24/7 Diva Heaven - Gift

Noisolution / Edel
VÖ: 11.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Roh und retro
Gekommen, um zu bleiben: Mit "Stress" haben 24/7 Diva Heaven aus Berlin 2021 ein vielbeachtetes Debüt hingelegt und es trotz unglücklichem Corona-Timing geschafft, sich ein stabiles Publikum in den einschlägigen Läden der Republik zu erspielen. Statt jedoch für den Nachfolger das Wohlwollen der Masse gierig aufzusaugen und ihre Musik dahingehend geradezubiegen, dass fortan Festival-Sommer und Airplay die Marschrichtung vorgeben, schlagen sie andere Wege ein: "Gift" ist ein fauchendes, polterndes kleines Etwas geworden, dem man die Ambition, keinen Gedanken an Erwartungshaltungen und Optimierung zu vergeuden, jederzeit anhört. Ob die gemeinsamen Touren mit den Spaßvögeln von Team Scheisse den Ausschlag für diesen Schritt gegeben haben? Die modebewusste Riot-Grrrl-Attitüde haben sich die Musikerinnen aus der Hauptstadt freilich bewahrt, fokussieren sich aber nun noch deutlicher auf den eigentlichen Ursprung des Konzepts: den guten alten Punkrock. Und so rocken sie ihrer Crowd bis auf wenige Ausnahmen einfach lässig in die Fressen.
"Rat race" und "Manic street ballet" haben zwar erkennbare Melodien, machen aber zum Einstieg schon klare Ansagen: Hier regieren Druck und Dreck. Wem das nicht einleuchtet, der oder die möge sich in den eineinhalb Minuten von "Face down" oder später in "L.O.V.E. forever", das seinen Titel böse Lügen straft, von Gitarristin und Vokalistin Katharina Ott-Alavi unverblümt ankeifen und eines Besseren belehren lassen. Fusselige Powerchords und bester Grunge-Spirit bestimmen das Geschehen – wo es vorher noch ab und zu glitzern durfte, tropft nun der Schimmel aufs Diadem. Ein bisschen roh wirkt das gewiss, aber es funktioniert. Und um sich an Details aufzuhalten, rotiert schlichtweg die falsche Platte im Player. Ob zum Beispiel das Placebo-Riff in "Flawless fool" nun absichtliche Hommage ist oder aus purem Zufall geboren wurde? Vollkommen egal.
Selbst an den poppigeren Stellen bleibt die Produktion von "Gift" rau und räudig, auch der Gesang beziehungsweise das Gebrüll ist selten tonrein – aber dit muss so. Denn die Held*innen der Neunziger haben das genauso gemacht, wenngleich bei denen womöglich eher das Fehlen ausreichender Mittel die (Nicht-)Ästhetik begründete. Der Titeltrack holt das meiste aus der limitierten Rezeptur heraus: Die Entfernung im Courtney-Love-Halbballaden-Koordinatensystem zu einem "Doll parts" oder auch "Violet" ist hier nicht mehr weit. Sie ist sogar verschwindend gering. Aber der Song ist Bombe! Und etwas Dosenbier- und Umsonst-und-draußen-Taugliches für den Berliner Spätsommer haben 24/7 Diva Heaven dann doch noch in der Hinterhand: Niemand Geringeres als Beatsteaks-Hauptattraktion Arnim Teutoburg-Weiß ist auf "These days" mit von der Partie, einer entspannten Nummer für alle Rocker*innen in town. Den Szene-Kollegen von Pabst gefällt das. "Gift" offenbart sich als austarierte Mischung aus Krawall und Konsequenz – und als simple, schnörkellose Ehrenrunde.
Highlights
- These days (feat. Arnim Teutoburg-Weiß)
- Gift
- Flawless fool
Tracklist
- Rat race
- Manic street ballet
- Crown of creation
- Face down
- These days (feat. Arnim Teutoburg-Weiß)
- Gift
- L.O.V.E. forever
- Suck it up
- Born to get bored
- Flawless fool
- Nothing lasts
Gesamtspielzeit: 32:23 min.
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Referenzen
Babes In Toyland; L7; Hole; Courtney Love; Bratmobile; 7 Year Bitch; Heavens To Betsy; Dream Wife; The Distillers; Brody Dalle; The Donnas; Bikini Kill; War On Women; Mannequin Pussy; Pabst; Molly Punch; Baby Of The Bunch; Jack Off Jill; Daisy Chainsaw; Waax; Thick; Barb Wire Dolls; Pandora's Bliss; SØWT; Mommy Long Legs; Be Your Own Pet; Amyl & The Sniffers; Cherry Glazerr; Team Dresch; Bambix; The Heroine Whores; Japanese Voyeurs; Voiid; Veruca Salt; Sleater-Kinney; The Breeders; The Muffs; Dover; Beatsteaks
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