Gavin Friday - Ecce homo
BMG / Universal
VÖ: 25.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Amen in der Kirche
Wie schafft Gavin Friday das eigentlich alles? Er sang nicht nur bei den legendären Post-Punks The Virgin Prunes, schrieb Film-Soundtracks, veröffentlicht Soloplatten und betätigte sich als Schauspieler. Zudem gilt nämlich: ohne Gavin Friday kein U2 und Depeche Mode. Na gut, das ist etwas übertrieben. Oder totaler Quatsch. Trotzdem ist der Mann aus Dublin von Kindesbeinen an mit Bono befreundet und wuchs in derselben Straße auf, gab den entscheidenden Tipp für das Arrangement von "With or without you" und übernahm bei U2-Tourneen diverse organisatorische Posten. Und Depeche Mode? Die hörten in ihrer abstiegsbedrohtesten Phase Mitte der Neunziger Fridays von Tim Simenon produziertes Album "Shag tobacco" und engagierten den Bomb-The-Bass-Mastermind daraufhin für ihr Quasi-Comeback "Ultra". Und schon war die Band gerettet.
Ungeachtet anderweitiger Aktivitäten verlor der inzwischen 65-Jährige jedoch nie seine Solokarriere aus den Augen, auch wenn der "Ecce homo"-Vorgänger "catholic" bereits 2011 erschien – geprägt von David-Bowie-Affinität und Religions-Skepsis, inklusive durchgängig klein geschriebenem und somit säkularisiertem Titel. 13 Jahre später erneut so ein Ding: Fridays fünfter Longplayer ist einerseits nach der künstlerischen Darstellung des gegeißelten Jesus Christus benannt, lässt sich aber auch als Verweis auf die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung des Sängers lesen. Und schwellen zu Beginn von "Lovesubzero" Streicher und Trompete an, ist ein dramatisches Bombast-Werk eigentlich vorprogrammiert. Bis dem ausladenden Intro ein erstaunlich flockiger Elektro-Pop-Song mit feinen Acid-Details und spukigem Damenchor folgt. Was war da los?
An Tim Simenon kann es nicht liegen, denn der hat die Musik längst an den Nagel gehängt und betreibt ein Burger-Restaurant in Prag. Vielmehr sorgt ein anderer Weggefährte für die bewegliche Schlagseite: Soft-Cell-Keyboarder Dave Ball, bei dessen Clubhit "Strict tempo" Friday 1983 als Vokalist gastierte. Gut vier Jahrzehnte später schneidert Ball dem Iren keinen minimalistischen New Wave mehr auf den Leib, sondern oft zackig abzischende Dance-Tracks. Religion ist dabei auch hier immer Thema oder zumindest textliches Motiv: Im Titelstück etwa gibt's der Herr, wie er's nimmt, während Friday übers Wasser und der Erbsünde entgegenwandelt, und die Worte "Ecce homo" wurden selten so beschwingt angestimmt wie von den Ladies im Hintergrund. Die womöglich verheißungsvoll lüstern mit den Hüften wackeln – kein Wunder bei so einem dynamischen Feger.
Erst nach diesem wuchtigen Auftakt-Doppel fällt allmählich alles an seinen Platz: Nachdrücklich bleibt "Ecce homo" dennoch: Ein angedreckter Analog-Sleaze wie "Lady Esquire" folgt auf den mit schimmernden Synth-Flächen ausgestatteten Klopfer "The church of love", bei dem man drei Mal raten darf, wer wohl wieder sein Fett wegkriegt: "We pray in our own way / No pope, no Rome." Na dann mal Amen. Keine klerikale Schelte benötigt hingegen die üppige, dem mittlerweile berühmten Jugendfreund gewidmete Elegie "When the world was young", in der sich Orchestrales und elektronische Spielereien aufs Eleganteste ergänzen. Vielleicht waren Friday und Bono ja tatsächlich "The best boys in Dublin", wie eine melancholische Akustik-Vignette suggeriert. "Ecce homo" wiederum könnte das beste Gavin-Friday-Album sein. Und nicht nur das beste seit 13 Jahren.
Highlights
- Lovesubzero
- The church of love
- When the world was young
Tracklist
- Lovesubzero
- Ecce homo
- The church of love
- Stations of the cross
- Lady Esquire
- When the world was young
- The best boys in Dublin
- Lamento
Gesamtspielzeit: 37:56 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27656 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-11-06 20:06:12 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
MickHead Postings: 2643 Registriert seit 21.01.2024 |
2024-09-04 18:13:23 Uhr
Der irische Singer-Songwriter und Alternative Rock Musiker "Gavin Friday" aus Dublin, ehem. Frontman der Post-Punk Band "Virgin Prunes", kündigt für den 25.10. sein neues Album " ECCE HOMO" an. Es folgt nach 13 Jahren auf "Catholic" von 2011.Erster Song der Titeltrack "ECCE HOMO" https://youtu.be/HqmKmCIvSZU?feature=shared Tracklisting: 1. Lovesubzero 2. Ecce Homo 3. The Church Of Love 4. Stations Of The Cross 5. Lady Esquire 6. When The World Was Young 7. The Best Boys In Dublin 8. Lamento Bonus (Deluxe CD only): 9. When the World Was Young (Reprise) 10. Cabarotica 11. Amaranthus (Love Lies Bleeding) 12. Daze 13. Behold the Man Digital Only: 14. Ecce Homo (Apparition Remix) 15. Ecce Homo (Smallboy Remix) "Catholic" (2011) bei Bandcamp: https://gavinfridaycatholic.bandcamp.com/album/catholic |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Gavin Friday & The Man Seezer; The Virgin Prunes; Soft Cell; Dave Ball; Marc Almond; The Associates; Peter Murphy; Fad Gadget; Frank Tovey; Gary Numan; Yan Wagner; John Foxx; Eyeless In Gaza; Princess Tinymeat; And Also The Trees; Patrick Wolf; Wild Beasts; Hayden Thorpe; One True Pairing; These New Puritans; Scott Walker; Perfume Genius; Roxy Music; Bryan Ferry; David Bowie; IAMX; Sneaker Pimps; Massive Attack; Tricky; Davidge; Dave Gahan & Soulsavers; Depeche Mode; Martin Gore; Erasure; Hurts; Ultravox; Visage; Blancmange; DK7; Kanga; Suicide; Alan Vega; Vicious Pink; Cabaret Voltaire; Barry Adamson; Mick Harvey; Filthy Boy; Arcade Fire; Eagle Seagull; The Hidden Cameras; Bobby Conn; Japan; David Sylvian; Delerium; English Boy On The Loveranch; The Grid; U2
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Gavin Friday - ECCE HOMO (2 Beiträge / Letzter am 06.11.2024 - 20:06 Uhr)
- Gavin Friday - Catholic (2 Beiträge / Letzter am 21.07.2011 - 06:41 Uhr)
- Gavin Friday (10 Beiträge / Letzter am 31.03.2011 - 22:20 Uhr)