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Xiu Xiu - 13" Frank Beltrame Italian stiletto with bison horn grips

Xiu Xiu- 13

Polyvinyl / Rough Trade
VÖ: 27.09.2024

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ins offene Messer

Was haben Britney Spears, Schlumpfine, Hannibal Lecter und Garfield gemeinsam? Sie alle spielen im Video zu "Common loon" von Xiu Xiu mit. Zumindest irgendwie. Im Grunde ist es nämlich jedes Mal die zu Extremen neigende Performance-Künstlerin Alicia McDaid, die in diese und zahlreiche weitere Rollen schlüpft – inklusive großzügiges Gesudel mit diversem Süßkram, Körper- und anderen Flüssigkeiten. Für Xiu-Xiu-Verhältnisse fast schon reinster Pop, wenn auch lediglich im gleichen Sinne, in dem Jamie Stewart, Angela Seo und David Kendrick mit "One thousand years" ausgerechnet einen der finstersten The-Cure-Songs coverten und der Clip zu "Black dick" seine Premiere stilecht auf Pornhub feierte. Jedenfalls ein prima Aufmacher für das circa 14. Album – je nachdem, ob man Tribute-Sammlungen und ähnliche Unregelmäßigkeiten dazuzählt.

Inhaltlich knüpft die Platte mit dem monströsen Stichwaffen-Titel beim Debüt "Knife play" an – bringen wir's also schnell hinter uns, ehe das Messerverbot noch einen Strich durch die Rechnung macht. Tun Xiu Xiu in relativ schlanker Spielzeit schließlich auch, obwohl der ungewohnt sphärische Drone-Auftakt "Arp omni" genauso gut als Ouvertüre zu einem Mammut-Opernwerk über Selbstkasteiung funktionieren würde, wenn Stewart "I have done almost nothing right / My entire adult life", gesteht. Doch weit gefehlt, denn auch "13'' Frank Beltrame Italian stiletto with bison horn grips" feiert das Dasein als gesellschaftliche Randerscheinung, statt es zu betrauern – und das mit deutlich brachialeren Mitteln als der schwarzlichtdurchflutete Spuk "Ignore grief" und oft in noch grelleren Farben als die Buntmetall-Kreischsäge "Girl with basket of fruit". Da reicht eine gute halbe Stunde dicke.

Etwa für die eingangs erwähnte, offensiv bebilderte Single, bei der Xiu Xiu die Stromgitarren so weit aufdrehen, dass sogar der bereits hinreichend knirschige Noise-Hop von "Maestro one chord" pikiert aus der Wäsche guckt. Sein Griff war nicht ganz so unerbittlich wie dieser aus allen Ecken und Enden quietschende und rumpelnde Rocker, der den putzigen, ansatzweise pinguinähnlichen Wasservogel zum Wappentier aller queeren Hedonist*innen erhebt und die waghalsigsten Griffbrettfahrten diesseits von Big Black oder Black Midi vollführt. Auch der von sauren Drops und Breakdowns durchzogene Brecher "Veneficium" macht gewaltig den Lauten, schleift ächzend eine schadhafte Dampforgel hinter sich her und rüstet für ein Finale von ausgesucht chaotischer Geräuschigkeit. Und längst steht fest: Auf dem "Sleep Blvd." tut man mal wieder kein Auge zu.

Erst recht, wenn sich das gleichnamige Stück vom halbakustischen Schleicher zum Donnerbalken voll blecherner Drums und jaulender Riffs aufschwingt – beinahe wie einst Scott Walkers "The cockfighter" mit weniger atonalen Mitteln. Ähnlich unterschwellig rumort es in "Pale flower", ehe Trommelfeuer und industrielles Zischen dem Track genauso den lärmigen Garaus machen wie dem Brocken "T.D.F.T.W.", der dem Leibhaftigen mit letzter Kraft ein "The devil forgiven, that's why!" entgegenkeucht. Und was tat eigentlich Soul-Mann Bobby Bland, dass ihm die inzwischen in Berlin ansässige Band ein rhythmisch wild durcheinanderpurzelndes Klöppel-Inferno widmet? Xiu Xiu werden nur mit einem "Ain't no love in the heart of the city" auf den Lippen die Schultern zucken und Popmusik weiterhin ins offene Messer laufen lassen. Britney Spears kann sich warm anziehen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Maestro one chord
  • Common loon
  • Veneficium

Tracklist

  1. Arp omni
  2. Maestro one chord
  3. Common loon
  4. Pale flower
  5. Veneficium
  6. Sleep Blvd.
  7. T.D.F.T.W.
  8. Bobby Bland
  9. Piña, coconut & cherry

Gesamtspielzeit: 36:02 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

mrnovember

Postings: 234

Registriert seit 10.10.2019

2025-02-11 00:26:04 Uhr
Konzert in Trier war großartig und erfreulich gut besucht.

Lichtgestalt

User

Postings: 6794

Registriert seit 02.07.2013

2024-10-14 23:23:05 Uhr
Hmm, ungut.

Klaus

Postings: 10924

Registriert seit 22.08.2019

2024-10-14 22:50:10 Uhr
09.02.25 Gebäude 9, Köln
10.02.25 Mergener Hof, Trier
11.02.25 Ebullition, Bulle (CH)
22.02.25 Beatpol, Dresden

Lichtgestalt

User

Postings: 6794

Registriert seit 02.07.2013

2024-10-03 16:25:55 Uhr
Knife und Promise sind mega, aber ich mag auch z.B. das 10er-Album Dear God, I hate myself.

Und wenn ich mal ein Album nicht so mag, schiebe ich es bei Xiu Xiu auf mich: Habs nicht verstanden. :D

Live auch toll, leider erst einmal gesehen, mit Zola Jesus als Support.

poser

Postings: 2334

Registriert seit 13.06.2013

2024-10-03 12:49:49 Uhr
@Lichtgestalt: Ja, fantastische Band. Mir gefällt nicht alles was sie gemacht haben (vor allem in den 2010ern), aber gerade die frühen Sachen sind richtig toll (A Promise ist wohl mein liebstes Album von denen. Auch wenn Knife Play da nah dran ist.), und dann immer wieder ein paar gute Alben. Freu mich richtig für die Band, dass die wieder aus der Versenkung hoch gekommen sind (glaub das Twin Peaks cover album ist dafür verantwortlich.). Zumindest auf RateYourMusic.

Ihr Sound passt auch iwie besser zur aktuellen Generation.
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