpackung des Jahres, aber trotzdem gilt: selbe Verpackung, weniger Inhalt.

(Arne Lehrke)

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Highlights

  • Heartbeat
  • Disco (feat. Tommy Genesis)
  • Passenger princess

Tracklist

  1. Aftercare
  2. Pornstar
  3. Heartbeat
  4. Disco (feat. Tommy Genesis)
  5. Passenger princess
  6. Mustang baby (feat. Artemas)
  7. Russian roulette
  8. S.L.U.T.
  9. Babydoll
  10. Given enough
  11. Edward Scissorhands
  12. Glitter and violence
  13. Pins and needles
  14. Stay alive
  15. Dirty little secret

Gesamtspielzeit: 45:04 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

zolk

Postings: 846

Registriert seit 15.01.2024

2024-12-05 19:46:22 Uhr
Also bei mir hat es seit meinem ersten Beitrag noch ein Pünktchen hinzugewonnen. Stilistisch sind die Songs in der Tat ziemlich ähnlich aber das ist ja nicht schlimm, wenn einem der Stil gefällt. Ich mag besonders die etwas langsameren Nummern wie "Baby doll", "Edward Scissorhands", "Russian Roulette" oder "Pins & needles" Für meine Ohren ist das alles sehr wohlklingend, sodass ich das sehr gut auch am Stück hören kann.
Was das Songwriting betrifft, vielleicht hat Jack Antonoff ja demnächst ein bisschen Zeit. Seine Zusammenarbeit mit Lana del Rey und Taylor Swift hat ja ihren Zenit erreicht, manche sagen überschritten... :-)

Misberave

Postings: 1

Registriert seit 29.11.2024

2024-11-29 18:01:49 Uhr
Man merkt einfach dass keine talentierten songwriter am start waren. Scheinbar will sie einen Charakter spielen mit dem Album aber man erkennt irgendwie garnicht welcher das sein soll. Fand Young Forever ein viel besseres Album. Ich kann mir das neue Album nicht am stück anhören weil es einfach alles so gleich klingt

MasterOfDisaster69

Postings: 991

Registriert seit 19.05.2014

2024-11-29 17:50:22 Uhr
Also bei der 6/10 gehe ich mit, und ich habe noch gar nicht reingehoert...
Als Beifahrerin scheint sie ja unweigerlich Qualitaeten zu haben

https://www.youtube.com/watch?v=gJannFaa9AA

zolk

Postings: 846

Registriert seit 15.01.2024

2024-11-22 16:21:21 Uhr
Nessa war auch schon mit "Pretty poison" und "Young forever" mit ganz oben auf der Liste meiner "guilty pleasures" in 2024 und ich glaube nach einigen Durchläufen, das wird sich auch mit diesem Album fortsetzen. Der Rezension kann ich in den meisten Punkten folgen, sehe einiges vielleicht weniger negativ und hätte ihr sicher einen Punkt mehr gegeben. Bis jetzt gefällt mir "Young forever" aber auch noch ein bisschen besser. Hier scheint Nessa ja keinerlei Beachtung zu finden, wobei ihrer Konerzkarten in Deutschland ja ungefähr genau so schnell weg waren wie die von Oasis. Nur die Locations sind etwas kleiner als Wembley & Co., weswegen ich mich schon sehr darauf freue, sie nächstes Jahr für für heutige Verhältnisse kleines Geld mal live zu sehen. Musste allerdings nach Utrecht ausweichen, was aber bestimmt nicht verkehrt ist.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27674

Registriert seit 08.01.2012

2024-11-21 19:37:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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