Nord - Breitband

Island / Universal
VÖ: 23.02.2004
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Heiße Luft
In letzter Zeit drängt soviel deutschsprachige Popmusik auf den Markt, daß den Sachbearbeitern bei der Musikpresse langsam die Aufhänger für ihre Besprechungen ausgehen. "Neueste Deutsche Welle" ist durch, "Man singt deutsch" auch und "Scheiß auf deutsche Texte" eigentlich schon seit 1997. Die Herangehensweise über die Musik drängt sich auf. Nur leider ist niemandem geholfen, wenn man zum zweiundvierzigsten Mal den Soundtrack für eine VW-Golf-Werbekampagne vorschlägt. Also: Wie klingen Nord?
Der nur stellenweise unterkühlte Sound nimmt den Zuhörer bei der Hand und reißt ihn mit in eine Welt voller individuell-persönlicher Anekdoten und lebenslanger optimistischer Losgelöstheit. Die Musik ist luftig-entkrampft und gemahnt dabei an den entrückt-verträumten Elektropop von Air. Dennoch dominieren autonome Eigenständigkeit und unverstellte, echte Natürlichkeit. Die nachnamenlosen Victor und André, die auf dem Plattencover so bedeutungsschwanger in die Ferne blicken, haben ein Album zusammengefrickelt, das auf vielen Hochzeiten aufgelegt werden kann. Zwischen entspanntem Geplucker und paraphrasierend treibenden E-Gitarren ist so ziemlich alles dabei, was man von subversiver Popmusik im 21. Jahrhundert so erwartet. Dazu manifestieren sich noch einnehmende, episodische Texte über Sonne, frische Luft und das Schöne im Leben, wobei auch die inzwischen so favorisierte Gesellschaftskritik nicht hinter verläßlichem Pop-Appeal versteckt wird.
Den beiden gelingt die Neubelebung des Paradox-Absurden ohne ins Melodramatische abzudriften. Kein plakatives Vakuum, nur elementare Existenz. So klingt der atmosphärische Ruf nach kontinuierlicher Selbstbestimmung im relevanten Patchwork der Weltmusik dann auch kaum trivialer als die poetische Wiederaufbereitung der authentischen Ursuppe. Ihre hypnotisch statuierten Reminiszenzen an längst vergangene Sommertage sind dabei nicht weniger erfrischend als ihre kompromisslose Bereitschaft, sich der inneren Flut neuartiger und nicht selten labyrinthischer Grundstimmungen hinzugeben. Sonnenklar, daß die Presseinfo da ungeniert von "Drum'n'Bass-Triphop-Alternative-Britpop mit deutschen Texten" spricht. Bei längerer Überlegung wäre das wahrscheinlich auch der erste Gedanke eines jeden Zuhörers gewesen. Und so muß man am Ende unumwunden zugeben: "Breitband" ist ein schubladensprengendes Album, dessen ausnehmend prächtige Postmoderne die emanzipierte, junge Band sicher in grenzenlose Höhen katapultieren wird. Und die von indeklinabler oder gar entomologischer Chartmusik genervten, aber immer noch preselektiven Hörer werden gerne zuschlagen, denn wir wissen: Nord ist ihr Hobby.
Highlights
- Fernsehen
- Lego
- Jetset
Tracklist
- Fernsehen
- Willkommen
- Stern
- A 23
- Lego
- Mantra
- Traum
- Morgen
- Jetset
- Im Ganzen
- Einsicht
Gesamtspielzeit: 50:32 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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david |
2005-04-11 23:54:48 Uhr
"Den beiden gelingt die Neubelebung des Paradox-Absurden ohne ins Melodramatische abzudriften. Kein plakatives Vakuum, nur elementare Existenz. So klingt der atmosphärische Ruf nach kontinuierlicher Selbstbestimmung im relevanten Patchwork der Weltmusik dann auch kaum trivialer als die poetische Wiederaufbereitung der authentischen Ursuppe. Ihre hypnotisch statuierten Reminiszenzen an längst vergangene Sommertage sind dabei nicht weniger erfrischend als ihre kompromisslose Bereitschaft, sich der inneren Flut neuartiger und nicht selten labyrinthischer Grundstimmungen hinzugeben."- geht's noch wortungetümer? peinlich!!!! ... sagt sich david |
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